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„Brexit“ is done - Was nun?

Den großen „Big-Bang-Boom“ wagte Premierminister Boris Johnson am 31. Januar dann doch nicht: Großbritannien ist aus der EU ausgetreten, aber die Freudenfeiern blieben im kleinen Rahmen.

Von rem
„Brexit“ is done - Was nun?
Wie geht es weiter? (foto: FiatLUX (CC BY-SA 3.0))

Die Bevölkerung Großbritanniens ist in der Frage des Brexit gespalten: Nach jüngsten Umfragen sind 53 Prozent derzeit gegen den Austritt.¹ Es gibt fortschrittliche Kritiken an der EU, auch Menschen mit revolutionärem Anspruch waren für den Brexit. Viele hatten auch die Hoffnung, dass der Brexit Spielraum für soziale Verbesserungen gebe. Außerdem hing die Hängepartie vielen zum Hals heraus. Schließlich hatten sich die Briten im Referendum von 2016 bereits mehrheitlich für den Brexit entschieden und kritisierten, dass ihr Votum mit Füßen getreten wurde.

Verbesserungen nur im Kampf durchsetzbar

Johnson erklärte den Brexit zum „Moment der echten nationalen Erneuerung“.¹ Er hatte im letzten Jahr die Wahlen gewonnen, indem er den Brexit an Versprechungen knüpfte: Milliarden für das marode Gesundheitswesen, Verbesserung des Verkehrssystems usw. Die Erfahrungen der Arbeiter- und Volksbewegung zeigen aber, dass man solche Errungescnhaften nicht geschenkt bekommt. Sie müssen im harten Kampf durchgesetzt werden. Zumal Großbritanniens Industrieproduktion noch nicht einmal den Vorkrisenstand von 2008 wieder erreicht hat.

Starke Worte aus Brüssel und London

Der EU mit ihren verbliebenen 27 Mitgliedsländern kommen 13 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner sowie 15 Prozent der Wirtschaftskraft abhanden. Dass das imperialistische Staatenbündnis EU geschwächt wird, ist zu begrüßen. Die Briten wickeln bisher 50 Prozent ihres Handels mit der EU ab.² Welche Auswirkungen der Brexit im Einzelnen hat, ist noch nicht entschieden. Bis Jahresende wird auch noch verhandelt. Aus Brüssel kamen schon mal starke Worte: Der Zugang zum EU-Markt sei erst einmal verloren, so EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Johnson kontert mit der Androhung von hohen Zöllen auf deutsche Autos und französischen Käse.

Brexit wird Krise vertiefen

Der Brexit wird weder die Krise der EU noch die in Großbritannien lösen, sondern beide vertiefen. Die EU wird als imperialistisches Bündnis im internationalen Konkurrenzkampf ökonomisch, militärisch und politisch geschwächt und das imperialistische Großbritannien als einzelnes Land ebenfalls. Interessanterweise haben sich britische Monopole, die den Brexit aggressiv betrieben, schon abgesetzt: Der Multimilliardär James Dyson zog mitsamt seinem Firmensitz nach Singapur; Jim Radcliff, Großbritanniens reichster Unternehmer, nach Monaco. Er könne so 500 Millionen Dollar Steuern sparen, ließ er verlautbaren. Da zählt der viel beschworene britische Patriotismus dann plötzlich doch nichts mehr ...

 

Die Communist Party of Great Britain- Marxist-Leninist (CPGB-ML) schreibt zum Brexit: "Die Arbeiter können sicher sein, dass unabhängig davon, wer in Nummer 10 sitzt, die allgemeine Richtung der britischen Wirtschaft abgesteckt wurde: anhaltende Privatisierung, anhaltender Kapitalexport, eine wachsende Kluft zwischen den Reichsten und den Ärmsten in unserer Gesellschaft. Großbritannien, ob drinnen, draußen oder mit einem Fuß draußen, wird weiterhin versuchen, ein enges imperialistisches Bündnis mit Frankreich, Deutschland und dem imperialistischen EU-Block sowie mit den USA und der Nato aufrechtzuerhalten. Diese Fakten werden unverändert bleiben ... Dass einige wenige verhindern, dass alle ihren Lebensunterhalt verdienen können, muss ein Ende haben."

 

Die Mehrheit der Bevölkerung diesseits und jenseits des Ärmelkanals ist wieder seit Wochen einem Trommelfeuer der bürgerlichen Medien ausgesetzt: „Bist du für oder gegen den Brexit?“ „Wer wird dadurch stärker – die EU oder Großbritannien?“ Damit wird auf beiden Seiten nationalistisches Denken und Fühlen befeuert.

Spaltung nützt nur dem allein herrschenden internationalen Finanzkapital

Die Arbeiter-und Volksbewegung und ihre marxistisch-leninistischen Parteien müssen sich bewusst machen, dass eine solche Spaltung nur dem Kapital nützt. Ihm geht es ausschließlich darum, die bestmöglichen Bedingungen für seine Monopolherrschaft zu erzielen. Die gesetzmäßige Konkurrenz der Monopole untereinander und der wachsende weltweite Widerstand gegen die Monopolherrschaft haben diese in eine tiefe Krise gestürzt.

 

Das ganze Dilemma dieser Krise tritt im Brexit zutage. Die internationale marxistisch-leninistische und Arbeiterbewegung macht nicht „Brexit-Ja" oder "Brexit-Nein“ zu ihrem Problem, sondern arbeitet daran, gegen Nationalismus und Spaltung die INTERNATIONALE SOLIDARITÄT großzuschreiben, die Arbeiterkämpfe zu koordinieren und zu revolutionieren und zielklare marxistisch-leninistische Parteien aufzubauen.

 

Eine ausführliche Untersuchung dieser Entwicklung durch die Internationalisierung der kapitalistischen Produktion findet sich in dem Buch „Götterdämmerung über der neuen Weltordnung“ von Stefan Engel.