Demagogie

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Wie Faschisten die Empörung über Altersarmut missbrauchen wollen

Im Spätsommer 2019 startete eine Facebook-Gruppe namens „Fridays gegen Altersarmut“, die ab dem Jahreswechsel erstmals zu Mahnwachen am 24. Januar 2020 aufrief.

Von bs/es/jg
Wie Faschisten die Empörung über Altersarmut missbrauchen wollen
Foto: Anaterate / Pixabay

Nur vordergründig greift diese Initiative berechtigte soziale Anliegen auf, in Wirklichkeit ist sie ein trojanisches Pferd ultrareaktionärer, faschistoider und faschistischer Kräfte. Parallelen zu "Pegida" oder zu den "Bürgerwehren" in verschiedenen Städten sind unübersehbar. Zwar beteiligen sich vereinzelt Menschen, denen der Kampf gegen Altersarmut ein ehrliches Anliegen ist, die diese Masche aber noch nicht durchschauen. An verschiedenen Orten wurden Mahnwachen wieder abgesagt, weil man sich nicht vor den Karren "rechter Kräfte" spannen lassen will.

 

Wer etwas genauer hinsieht, kann den faschistoiden bis faschistischen Hintergrund auch nicht übersehen. Sozialverbände wie der VDK und der Paritätische Wohlfahrtsverband oder auch die Gewerkschaft ver.di warnen vor den Mahnwachen. So erklärt der VDK: "Wir raten unseren Mitgliedern davon ab, sich dafür instrumentalisieren zu lassen!“

Demagogische Forderungen

Unter den zehn im Dezember auf der Facebook-Seite veröffentlichten Forderungen werden raffiniert berechtigte Anliegen wie die Rücknahme der Agenda 2010 oder die Steuerfreiheit für Rentenbeiträge mit kryptisch klingenden Forderungen vermischt, die stutzig machen. So gegen die "Zweckentfremdung und Herausnahme der eingezahlten Gelder aus der Rentenkasse" oder für die Bestrafung der "Verschwendung von Steuergeldern in Amtsstuben, Behörden und Ministerien".

 

Was aber ist mit "Zweckentfremdung" oder "Verschwendung" gemeint? Keineswegs die tatsächlichen "versicherungsfremden Leistungen" wie zum Beispiel Aufwendungen für den Familienlastenausgleich oder Entlastungszahlungen für die Arbeitslosenversicherung, die aus der Rentenkasse mitfinanziert werden. Gemeint sind vor allem Rentenzahlungen für Migranten und staatliche Aufwendungen für Flüchtlinge. So kann man auf der Facebook-Seite Aussagen lesen wie: "Wir kriegen keine Rente, weil das ganze Geld für Flüchtlinge verbraucht wird."

Viele Mahnwachen von Faschisten organisiert

Der rassistischen Ausrichtung entspricht die Zusammensetzung der Teilnehmer an vielen Orten. In München und Augsburg trat die Gruppierung „Wotans Erben" auf, die offen mit dem Hitler-Faschismus sympathisiert und insbesondere durch provokative Aufmärsche vor Flüchtlingsunterkünften von sich reden machte.

 

In Halle an der Saale rief die faschistische Partei "Die Rechte" zur Teilnahme auf und war mit mehreren Leuten vor Ort. Ebenso der ehemalige AfD-Stadtrat Donatus Schmidt, bekannt für seine Kontakte zur faschistischen Szene. In Worms war die NPD bei der Aktion vertreten, in Essen beteiligten sich die faschistischen "Huttroper Jungs", in Berlin meldeten die "Die Rechte" und die faschistische Gruppierung "Wir für Deutschland" Mahnwachen an.

Parallele zur AfD-Rentenpolitik

Entsprechend hört und liest man auch kein Wort der Kritik am Kapitalismus oder an der herrschenden Diktatur der Monopole. Das erinnert stark an die Rentenkonzepte der AfD, von denen bisher Dutzende verschiedene kursieren. Ein einheitliches Konzept soll erst im April 2020 auf einem Sonderparteitag vorgelegt werden.

 

Bekannt ist, dass der Bundesvorsitzende Jörg Meuthen vorschlägt, die Lebensarbeitszeit zu verlängern, und die beitragsfinanzierte gesetzliche Altersversicherung Schritt für Schritt abschaffen will. Das steuerfinanzierte System soll auf eine Mindestrente knapp über dem Existenzminimum umgestellt werden!¹

Höcke für rassistische "Staatsbürgerrente"

Auch Faschist Björn Höcke befürwortet eine längere Lebensarbeitszeit. Im Unterschied zu Meuthen begründet er seine "Sozialvorstellungen" offen rassistisch und völkisch. Im Rentenkonzept der AfD Thüringen wird eine steuerfinanzierte "Staatsbürgerrente" als Aufschlag propagiert – sie soll in rassistischer Manier ausschließlich an deutsche Staatsbürger ausgezahlt werden.

 

Welche Variante auch gelten mag – die rentenpolitischen Vorhaben der AfD sind ein demagogischer Honigtopf, mit dem sie ihre reaktionäre, rassistische und völkische Politik als "Politik für die kleinen Leute" verkaufen will. Wer für solche Ziele eintritt, hat jeden Anspruch verwirkt, gegen Altersarmut zu protestieren. Meuthen, Höcke und die getarnten "Fridays"-Faschisten stehen für verschärfte Altersarmut - der eine durch seine offenen Monopolpositionen, die anderen durch ihre rassistische Spaltung des notwendigen gemeinsamen Protests von einheimischen und migrantischen Arbeiterinnen und Arbeitern, Jugendlichen und Rentnern.

Protest ist links: Das Rentenkonzept der MLPD

Die Rentenpolitik der MLPD geht klipp und klar von den Arbeiterinteressen aus und von der Durchsetzung ihrer Forderungen auf Kosten der Monopolprofite:

 

  • Bezahlung der Rentenbeiträge zu 100 Prozent durch die Kapitalisten!
  • Vollständige Finanzierung der Sozialversicherungsbeiträge durch eine umsatzbezogene Unternehmersteuer!
  • Für eine Mindestrente in Höhe von 1.200 Euro!
  • Herabsetzung des Rentenalters auf 60 Jahre für Männer, auf 55 Jahre für Frauen und für Schicht- und Schwerarbeiter - bei vollem Rentenausgleich!

 

Wer ehrlich und wirkungsvoll gegen die Altersarmut kämpfen will, ist am besten bei den bundesweiten Montagsdemonstrationen aufgehoben. Sie bekämpfen seit 2004 nicht nur die Hartz-Politik, sondern auch die gesamte unsoziale, massen- und umweltfeindliche Regierungspolitik. Und das mit wachsendem Erfolg. Die Montagsdemos haben maßgeblich dazu beigetragen, dass die Große Koalition bei Hartz IV etliche Zugeständnisse machen musste, wie zuletzt bei den unmenschlichen Sanktionen.

 

Im Flyer "Menschenwürdige Rente unbezahlbar oder unverzichtbar?" legt die MLPD ausführlich und begründet ihr Rentenkonzept vor. Er kann hier gelesen werden!