Duisburg
Streik der Stahlarbeiter in Hüttenheim - das ist der richtige Weg
Am Donnerstag, den 13. Februar, haben 300 Stahlarbeiter in Duisburg-Hüttenheim mehrere Stunden gegen die geplante Schließung des Werks von Thyssenkrupp Steel Ende Juni 2020 gestreikt.
Der Vorstand hatte nachmittags die Schließung bekanntgegeben - für den Fall, dass sich bis dahin kein Käufer für das Werk findet. Am Freitagmorgen hat auch die Frühschicht für eine Stunde gestreikt. Das ist die richtige Antwort auf die Pläne des Vorstands.
Bisher vermied es dieser, die Stahlarbeiter offen anzugreifen, um einen konzernweiten Kampf zu verhindern. Seit Anfang der Woche mehren sich jedoch die Anzeichen für eine härtere Gangart. Ein Hintergrund ist die Verschärfung der Konkurrenz in der sich vertiefenden Weltwirtschafts- und Finanzkrise.
Horrorkatalog des Vorstands
Bei der Information der Betriebsratsvorsitzenden über Verkauf beziehungsweise Schließung der Grobblechproduktion in Hüttenheim wurde zugleich ein Horrorkatalog vorgestellt, der es in sich hat. Der Vorstand erklärte das zur Bedingung für weitere Investitionen und den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen im Stahlbereich überhaupt.
Nicht 2.000 Arbeitsplätze wie bisher geplant, sondern 2.800 sollen vernichtet werden. 800 in Hüttenheim sowie 1.200 in Bochum durch Schließung des Warmbandwerks und der EBA-Anlage. Dafür sollen in Duisburg 200 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen - durch Verlagerung der Produktion. Weitere 1.000 Arbeitsplätze in der Verwaltung, in den Werkstätten und in der Logistik will Thyssenkrupp ebenfalls vernichtet.
Zudem sollen die tariflich bezahlten Arbeiter und Angestellten drei Jahre auf die 1.000 Euro Urlaubsgeld verzichten, die in der letzten Tarifrunde erkämpft wurden - noch bevor es zum ersten Mal ausbezahlt wird.
Knallharte Erpressung
Die Konzernchefs verlangen, dass sie jederzeit Versetzungen erzwingen können und zwar im ganzen Bundesgebiet. Kollegen, die 63 Jahre alt sind, sollen gezwungen werden, in die vorzeitige Rente zu gehen. Bei Ablehnung droht die Kündigung. Macht die Belegschaft das nicht mit, sollen die Azubis nicht mehr übernommen werden. Zulagen sollen gestrichen werden, wie die Bezahlung der Rufbereitschaft. Dafür stellen sie die vage Zusage in den Raum, dass es drei Jahre keine betriebsbedingten Kündigungen gibt.
Wenn Betriebsrat und IG Metall dem nicht zustimmen, sollen keine Investitionen getätigt werden. Diese sind aber dringend nötig, um die Produktion aufrechtzuerhalten. Denn seit Jahren wurde nichts in die Anlagen investiert, da Thyssenkrupp den Stahlbereich abstoßen wollte.
Über 90 Prozent der Stahlarbeiter sind in der IG Metall organisiert und wollen eine IG Metall als Kampforganisation. Erste Kolleginnen und Kollegen haben schon angekündigt, dass sie mit ihrer Schicht gemeinsam mit den Stahlarbeitern aus Hüttenheim streiken wollen und planen verschiedene Aktionen. Die IG Metall ruft zu einer Aktion am 15. Februar um 8 Uhr in Duisburg-Hüttenheim auf. Das ist der richtige Weg!
Den Kampf selbständig organisieren!
Aufgrund des fehlenden Streikrechts in Deutschland darf die IG Metall nicht zum Streik für den Erhalt der Arbeitsplätze aufrufen. Das müssen die Kolleginnen und Kollegen selbst in die Hand nehmen und den Streik selbständig organisieren.
Dabei spielt die Verarbeitung der enorm politisierten Situation mit der offenen politischen Krise in Thüringen, der offenen Parteikrise der CDU sowie der breiten Empörung über den Thüringer Wahldeal mit Hilfe der AfD eine entscheidende Rolle. Darüber gibt es auch unter den Stahlarbeitern entfaltete Diskussionen.
Oft hört man, bezogen auf die Thyssenkrupp-Chefs und die bürgerlichen Politiker: "Die machen sowieso nur Mist." Oder: "Auf die können wir nicht bauen." Da schwingt nicht nur die Erfahrung mit deren enger Zusammenarbeit bei der Vernichtung der Arbeitsplätze mit, sondern auch die Ablehnung der Rechtsentwicklung von Regierungen und bürgerlichen Parteien. Gleichzeitig gibt es Verwirrung über den ausgebrochenen Richtungskampf unter den Herrschenden.
Um in dieser Situation den Kampf aufzunehmen, braucht es Klarheit, wer wirklich auf der Seite der Arbeiter steht. Und es erfordert, fertigzuwerden mit nationalistischer, rassistischer und völkischer Spaltung, die von rechten Kräften verbreitet wird.
Die gesamte Konzernbelegschaft und alle Stahlarbeiter sind jetzt herausgefordert
Peter Römmele
Peter Römmele, Landesvorsitzender der MLPD und selbst Stahlarbeiter bei Thyssenkrupp: „Wir Stahlarbeiter müssen jetzt unsere Forderungen aufstellen und durchkämpfen: Kampf um jeden Arbeits- und Ausbildungsplatz! Keine Schließung der Werke Hüttenheim und Bochum! Keine Streichung von Zulagen und willkürlichen Versetzungen! Unbefristete Übernahme der Auszubildenden entsprechend ihrer Ausbildung!
Die gesamte Konzernbelegschaft und alle Stahlarbeiter sind dabei herausgefordert. Der Kampf für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich ist geeignet, die Konzernbelegschaft unter einer offensiven Stoßrichtung zusammenzuschließen. Ihre Durchsetzung als Konzernvereinbarung würde allein im Stahlbereich - bei derzeit 18.000 Beschäftigten und einer tariflichen Arbeitszeit von 34 Stunden - rechnerisch rund 2.100 Arbeitsplätze schaffen beziehungsweise erhalten. Auf diesem Weg könnten auch in anderen Konzernbereichen zahlreiche gleichwertige Ersatzarbeitsplätze geschaffen werden.
Wir brauchen dafür eine starke, kämpferische IG Metall und zugleich eine Streikführung aus unseren eigenen Reihen. Und wir brauchen ein vollständiges, allseitiges und gesetzliches Streikrecht.
Die MLPD und ihre Betriebsgruppen stehen konsequent an der Seite der Stahlarbeiter. Sie lehnen es ab, den Kampf um Arbeitsplätze gegen den Kampf zur Rettung der Umwelt auszuspielen. Stattdessen orientieren sie auf die Verantwortung, die die Stahlarbeiter gerade auch für den Umweltkampf haben - genauso wie für die Zukunft der Jugend.
Ein selbständiger Streik gegen die Werkschließungen und für den Erhalt der Arbeitsplätze wäre nicht zuletzt ein Signal gegen die Rechtsentwicklung und den antikommunistischen Abgesang auf die Arbeiterbewegung. Dem haben schon die Bergarbeiter eine saftige Ohrfeige erteilt zusammen mit der selbständigen und wachsenden gemeinsamen Protestbewegung gegen die RAG-Politik der verbrannten Erde (mehr dazu). Ein gemeinsamer Kampf an ihrer Seite hätte umso größere Durchschlagskraft.
Am stärksten ist die Arbeiterbewegung dann, wenn sie von einer klaren gesellschaftlichen Alternative geleitet wird. Deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt, sich in den Betriebsgruppen der MLPD, der Partei des echten Sozialismus, zu organisieren!“