Hanau

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Mahnwache: Selbstdarstellung von Steinmeier und Bouffier

Die gestrige Selbstdarstellung von Steinmeier und Bouffier war ein Affront gegen die Opfer, die Hinterbliebenen, die über 5000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer und jeden Antifaschisten.

Korrespondenz

Auf dem Hanauer Marktplatz standen die Menschen dicht gedrängt. Mindestens 5000 waren gekommen. Viele hatten Kerzen und Schilder dabei, Hinterbliebene hielten Fotos ihrer ermordeten Freunde und Familienmitglieder hoch. Es gab Fahnen von VVN, IG Metall, DIDF, MLPD, REBELL. Einige hielten auch türkische Fahnen hoch. Menschen aller Nationalitäten, jeden Geschlechts und Alters waren da, um zu zeigen: „Mit uns nicht!“

 

Die Stimmung war niedergeschlagen, aber selbstbewusst. Eine Frau sagte zu uns: „Dass das gerade hier passieren muss, in Hanau leben wir alle friedlich und in gegenseitigem Respekt zusammen.“ Einleitend hielt der Bürgermeister eine kurze Rede, richtete den Hinterbliebenen ihr Beileid aus und sagte, dass er für den Zusammenhalt kämpfen werde.

 

Danach war Volker Bouffier dran, Ministerpräsident von Hessen. Auch er sprach von Zusammenhalt, Solidarität und dass wir alle mehr zusammenrücken sollten. Er wurde mehrmals übertönt von Rufen, unter anderem: „NSU-Akten raus!“ und „Nazis morden, der Staat schaut zu, Verfassungsschutz und CDU!“ Er hatte nach dem NSU-Mord in Kassel persönlich die Ermittlungen behindert.

 

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief wieder dazu auf, enger zusammenzurücken und die "Zivilgesellschaft" zu verteidigen. Einerseits erhielt er viel Applaus, als er sich gegen die Spaltung der Gesellschaft und für mehr Solidarität aussprach, andererseits wurde auch ihm entgegen gerufen: „Nazis morden, der Staat schiebt ab, das ist das gleiche Rassistenpack.“ Auch er hat sich die Hände schmutzig gemacht, z.B., als er als Außenminister Murat Kurnaz jahrelang unschuldig in Guantanamo schmoren ließ.

 

Und dann: Ende. Kaum 20 Minuten hatte die Aktion gedauert, die Mikros wurden abgestellt und abgebaut, die Bühne von der Polizei bewacht. Es gab weder eine Schweigeminute, noch kamen Hinterbliebene oder aktive Antifaschisten zu Wort. Die ganze Aktion war nur dazu da, damit sich ein paar hochrangige Politiker darstellen konnten.

 

Viele verließen den Platz, aber vor allem machte sich Unmut breit. Gemeinsam mit vielen anderen Teinlnehmern riefen wir noch Parolen – es hatte leider niemand an einen Lautsprecher oder ein Megafon gedacht. Wir waren von REBELL und MLPD aber noch lange auf dem Platz und tauschten uns mit den Anwesenden aus. Einhellig war die Meinung, dass die Aktion würdelos war. Wir verteilten breit die Pressemitteilung der MLPD und verkauften mehrere Exemplare des Rote Fahne Magazins. Wir sprachen auch auf die Einheitsfront an und bekamen von fast allen Zustimmung, dass das nötig sei; egal, ob wir in anderen Fragen anderer Meinung sind.

 

Wir bekamen mit, dass ein Mann gegenüber Reuters richtig in Rage geriet: „Wenn sich unsere Politiker nicht klar gegen die Faschisten positionieren, dann sind sie Stegbügelhalter der Faschisten!“ Er bekam von allen, die das mitbekamen, Applaus. Es waren jede Menge internationale Medien da, die diese und weitere (regierungs-)kritische Stimmen aufzeichneten. Wir werden sehen, was davon ausgestrahlt wird.

 

Ein Mann sagte im Gespräch zu uns: „Ich habe damals mitbekommen, wie Leute wie ihr damals mit den Radikalenbeschlüssen ihrer Existenz beraubt wurden, aber gegen die Nazis wird nicht konsequent vorgegangen.“

 

Wir versprachen allen, dass wir diese würdelose Aktion mit allen unseren Mitteln und Medien bekannt machen werden. Wir erfuhren, dass am Samstag um 14.00 in Hanau eine antifaschistische Aktion stattfinden wird, an der wir uns natürlich auf demokratischer und gleichberechtigter Grundlage beteiligen  und dort die antifaschistische Einheitsfront weiter schmieden werden.