FAZ
Lenin steht demnächst im Westen
Unter der Überschrift "Lenin steht demnächst im Westen" berichtet heute die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) über den "Denkmalstreit in Gelsenkirchen".
Mit leicht ironischem Unterton schreibt FAZ-Feuilletonist Patrick Bahners in seinem Kommentar über Oberbürgermeister Frank Baranowski:
"Man hätte ja vermutet, den Sozialdemokraten, der über die städtische Altschuldenlast von 663 Millionen Euro Klage zu führen pflegt, interessierten nur die Börsennachrichten – da der Sportteil dieser Tage keine erfreuliche Lektüre bietet. Aber der brave Stadtvater liest in der WAZ auch den Lokalteil und muss dort auf die Meldung gestoßen sein, dass die MLPD vor dem Sitz ihres Zentralkomitees in Gelsenkirchen-Horst ein Lenin-Denkmal errichten will."
Deutlich weniger aufgeregt als manch antikommunistischer Parteigänger von SPD, B90/Grüne und CDU in Gelsenkirchen schreibt Bahners: "Nach der Revolution vom Oktober 1917 haben die Sieger 'nicht einmal die bürgerlichen Zeitungen verboten'. Zwei Jahre später erfuhren das die Zeitungsleser in den Vereinigten Staaten aus erster Hand beziehungsweise aus erstem Mund – dem von Wladimir Iljitsch Lenin, der einem amerikanischen Journalisten sein Konzept einer Revolution zum Mitschreiben durch den Klassenfeind in die Feder diktierte. (...)
Die Expansion von Lenins Toleranz kam an ihre Grenze, als die bürgerlichen Leitartikler nicht davon abließen, seinen Bürgerkriegsgegnern Munition zu liefern. Der dialektische Umschlag war die notwendige Folge: 'Nachdem die Ausbeuter ihren Widerstand verstärkten, sind wir an die systematische Unterdrückung dieses Widerstands gegangen.'"
An einen Zufall mag auch Patrick Bahners nicht glauben, wenn es um das Eingreifen der Denkmalbehörde im Auftrag von OB Baranowski. Oder wie er es schreibt: "Man braucht kein Marxist und nicht einmal Hegelianer zu sein, um das nicht für einen Zufall zu halten.