Hintergrund

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Zur Rolle Deutschlands bei der Intervention gegen Sowjetrussland

Aus Günter Rosenfeld, „Sowjetrussland und Deutschland 1917-1922“, PAL-Rugenstein Verlag 1984:

„Selbst nach dem Friedensvertrag von Brest-Litowsk, der Deutschland riesige Landgewinne wie des Baltikums weiter Teile Weissrusslands einbrachte, setzen Sie Ihre Aggression weit über die festgelegte Demarkationslinie fort: Besetzung der Ukraine, weiterer südrussischer Gebiete einschließlich der Krim, begonnene Intervention in Finnland, Griff nach dem kaukasischen Erdölgebiet …


Die Fäden dieser so riesigen Gebiete im Osten umfassenden Eroberungspolitik zogen auch diesmal wieder hinter den Kulissen die Vertreter des deutschen Monopolkapitals. Außerordentlich aufschlussreich über diese Rolle der Großbanken und der Schwerindustrie ist die Mitteilung über eine Sitzung im Stahlhof zu Düsseldorf am 16. Mai 1918, die von der Direktion der Krupp-AG am 24. Mai an Helfferich gesandt wurde. Anwesend waren 15 Führer des deutschen Monopolkapitals, darunter August Thyssen, Hugo Stinnes, Generaldirektor Vögler, Geheimrat Kirdorf, Hugenberg, Klöckner und Röchling. Sie waren zusammengekommen, um, wie in dem von Krupp-Direktor Dr. Bruhn gezeichneten Schreiben betont wurde, über die ‚Vormachtstellung Deutschlands im Osten‘ zu beraten. …

 

Für die wirtschaftliche Durchdringung Osteuropas wurden als Anlaufsumme 2 Milliarden Mark genannt, die zu 95 Prozent durch öffentliche Anleihen aufgebracht werden sollten, wobei das Reich die Sicherung zu übernehmen hatte. Wörtlich hieß es dann: ‚Als Voraussetzung für das Gelingen eines derartigen Unternehmens wurde von allen Seiten bezeichnet, dass die politische Stellung des Deutschen Reichs in den östlichen Gebieten in nachhaltiger und jedenfalls viel weitgehender Weise verankern werde, als es durch die bisherigen Friedensschluss erkennbar sei. Vor allem sei es unerlässlich, dass eine dauernde militärische Besetzung der europäischen Zufahrtsstraßen nach dem Norden Russlands durch Deutschland und seinen Verbündeten erfolge ...‘


Die Beratung im Düsseldorfer Stahlhof schloss mit der Forderung, dass neben der möglichst tiefgreifenden finanziellen Durchdringung Russlands auch für die Wahrung des politischen und militärischen Übergewichts Deutschland in diesem Gebiet Sorge getragen werden möge. ...


Inzwischen waren am 5. März deutsche Truppen auf den Alands-Inseln und am 3. April im südfinnischen Hafen Hangö gelandet. Diese von General von der Golz geleitete Intervention hatte zur Folge, dass die proletarische Revolution in Finnland, in der die finnischen Arbeiter und Bauern im Februar 1918 die Rätemacht errichtet hatten, niedergeschlagen wurde und die finnische Konterrevolution unter General Mannheim triumphieren konnte. Der deutsch-finnische Friedensvertrag vom 7. März sollte v.a. Deutschland die Vorherrschaft in Finnland sichern und es zu einer militärischen Basis machen. Ludendorff schreibt: „Wir hatten jetzt in Narva und Wiborg Stellungen inne, die uns jederzeit einen Vormarsch auf Petersburg gestattet, um dort die Bolschewistenherrschaft zu stürzen ...“


In den besetzten Gebieten errichteten nunmehr die imperialistischen Truppen eine Schreckensherrschaft. Massenweise wurden russische und ukrainische Arbeiter und Bauern erschossen … Mord, Plünderung und Unterdrückung der Bevölkerung – so sah die imperialistische Okkupation der russischen und ukrainischen Gebiete aus, von der Gustav Stresemann als Sprecher der Nationalliberalen am 27 Februar 1918 im deutschen Reichstag sagte. ‚Ich bin überzeugt, dass die Schritte unserer Soldaten bei ihrem Vormarsch beflügelt worden sind, weil diese Vormarsch einem edelsten Menschenwerke galt.'“