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Empörender Pilotabschluss mit "Nullrunde" bei Metall

Über die Köpfe der Gewerkschaftsmitglieder hinweg verkündete die IG-Metall-Bezirksleitung heute einen empörenden Pilot-Tarifabschluss für die Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen.

Von gb/ms
Empörender Pilotabschluss mit "Nullrunde" bei Metall
Die offensive Forderung nach der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich gehört angesichts wachsender Massenentlassungen neben Lohnforderungen auf die Agenda der Tarifrunden (Foto: RF)

Der IG-Metall-Vorstand hat das Ergebnis gebilligt und den anderen Bezirken zur Übernahme für die 4 Millionen Beschäftigten empfohlen. Die wesentlichen Bestandteile sind:

"Nullrunde" für das ganze Jahr

2020 soll es keine Entgelterhöhung geben. Der zum 31. März gekündigte Entgelt-Tarifvertrag bleibt bis zum Jahresende bestehen. Warum verschweigt das der IG-Metall-Tarifticker, wenn er davon spricht, dass die Tarifrunde lediglich „ausgesetzt“ sei?¹

 

Man kann es nur als ganz üblen Trick der Klassenzusammenarbeitspolitik bezeichnen, wenn im Windschatten der Corona-Krise die erste "Nullrunde" seit Menschengedenken in der Metallindustrie durchgesetzt wird.

 

Der Tarifvertrag „Zukunft in Arbeit“ von 2009/2010 wird reaktiviert. Er regelt unter anderem die Möglichkeit der monatlichen Aufteilung von Sonderzahlungen, Weihnachts- oder Urlaubsgeld zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes. Das ist aber kein Zugeständnis, schon gar kein „Schutz des Einkommens der Beschäftigten“, wie der Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, behauptet.² Denn eine solche Art der "Aufstockung" wird von den Kolleginnen und Kollegen selbst bezahlt!

"Solidartopf": Lächerliche Einmalzahlung

Außerdem wurde als Ergänzung ein „Solidartarifvertrag 2020“ verabschiedet, der ab sofort gilt. Er beinhaltet:

  • Einen Solidartopf zur „Verminderung sozialer Härten insbesondere bei Kurzarbeit“. Pro Beschäftigtem zahlt das Unternehmen 350 Euro in den Topf. Nicht verwendete Mittel werden im Dezember an die Beschäftigten ausgezahlt.
  • Die Umwandlung des tariflichen Zusatzgeldes in acht freie Tage soll für Eltern mit Kindern bis zu 12 Jahren erweitert werden.
  • Soweit „zwingend erforderlich“, soll es zusätzlich fünf Urlaubstage für Eltern mit Kindern geben.

 

Auffällig ist der Zusammenhang des Abschlusses solch zusätzlicher freier Tage oder Urlaubstage zu der Tatsache, dass immer mehr Betriebe vorübergehend die Produktion stilllegen.

 

Beide Tarifverträge haben eine Laufzeit bis 31.12.2020. Der Präsident des NRW-Unternehmerverbands, Arndt G. Kirchhoff, feiert das Ergebnis, weil es die Unternehmen nicht weiter belastet. Mit der Einmalzahlung von 350 Euro pro Beschäftigtem kaufen sie sich für "Peanuts" von einer echten Lohnerhöhung frei. Weder die Aufstockung der Kurzarbeit durch Stückelung von Sonderzahlungen noch die zusätzlichen Urlaubstage kosten die Unternehmer nur einen Cent.

Corona-Krise muss herhalten

Knut Giesler, NRW-Verhandlungsführer und Bezirksleiter der IG Metall, rechtfertigt die Abschlüsse: „Niemand weiß zur Zeit, wie lange und in welchem Ausmaß die Corona-Pandemie die gewohnten Formen des Miteinanderlebens und -arbeitens noch beeinträchtigen wird. Die Verunsicherung bei vielen Beschäftigten ist groß.“ Doch nicht die Corona-Krise ist der Hauptgrund für einen solchen Kniefall vor den Metallunternehmern.

 

Es ist vielmehr ein Pilotabschluss zur Abwälzung der sich dramatisch vertiefenden Weltwirtschafts- und Finanzkrise und der mit ihr einhergehenden Strukturkrisen auf dem Rücken der Belegschaften.

 

Dieser Pilotabschluss liegt ganz auf der Linie des Umschwenkens auf den Krisenmodus der Klassenzusammenarbeitspolitik, wie er beim Treffen zwischen Unternehmerverbänden, Gewerkschaftsspitzen und Bundesregierung am 13. März im Bundeskanzleramt vereinbart wurde.

Keine Zustimmung zu diesem Verzichtsabschluss!

Zum Verzicht auf Entgelterhöhungen im gesamten Jahr 2020 unter dem Vorwand der Corona-Pandemie hatte der IG-Metall-Vorstand kein Mandat!

 

Die Zustimmung zu diesem Verhandlungsergebnis muss zurückgenommen werden und die Verhandlungen über den Entgelt-Tarifvertrag sind wieder aufzunehmen, sobald der weitere Verlauf der Corona-Pandemie den Einsatz der gewerkschaftlichen Kampfkraft ermöglicht.

 

Eine dann zu erkämpfende Entgelterhöhung muss rückwirkend ab 1.4.2020 gelten!