Statt Absage
Der 1. Mai – seit 1890 Kampftag der Arbeiterklasse und auch in diesem Jahr
„Schweren Herzens müssen wir die 1. Mai-Kundgebungen dieses Jahr leider absagen,“ erklärte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann. Man spürt förmlich den Stein, der ihm angesichts der hochpolitischen Brisanz dabei vom Herzen fällt.
Seit 1890 wird in Deutschland der 1. Mai begangen. 1890 streikten rund 100.000 Arbeiterinnen und Arbeiter in Deutschland – trotz Verbot und trotz der Sozialistengesetze von Reichskanzler Bismarck. Selbst unter der Terrorherrschaft des Hitler-Faschismus feierten im KZ Buchenwald unter Lebensgefahr 72 kommunistische Häftlinge am 1. Mai 1944 und brachten ihre Siegeszuversicht zum Ausdruck.
Und jetzt, angesichts der Weltwirtschafts- und Finanzkrise, die durch die Corona-Krise drastisch verschärft wird, haben die Arbeiter und die Arbeiterjugend nichts zu demonstrieren?!
Gerade jetzt ist der richtige Zeitpunkt
Im Spiegel der heutigen Weltlage wird doch überdeutlich, dass der Kapitalismus nicht in der Lage ist, die Probleme der Menschheit zu lösen. Er kann Menschen zum Mond fliegen lassen, sie in Echtzeit weltweit kommunizieren und die Produktion steuern lassen. Er kann auch chemische, biologische, atomare Waffen produzieren – aber genügend Mundschutz oder genügend Corona-Tests herstellen und weltweit angemessen verteilen – das kann er nicht.
Gerade jetzt ist der richtige Zeitpunkt, am 1. Mai die Forderungen der Arbeiterbewegung zu präsentieren und die historischen Lehren für einen neuen Anlauf zum echten Sozialismus zu diskutieren!
Abwälzung der Krisenlasten offensiv bekämpfen
Konzerne und Regierung beginnen, die Lasten der bereits im Herbst 2018 eingeleiteten Wirtschaftskrise auf die breiten Massen abzuwälzen:
• Im Windschatten der Corona-Krise haben die Metall-Unternehmerverbände erstmals seit Jahrzehnten eine "Nullrunde" bei den Tarifen in der metallverarbeitenden Industrie durchgesetzt.
• Bei Thyssenkrupp wurde ein Tarifvertrag abgeschlossen, der die Vernichtung von rund 3.000 Arbeitsplätzen vorsieht.
• In Sachsen-Anhalt fordert der Chef des Unternehmerverbands die Begrenzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auf eine Woche – die restlichen fünf Wochen soll der Staat zahlen!
Gesundheitsschutz berücksichtigen - politische Notstandsmaßnahmen ablehnen!
Statt „schweren Herzens“ auf jeden Widerstand dagegen zu verzichten, ist es Aufgabe jedes Gewerkschafters, unter Berücksichtigung des Gesundheitsschutzes den 1. Mai als internationalen Kampftag der Arbeiterklasse zu begehen.
Etwas völlig anderes als gesundheitlich notwendige Maßnahmen sind politischen Notstandsmaßnahmen, mit denen unter dem Vorwand der Pandemie bürgerlich-demokratische Rechte und Freiheiten weiter eingeschränkt werden.
Kämpferische Aktionen sind möglich
Das stößt schon auf berechtigten Protest: So kritisierte Teresa Gärtner vom Frauenstreik-Bündnis Jena das „uneingeschränkte Verbot von Versammlungen und Demonstrationen des Oberbürgermeisters“, die Betriebsratsliste „Offensive Metaller“ bei Daimler in Untertürkheim fordert: „Alle 'Notstandsgesetze', die nicht der Gesundheit dienen, die unser Recht auf Organisierung, Versammlung und andere Grundrechte beschneiden, müssen zurückgenommen werden!“
1. Mai 2020
Aufruf: Für Arbeit und Umwelt, Gesundheit und Freiheit - echten Sozialismus!
Die MLPD unterstützt alle Initiativen, die am 1. Mai kämpferische Aktivitäten unter Berücksichtigung von Abstandsgeboten, Mundschutz und ähnlichem vorbereiten. Wenn die Arbeiter im Betrieb auf höchstem Niveau organisiert zusammenarbeiten, dann können sie das auch auf der Straße. Dass das möglich ist, zeigten IG-Metaller aus Leipzig, die am 14. März 2020 unter Beachtung der damals angesagten Vorsichtsmaßnahmen diszipliniert und kämpferisch eine Kundgebung mit 200 Leuten zu ihren Forderungen durchführten.