Heute vor 75 Jahren
Insassen des KZ Buchenwald befreiten sich selbst
Heute jährt sich ein historisches Ereignis. Anders als in den meisten anderen KZs haben sich am 11.4.1945 die Insassen des KZ Buchenwald unter Leitung eines internationalen Komitees noch vor der Ankunft der US-Armee selber befreit.
Der erfolgreiche Aufstand war jahrelang vorbereitet worden, indem ein illegales Lagerkomitee - zusammengesetzt aus Häftlingen verschiedener Länder, unter Führung der Kommunisten - unter ständiger Lebensgefahr alle notwendigen Vorkehrungen einschließlich des Versteckens von Waffen traf.
"Der Sturm bricht los"
In dem bereits 1946 erschienenen Tatsachenbericht "Das war Buchenwald", der als Kollektivarbeit einer größeren Zahl von Buchenwald-Häftlingen erstellt wurde, heißt es unter der Überschrift „Der Tag der Befreiung“ über den vorbereiteten Aufstand am 11. April 1945 unter anderem: „Der Sturm bricht los. An fünf, sechs Stellen wird der Zaun zerrissen. Schüsse fallen in nächster Nähe. Über den Appellplatz rast eine Gruppe von Bewaffneten. …
Am Tor wurde die schwerbewaffnete Wache überwältigt. Kameraden vom Lagerschutz erstürmten den Turm. … Die ersten Handgranaten und Panzerfäuste wurden erbeutet. … Um 15.15 Uhr flattert die weiße Fahne auf dem Turm 1. … Als gegen Abend die ersten amerikanischen Offiziere den Kommandanturbereich betraten, war bereits durch die militärische Leitung eine Sicherheitskette um das ganze Lager gezogen. …
Die amerikanischen Offiziere sprachen sich anerkennend über das tatkräftige Handeln der Häftlinge aus. … Die Schlacht um das Konzentrationslager Buchenwald war geschlagen und gewonnen.“1
"Von Kommunisten inszenierter Schwindel"?
Auch anlässlich des heutigen 75. Jahrestages der Selbstbefreiung des KZ Buchenwald wird von bürgerlichen Politikern und Wissenschaftlern eine unglaubliche antikommunistische Hetze verbreitet. Sie behaupten, die „Selbstbefreiung“ des KZ Buchenwald sei "ein von den Kommunisten inszenierter Schwindel" und historisch nicht belegt.
Die antikommunistische Geschichtsschreibung will auch in dieser Frage den Antifaschismus vom Kommunismus "reinigen", obwohl die Tätigkeit der Kommunisten den antifaschistischen Kampf und konkret auch die Befreiung von Buchenwald wesentlich geprägt hat. Dieser Antikommunismus nimmt auch erheblichen Einfluss auf die Tätigkeit der Stiftung des öffentlichen Rechts "Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora", in deren Veröffentlichungen durchgehend von einer „behaupteten Selbstbefreiung" gesprochen wird. Lange Zeit war Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff, Funktionär der Linkspartei und Chef der Staatskanzlei der Landesregierung, auch Vorsitzender des Stiftungsrats.
Selbstbefreiung bewiesene Tatsache
Die Selbstbefreiung des Lagers durch den militärisch organisierten Widerstand ist jedoch keine "behauptete", sondern eine bewiesene Tatsache. Sie erfolgte koordiniert und im Zusammenwirken mit den Streitkräften der Anti-Hitler-Koalition, insbesondere der sowjetischen Roten Armee und Einheiten der US-Armee.
In Kürze:
- Erfolgreicher Aufstand im KZ Buchenwald wurde jahrelang durch ein illegales Lagerkomitee vorbereitet
- Antikommunisten behaupten, dies sei "ein von den Kommunisten inszenierter Schwindel"
- Die Selbstbefreiung des Lagers ist jedoch eine bewiesene Tatsache
Die Selbstbefreiung wird aber auch ausdrücklich in den unmittelbar nach der Befreiung erstellten Berichten der US-Armee bestätigt. Unter Leitung des Offiziers Albert G. Rosenberg wurde in Zusammenarbeit mit den Häftlingen ein 125-seitiger Bericht in nur vier Wochen verfasst. Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 1995 unter dem Titel „The Buchenwald Report“. 1996 erschien die deutsche Übersetzung mit dem Titel „Der Buchenwald-Report - Bericht über das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar“.
Kommunisten hatten führende Rolle
Dort heißt es zu den Ereignissen am 11.4.1945: „Die beiden ersten Amerikaner, die am 11. April in das Lager Buchenwald kamen, waren wahrscheinlich Egon W. Fleck, ein Zivilist und First Lieutnant Edward A. Tenenbaum, ein Nachrichtenoffizier. … In ihrem Bericht heißt es, dass das Lager schon befreit worden war … :
Wir kamen um eine Ecke auf die Hauptstraße und sahen Tausende zerlumpter, verhungert aussehender Männer, die in geschlossenen Formationen in östlicher Richtung marschierten. … Einige Abteilungen trugen deutsche Gewehre. Andere hatten Panzerfäuste auf den Schultern. … Sie lachten und winkten uns aufgeregt zu. … Es waren die Insassen des Lagers Buchenwald auf dem Marsch in den Krieg. Unsere Panzer fuhren mit einer Geschwindigkeit von vierzig Stundenkilometern an ihnen vorbei.
Die Verbände, denen die beiden Amerikaner begegneten, waren die 'Stoßtrupps' der Gefangenenmiliz, der besondere Stolz der Gefangenenführer in Buchenwald. Gegen 17.30 Uhr fuhr der Jeep mit den beiden Amerikanern in das Lager. … Die Offiziere blieben lange genug, um Material für einen achtzehn Seiten langen vorläufigen Bericht zusammenzustellen. … Dabei wurde insbesondere die Tatsache hervorgehoben, dass die Lagerführung von Kommunisten beherrscht wurde.“ (Der Buchenwald-Report, C.H. Beck-Verlag, 1996, S. 24 f.)