Krisenmanagement im Kreuzfeuer (5)
Regierungszugeständnisse an die Massen - Reaktion auf wachsende Kritik
Bei den heutigen Beratungen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer wurden weitere "Lockerungen" bisheriger Schließungen festgelegt. So sollen Spielplätze, Museen, Zoos, Ausstellungen, Gedenkstätten und Gottesdienste unter Auflagen wieder geöffnet werden.
Ein Konzept zur schrittweisen Öffnung von Schulen, Kindertagesstätten und zur Wiederaufnahme des Sportbetriebs soll bis zum 6. Mai erarbeitet werden. Statt alles Notwendige zu tun, um den Gesundheitsschutz unter diesen Bedingungen zu gewährleisten, machen die Spitzenpolitiker schon mal die Eltern für diesen verantwortlich. Sie sollten verstärkt darauf achten, dass überfüllte Anlagen gemieden und grundlegende Hygieneregeln eingehalten werden.
Man merkt den Beschlüssen deutlich an, wie hinter den Kulissen die Vertreter der Unternehmerverbände mit den Hufen scharren und darauf drängen, dass alles in die Wege geleitet wird, damit die Produktion dauerhaft wieder hochgefahren werden kann. Deshalb ist ihnen auch die Öffnung der Kitas so wichtig. Ein Spiel mit dem Feuer! So macht der Virologe Christian Drosten darauf aufmerksam, dass Kinder ähnlich ansteckend sein könnten wie Erwachsene, auch wenn sie nicht so oft Symptome entfalten.
Koalitionsausschuss muss soziale Zugeständnisse machen
Dass die Regierung auch mitten in der Corona-Pandemie alles andere als beliebig schalten und walten kann, zeigen ihre raschen Kehrtwendungen nach wachsender Kritik. Hieß es wochenlang, Schutzmasken brächten nichts und seien ohnehin nicht vorhanden, haben wir inzwischen sogar Schutzmaskenpflicht. Ähnlich ist es in der Frage von Massentestungen.
Bei den Beschlüssen des Koalitionsausschusses am 22. April fällt auf, dass sie unter anderem auf Forderungen reagieren, die die MLPD von Beginn der Corona-Pandemie an erhoben hat.
Forderungen der MLPD geben Orientierung
Bereits im März forderte die MLPD in ihrem Sofortprogramm zur Corona-Pandemie: „Sofortige Stilllegung der Industrieproduktion, Logistik und Verwaltung, sofern es nicht gesellschaftlich notwendige Versorgungsgüter oder Notmaßnahmen betrifft! … Freistellung von Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Angestellten bei vollem Lohnausgleich, ohne Verbrauch ihres Urlaubs!“
Diese Sofortforderungen griffen eine breite Massendebatte auf, die sich insbesondere in den bis dahin vielfach weiterproduzierenden Betrieben entfaltete, und waren zugleich für die Arbeiter eine klare Orientierung. Bei Daimler in Mettingen sowie Opel in Bochum oder Rüsselheim gab es selbständige Protest- und Streikaktionen für die Forderung nach vorübergehender Stilllegung der Produktion bei vollem Lohnausgleich. Das war mit ein Grund, warum immer mehr große Konzernbetriebe zu Stilllegungen übergingen.
Breite Debatte über Lohnkürzung per Kurzarbeitergeld
Doch keineswegs überall war dies der Fall. Und unter den Kolleginnen und Kollegen, die in Kurzarbeit geschickt wurden, ging die Diskussion darüber weiter: Denn weder ist die damit verbundene Lohnkürzung einzusehen noch die Tatsache, dass die Freistellung von der Arbeit auf Kosten der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung finanziert wird.
Auch bei Balkonkonzerten und -kundgebungen entfaltete sich die Diskussion, dass die internationalen Monopole gigantische Subventionen erhalten, während die Krisenlasten auf die Arbeiter und breiten Massen - einschließlich vieler Selbständiger und Kleingewerbetreibender - abgewälzt werden. Die MLPD förderte solche Initiativen, berichtete darüber auf Rote Fahne News und machte sie so bundesweit bekannt. Das trug maßgeblich zur wachsenden Debatte darüber bei.
Kleine Entlastungen für die Massen
Der Koalitionsausschuss beschloss nun am 22. April, zumindest das Kurzarbeitergeld zu erhöhen und seine Bezugsdauer zu verlängern, ebenso die des Arbeitslosengeldes. Klein- und Mittelbetriebe sollen zusätzlich entlastet werden. Weitere Unterstützung werden auch Kinder in einkommensschwachen Familien erhalten.
Zugleich schonen die Beschlüsse die Monopole vollständig. VW könnte allein mit seinen Profiten von 19,3 Milliarden Euro im Jahr 2019 fünf Jahre lang das Kurzarbeitergeld für alle Beschäftigten übernehmen und drei Jahre lang die vollen Löhne fortzahlen! Stattdessen bekommt der größte deutsche Konzern monatlich 320 Millionen Euro von der Agentur für Arbeit geschenkt.
Abwälzung der Krisenlasten nicht hinnehmen!
Weder ist die Corona-Pandemie die Ursache der bereits Mitte 2018 begonnenen Weltwirtschafts- und Finanzkrise noch wird diese mit dem Ende der Pandemie bereits vorüber sein.
Die Teilzugeständnisse der Regierung zeigen, dass es genau richtig ist, den Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten - für Forderungen auf Kosten der Monopolprofite - aufzunehmen. Damit dies zur Schule eines gesellschaftsverändernden Kampfs für den Sozialismus wird, ist es entscheidend, die Bewusstheit und Organisiertheit dafür höherzuentwickeln: in den Gewerkschaften und anderen überparteilichen Selbstorganisationen der Massen, im Internationalistischen Bündnis, in der MLPD und im REBELL.