20 Korrespondenten berichten

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Internationaler Kampftag der Arbeiterklasse bricht sich auch dieses Jahr Bahn

Noch nie gab es einen 1. Mai unter solch außergewöhnlichen Bedingungen einer globalen Pandemie. Noch nie gab es seit seiner erstmaligen Durchführung am 1.5.1890 zugleich einen 1. Mai, der nicht als Kampftag begangen wurde - und sei es unter den widrigsten Bedingungen.

Von ms
Internationaler Kampftag der Arbeiterklasse bricht sich auch dieses Jahr Bahn
So wir hier vor der Turbinenfabrik von Siemens in Berlin wird überall in Deutschland zu kämpferischen Aktionen am 1. Mai mobilisiert (Foto: RF)

Selbst während der dunklen Zeit des Hitler-Faschismus, als die NSdAP den 1. Mai für Propaganda-Aufmärsche missbrauchte, ließen es sich kommunistische und sozialdemokratische Arbeiter nicht nehmen, heimliche Maifeiern durchzuführen: "Schon früh trafen sich an den Rändern der Vororte jene Genossen, die allen Drohungen trotzten und auch heute unter der roten Fahne der 'Internationale' singen wollten. Als ich zu einem dieser Treffpunkte eilte, kam ich an einer großen Schar von Arbeiterfrauen, Arbeitslosen, Arbeitsinvaliden und Arbeiterkindern vorbei, die auch ins Freie hinauszuziehen beabsichtigten."1

 

Auch heute lassen sich Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in faschistisch regierten Ländern wie der Türkei oder dem Iran den 1. Mai nicht verbieten. Und das soll unter den Bedingungen der Corona-Pandemie anders sein?

Das kommt nicht in Frage!

Selbstverständlich müssen alle notwendigen Schutzmaßnahmen eingehalten werden. Aber sich Versammlungsverboten zu beugen, die jetzt verschiedentlich ausgeprochen werden - das kommt nicht in Frage!

 

Auch in Kolumbien und anderen Ländern werden Demonstrationen vorbereitet, in den USA gibt es eine wachsende Bewegung für einen Generalstreik am 1. Mai, der dort kein Feiertag ist.

In rund 100 Orten Aktivitäten

Zur Entwicklung in Deutschland führt eine aktuelle Pressemitteilung der MLPD aus: "'Wir Arbeiter müssen am 1. Mai 2020 unsere Stimme auf den Straßen und Plätzen in ganz Deutschland erheben' - das greift unter Gewerkschaftern, Arbeitern, aber auch Frauen oder Jugendlichen um sich. In circa 100 Orten arbeitet die MLPD aktiv mit - an öffentlichen Kundgebungen, Auto-Korsos und Demonstrationen – natürlich unter Corona-gerechten Gesundheitsvorkehrungen.

 

'Es ist für die MLPD als revolutionäre Arbeiterpartei selbstverständlich', so Gabi Fechtner, Vorsitzende der MLPD, 'dass wir gerade 2020 den 1. Mai als internationalen Kampftag der Arbeiterklasse gemeinsam mit vielen anderen Menschen kämpferisch und feierlich begehen.'" (Mehr dazu)

MLPD mit vornedran

Die MLPD stand von Anfang an - gemeinsam mit anderen kämpferischen Kräften - dabei vornedran, hat an vielen Orten die Initiative ergriffen, Bündnisse ins Leben gerufen, Aktionen angemeldet und - wenn notwendig - juristisch erstritten.

 

Rote Fahne News gibt einen Überblick über den Stand der Vorbereitungen an den verschiedenen Orten, um das gegenseitige Lernen zu unterstützen.

Aktionen am 1. Mai "unverantwortlich"?

In Albstadt erhielt die Montagsdemo auf ihre Anmeldung bereits am 24. April die Genehmigung. (Mehr dazu)

 

In Berlin sind bislang Anmeldungen oder Anträge für 18 Demonstrationen gestellt worden, darunter eine vom DGB, der am Brandenburger Tor Plakate zeigen will.

 

In Bochum entfaltet sich die Auseinandersetzung um die Attacken von DGB-Gewerkschaftssekretärin Bettina Gantenberg in der WAZ Bochum, der Aufruf einer linken Bewegung zu einer Kundgebung am 1. Mai von 11 bis 13 Uhr auf dem Willy-Brandt-Platz sei "unverantwortlich". (Mehr dazu)

Teilnehmerfassung durch Polizei strikt abzulehnen

In Dortmund geht das Ordnungsamt davon aus, das die vom Internationalistischen Bündnis für eine Aktionseinheit beantragte Versammlung genehmigt wird. Inakzeptabel ist für die Anmelder allerdings die geforderte Liste mit Adresse, Telefon ... aller Teilnehmer, die drei Wochen bei der Polizei hinterlegt werden soll (angeblich für den Fall eine Infizierung eines Teilnehmers). Das ist strikt abzulehnen. An einzelnen Orten wurde vereinbart, dass die Anmelder eigene Listen führen, die anonymisiert mit Platznummern versehen sind, die im Infektionsfall aber auch nachträglich konkretere Informationen an die Gesundheitsämter erlauben. Die Polizei bekommt sie selbstverständlich nicht in die Finger.

"Unsere Aktion wird stattfinden, in welcher Form auch immer"

In Duisburg hat das Ordnungsamt als "Genehmigungsbehörde" den Antrag des Internationalistischen Bündnisses zunächst restriktiv abgelehnt. Bei einem "Kooperationsgespräch" sollte die Teilnehmerzahl (angemeldet waren 100) auf 15 bis 25 heruntergehandelt werden. Bei mehr könne es zu tumultartigen Szenen kommen, die nicht mehr kontrollierbar wären. Dabei ist der Amtsgerichtsplatz selbst für 100 Teilnehmer riesig.

 

Das Bündnis ruft auf: "Kommt am 1. Mai nach Hamborn, bereitet Rede- und Kulturbeiträge vor. Denn klar ist: unsere Aktion wird stattfinden, in welcher Form auch immer. Wir werden darüber zeitnah weiter informieren."

"Gerade in diesem Jahr besondere Bedeutung"

Im Aufruf mehrerer Erstunterzeichner aus Eisenach ist zu lesen: "Gerade in diesem Jahr hat der 1. Mai eine besondere Bedeutung: Wir sind dagegen, dass die Lasten der verschiedensten Krisen auf uns abgewälzt werden sollen! Wir sind für Arbeitsplätze, soziale Rechte, Umweltschutz und Freiheitsrechte! Gegen Rechtsentwicklung und Faschismus! Für internationale Solidarität! ...

 

Den 1. Mai lassen wir uns nicht nehmen! Wir wissen, dass es in vielen Städten Initiativen in diese Richtung gibt. Heraus zum 1.Mai! Um 10 Uhr ist eine Kundgebung des DGB. Anschließend ist ab 10:45 Uhr eine kämpferische Demonstration zum Markt." (Mehr dazu)

Schlappe für die Scharfmacher in Gelsenkirchen

In Gelsenkirchen hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen heute dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben und das Verbot der 1. Mai-Kundgebung in Gelsenkirchen durch die Stadtspitze gekippt. In einer Pressemitteilung wird Peter Reichmann, der die Kundgebung im Auftrag des Internationalistischen Bündnisses Gelsenkirchen angemeldet hatte, zitiert:

 

"Das ist eine Ohrfeige für die Stadtspitze Gelsenkirchen, die von der Gefahr eines 'Überrennens' der Kundgebung schwadronierte und die Veranstaltung in Bausch und Bogen verboten hat. Sie betätigte sich als bundesweiter Scharfmacher, indem sie auf einem Gerichtsbeschluss beharrte, obwohl inzwischen mehr und mehr Städte zur Genehmigung von Kundgebungen umschwenkten. Ich sehe diesen Erfolg beim Verwaltungsgericht als Erfolg aller Gelsenkirchener Arbeiterinnen und Arbeiter an!" (Vollständiger Text der Pressemitteilung - Wortlaut des Gerichtsbeschlusses)

 

Zuvor hatte die WAZ Gelsenkirchen bereits ausführlich über den Protest des Internationalistischen Bündnisses dagegen berichtet (Faksimile des Artikels).

 

In Gera hat die MLPD schon frühzeitig die Kundgebung einer 1. Mai-Initiative um 10 Uhr vor dem Stadtmuseum angemeldet. Sie beteiligt sich auch an einem von gewerkschaftlichen Aktivisten initiierten Bündnis, das nahe davon eine Aktion für 11 Uhr auf dem Marktplatz angemeldet hat. In der Stadtmitte sieht man inzwischen auch die schönen 1. Mai-Plakate der MLPD. Auch hier soll eine Teilnehmerliste erstellt und eine schriftliche Abfrage der Teilnehmer erfolgen, ob diese Symptome einer Covid-19-Erkrankung oder einer Erkältung haben - was natürlich nicht in Frage kommt. (Mehr dazu)

In Herne auch Autokorso genehmigt

In Herne wurde neben einer Kundgebung auch ein Autokorso genehmigt - ein wichtiger Erfolg! (Mehr dazu)

 

Bärbel Beuermann, Ex-Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Landtag von NRW, übermittelte dem Herner Aktionsbündnis "Heraus zum 1. Mai 2020" einen herzlichen Gruß: "Ich unterstütze den Aufruf ausdrücklich, denn auch in dieser nicht einfachen Corona-Zeit ist es notwendig, dass wir als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter klar sagen und dies auch zeigen, dass wir auch und gerade am Tag der Arbeit 2020 - trotz allem zusammenstehen - niemand ist allein." (Mehr dazu)

Eine sehr bewegte Woche

Aus Leipzig berichtet ein Korrespondent: "Die zweite Kundgebung für das Versammlungsrecht und gegen den Abbau demokratischer Rechte am 28. April war ein weiteres Puzzlestück hin zur Vorbereitung des 1. Mai 2020. Es waren ungefähr 100 Leute gekommen. Es gab ein offenes Mikro und mehrere der Teilnehmerinnen und Teilnehmer meldeten sich mit ganz unterschiedlichen Anliegen zu Wort. Mit der REBELL-Gruppe hängen wir unsere markanten Plakate zum 1. Mai und gegen den Antikommunismus auf und werben vor allem neue Mitstreiter. Eine sehr bewegte Woche!

 

In Leipzig sind mehrere Aktionen für den 1. Mai beantragt und teilweise schon genehmigt: Ein Fahrradkorso der Linkspartei, eine Demo des Internationalistischen Bündnisses vom Volkshaus zum Zentrum mit anschließender Kundgebung (DKP, "Revolution" und andere haben ihr Kommen zugesagt) und nachmittags Aktionen von Attac und anderen Initiativen."

"Internationale wird nicht fehlen"

In Mannheim wird seit Tagen die Kundgebung, von der MLPD angemeldet, vorbereitet. Kontakte und Organisationen wurden zur aktiven Teilnahme aufgefordert beziehungsweise angefragt. Zwischen jeder Rede sollen Arbeiterlieder über den Platz schallen; auch die „Internationale“ soll von allen gemeinsam – hoffentlich in mehreren Sprachen - gesungen werden. Als ein besonderer Höhepunkt hat sich gestern ein Teil der Gruppe Grup Yorum angemeldet, sie werden die Kundgebung mit Live-Musik bereichern.

 

In Marl wurde sogar die für das „1. Mai Bündnis Marl“ von der MLPD angemeldete Demonstration mit Corona-notwendigen Auflagen genehmigt - auch das Verbot einer Lautsprecheranlage wurde nach Einspruch aufgehoben. (Mehr dazu)

Lautsprecher könnte "ja Leute anziehen"

Aus Mülheim an der Ruhr wird berichtet: "Auch in Mülheim geben wir uns mit einem virtuellen Protest nicht zufrieden, wie es der DGB angekündigt hat, auch wenn wir uns daran beteiligen. Die Sprecherin der örtlichen Montagsdemo hat eine überparteiliche Kundgebung am 1. Mai angemeldet und ein schlüssiges Gesundheitskonzept vorgelegt. Die bisherige Ablehnung durch das Ordnungsamt wird nicht widerspruchslos hingenommen und die Kontroverse schon mal der Mülheimer Bevölkerung bekanntgemacht ..." (Mehr dazu)

 

In Nürnberg wurde die von der MLPD angemeldete Kundgebung unter strengen Auflagen genehmigt. Es werden nur 20 Teilnehmer erlaubt. Untersagt wurde jede öffentliche Werbung für die Kundgebung. Ein Korrespondent schreibt: "Zunächst wollte das Ordnungsamt sogar den Lautsprechereinsatz verbieten, denn dieser 'könne ja Leute anziehen'. Nach heftigen Protest mussten sie diesen Angriff auf das Versammlungsrecht, der mit dem Schutz vor Ansteckung mit dem Coronavirus nicht das Geringste zu tun hat, dann fallen lassen.

 

Die Kundgebung wird deshalb auch den Protest gegen diese Schikanen enthalten, die mit dem Gesundheitsschutz nichts mehr zu tun haben. Wir erklären uns auch solidarisch mit anderen Anmeldern, insgesamt sieben in Nürnberg, die mit ähnlichen Auflagen und Demoverboten belegt wurden. Die Kundgebung findet am 1. Mai ab 11 Uhr in der Fürther Str. 81 am Platz vor dem Ludwig-Eisenbahn-Denkmal statt."

"So einen 1. Mai hat noch keiner von uns erlebt"

In Reutlingen und in Tübingen wird es einen kämpferischen 1. Mai auf den Marktplätzen der beiden Städte geben. In einem Bericht ist zu lesen: "Beide Kundgebungen sind genehmigt in kooperativen Gesprächen mit den Verantwortlichen der Städte, in Tübingen sogar 200 Teilnehmer, ein Büchertisch und so weiter. So einen 1. Mai hat noch keiner von uns so selbständig vorbereitet und erlebt. Er wird in die Geschichte eingehen!" Dem voraus ging eine Kulmination und breite Empörung über einen Polizeieinsatz beim Ostermarsch mit Bußgeldern zwischen 100 und 1.000 Euro. Der reaktionäre OB Boris Palmer (Grüne) musste bald zurückrudern. Die Polizei zog alle Anzeigen zurück. Das stärkte die Bündnisse für die Aktionen am 1. Mai.

 

Auch in Rostock wurde die von MLPD und Montagskundgebung angemeldete Kundgebung um 11 Uhr auf dem Doberaner Platz genehmigt. (Mehr dazu)

Freiwillig zur Schicht gemeldet, um Kollegen zu mobilisieren

In Solingen sprachen sich aufgrund eines breit per Email und persönlich verbreiteten Aufrufs zu einer selbständig organisierten Mai-Kundgebung einige Kolleginnen und Kollegen sowie Genossen bei zwei Video-Konferenzen ab. Aus verschiedenen Metallbetrieben wollen sich Kollegen beteiligen. Alevitische Kräfte wollen sich engagieren. Der Aufruf machte schnell die Runde in Solingen und verschaffte den Initiatoren Respekt. Zwei Kollegen aus einem großen Automobilzulieferer haben sich extra zur am Montag beginnenden freiwilligen Schicht gemeldet, um ihre Kollegen zum 1. Mai zu mobilisieren. (Mehr dazu)

 

In Wuppertal zog die Stadt ihr Verbot zurück, noch bevor das Gericht über die Klage gegen das Verbot der 1. Mai-Kundgebung entschieden hatte. Sie genehmigte die Kundgebung auf dem Engelsbruch beim Engelsmuseum noch am selben Tag, wie beantragt mit 50 Teilnehmern.

Breites Bündnis auch in Ulm

In Ulm hat die Stadt bereits die Teilnahme von 150 Menschen genehmigt. Zur gemeinsamen Kundgebung um 11 Uhr am Münsterplatz rufen auf: ADHF, AGEB, AGIF, Anadolu Federasyonu, ATIF, DKP Ulm, Grup Yorum Kollektive, HALK CEPHESI, HDP, HDK, Internationalistisches Bündnis, KON-MED, Lila Rot Kollektiv, MLPD, Partizan, PGI/MLM, Jugendverband REBELL, SKB Ulm, SYKP, SYKP-Frauenrat, Umweltgewerkschaft Gruppe Ulm, Y.D.G., Yeni kadin und Young Struggle.

 

Liste aller bisher bekannten und angemeldeten Aktionen zum 1. Mai 2020