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"Allgegenwärtiger Mangel in Altenheimen" - eine Hausärztin berichtet

Eine Hausärztin, die unter anderem ältere und alte Patienten in verschiedenen Altenheimen in Duisburg besucht, berichtet über ihre Erfahrungen:

Korrespondenz
"Allgegenwärtiger Mangel in Altenheimen" - eine Hausärztin berichtet
(foto: geralt / Pixabay)

Es herrscht eine gespannte Ruhe – in den vier Einrichtungen ist bisher keine Corona-Infektion aufgetreten, aber die Sorgen sind spürbar. Das seit Wochen bestehende Besuchsverbot hat Auswirkungen. Die Bewohnerinnen und Bewohner vermissen ihre Angehörigen, das können auch die Initiativen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Beschäftigung und Abwechslung nicht auffangen. Eine Sängerin hat letzte Woche ein kleines Konzert für die Bewohnereinnen und Bewohner eines Altenheims gegeben - mangels anderer Möglichkeiten auf einer Drehleiter der Feuerwehr aus fast 20 Meter Höhe, ein Highlight!

 

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind sehr engagiert, aber eine Pflegerin sagt: „Die Demenzkranken sterben. Sie legen sich ins Bett und essen und trinken nicht mehr. Sie sind auf Zuwendung, Nähe und Körperkontakt angewiesen, wenn das nicht geht, geben sie auf.“ Das ist schwer zu ertragen!

 

Auf die Frage nach ausreichenden Schutzkitteln und Masken gibt es eher vage Antworten: Ja, wir haben Schutzkittel und es gibt Pläne für eventuelle Quarantänemaßnahmen, aber ob das ausreicht, wenn es wirklich zu Infektionen kommt …? „Dann ist kein Halten mehr.“

 

Ich sehe einen Korb bunter, selbstgenähter Masken, die werden abends gewaschen und am nächsten Tag wieder ausgeteilt – originell und solidarisch, aber professionell? Wie beurteilen die Mitarbeiter das Krisenmanagement der Verantwortlichen und der Regierung?

 

Die Meinungen sind geteilt. Viele haben sich im Laufe der Jahre in bestimmter Weise an den ständigen und allgegenwärtigen Mangel gewöhnt, vor allem den Personalmangel, aber auch an Hilfsmitteln, kulturellen Angeboten und so weiter. Diese Denkweise muss aufgebrochen werden, denn die salbungsvollen Worte über den tollen Einsatz der Pflegerinnen und Pfleger nützen herzlich wenig zur Lösung der Probleme, weder zur Bewältigung der Krise als auch danach. Wir sind uns einig – die Ausbildungskapazitäten müssen massiv erhöht und mehr Personal muss eingestellt werden, 4.000 Euro Mindestlohn werden gefordert - wo sind die Initiativen und realen Maßnahmen der Verantwortlichen dazu?

 

Wir sind uns auch einig, dass alle Bewohner und Beschäftigte der Altenheime auf Covid-19 getestet werden müssen, regelmäßig. Das Robert-Koch-Institut hat diese Woche bekanntgegeben, dass die Testkapazitäten von fast einer Million Tests pro Woche nur etwa zur Hälfte genutzt werden. Warum wird das nicht gemacht? Die Forderung nach massiver Ausweitung der Tests muss durchgesetzt werden. Anders ist die Beherrschung der „Hotspots“ Altenheime nicht denkbar, ohne dies wird eine weitere Infektionswelle nicht aufzuhalten sein, wirksame Medikamente stehen noch nicht zur Verfügung.

 

Eine sogenannte „Herdenimmunität“ als Schutz vor Infektionen ist nur mit einem Impfstoff möglich und der ist noch nicht wirklich in Sicht. Es sind u.a. noch viele Fragen im Zusammenhang mit den Eigenschaften des Virus unklar. Die Herstellung eines sogenannten mRNA-Impfstoffs ist zwar technisch nicht so schwierig, aber in Bezug auf die Effektivität, Sicherheit, mögliche Nebenwirkungen und ernsthafte Risiken ist noch vieles offen. Grund genug für die Verstärkung der Überzeugungsarbeit und Organisiertheit!

 

Die Medizinierplattform des Internationalistischen Bündnisses hat in ihrem Forderungprogramm dazu die folgenden Forderungen aufgestellt:

 

"...Die Erfahrungen des Managements der Coronakrise in Südkorea zeigen, dass die frühe Erkennung von Infektionsketten und die schnelle Isolierung Infizierter ein wesentlicher Schlüssel zur schnellen Reduktion der Infektionen ist.

Dazu bedarf es:

– flächendeckende Testungen von gefährdeten Personen (medizinisches Personal,

Altenpfleger, Reinigungskräfte in medizinischen Einrichtungen, Beschäftigte in der lebenswichtigen Produktion und Versorgung) und schnellst mögliche flächendeckende Ausweitung der Testung für die gesamte Bevölkerung! Umgehender Einsatz von Schnelltests! Breite Anwendung der serologischen Tests, um zu erfassen, welcher Anteil der Bevölkerung bereits immunisiert ist ...

 

– Personelle Aufstockung der staatlichen Gesundheitsbehörden zur Ausdehnung der Probenentnahme, ggf. mit mobilen Labors – weitere Einhaltung von Mindestabständen von 1,5 – 2 Metern; Aufklärung für eisernes einhalten der Hygieneregeln usw.

– Sofortige Massenproduktion aller notwendigen Schutzartikel und Versorgung der ganzen Bevölkerung mit Mund-Nase-Schutzmasken und aller im Gesundheits- und Pflegebereich Beschäftigten sowie von besonders gefährdeten Menschen mit FFP2/FFP3-Masken! ...

 

Das Gesundheitswesen wird seit Jahren auf Profit getrimmt. Die Versorgung der Bevölkerung leidet darunter.

Ausgleich aller Einnahmeausfälle für Praxen und Kliniken durch die Krankenkassen mittels einer staatlichen Sondereinzahlung in den Gesundheitsfonds. Diese ist durch eine umsatzbezogene Unternehmersteuer zu finanzieren.

Wir unterstützen eindringlich die Forderungen von Ver-di zur Personalaufstockung fürmedizinisches und Reinigungspersonal, umfassende Ausstattung mitSchutzausrüstungen. Keinerlei Aufweichung von Hygienestandards!

Nicht nur „würdigen und danke“ sagen“, sondern auch deutliche Lohnerhöhungen für das Pflegepersonal und andere Beschäftigte – auch über die Pandemie hinaus!

Schaffung von Ausbildungsplätzen im Gesundheitsbereich!

Keine Schließung von Krankenhäusern! Der Krankenhausbedarfsplan muss sich nach den

Bedürfnissen der Bevölkerung richten!

Kostendeckende Finanzierung aller Kliniken und Praxen!

Gegen die Privatisierung und Kommerzialisierung des Gesundheitswesens!"

 

Hier kann das komplette Forderungprogramm gelesen werden!