Grundgesetz
Zur Auseinandersetzung in den Gewerkschaften im Kampf gegen die Notstandsgesetze
Im Artikel zum 71. Jahrestages des Grundgesetzes auf "Rote Fahne News" hieß es (1): „Schon 1968 wurden die mit einem Generalstreik der Gewerkschaften bekämpften Notstandsgesetze zum Bestandteil des Grundgesetzes.“ Das stimmt so nicht.
Richtig ist, dass es innerhalb der Gewerkschaften bis hin u Funktionären auf mittlerer Ebene Widerstand gegen die geplanten Notstandsgesetze gab. Auch die Gewerkschaftsvorstände lehnten noch Anfang der 1960er-Jahre die Notstandsgesetze ab. Einzelne Gewerkschaften wie die IG Metall, NGG, Holz, Textil-Bekleidung und die DGB-Bundesjugendkonferenz hatten sich für einen Streik, ja sogar Generalstreik ausgesprochen. Die Bewegung gegen die Notstandsgesetze verstärkte sich 1965, als klar wurde, dass sich die SPD-Führung mit der CDU/CSU in geheimen Absprachen auf eine Vorlage für die Notstandsgesetze einigte - als Eintrittskarte für die Beteiligung an der Regierung 1966.
Der DGB-Landesbezirk Hessen und andere örtliche Gewerkschaftsorganisationen forderten 1968 den DGB zu einem Generalstreik zur Verhinderung der dritten Lesung des Gesetzes auf. Mit der Zustimmung der SPD-Führung zu den Notstandsgesetzen schwenkten die reformistischen Gewerkschaftsführer – nahezu alle Mitglieder der SPD – voll auf die SPD-Linie ein. Der damalige IG-Metall-Vorsitzende Otto Brenner erklärte, dass die IG Metall nicht gegen eine vom Parlament mit Zweidrittelmehrheit beschlossene Notstandsverfassung streiken würde.¹ Der Bundesvorstand des DGB beschloss am 19. Mai 1968 eine Resolution gegen „einen allgemeinen Streik zur Verhinderung der Notstandsgesetze“ und sprach allen Landesbezirken das Recht ab, Proteststreiks durchzuführen.²
Als Begründung für die Ablehnung nannte der DGB-Vorstand das „Verbot politischer Streiks“ und behauptete, die Mitglieder würden solch einem Aufruf nicht folgen. Ein Versuch, die eigene Kapitulation und den parteipolitischen Missbrauch der Gewerkschaften zu rechtfertigen. Trotzdem kam es in vielen Städten zu Streiks und Kundgebungen.
Nutzen wir deshalb den „Tag des Grundgesetzes“ zur Diskussion mit unseren Kolleginnen und Kollegen: zur Aufklärung über den Klassencharakter der Verfassung, zur Kritik am parteipolitischen Missbrauch der Gewerkschaften durch die reformistische Gewerkschaftsführung und zur Verankerung der Notwendigkeit des Kampfs um ein vollständiges und allseitiges gesetzliches Streikrecht.