Hamburg
16. Balkonaktion in St. Pauli: Flüchtlinge sind keine Menschen zweiter Klasse
Am 28. Mai fand die 16. und vorläufig letzte Balkonaktion am Hein-Köllisch-Platz statt.
Im Zentrum stand die besondere Problematik der Corona-Krise für die über 30.000 Flüchtlinge in Hamburg. Von Beginn an hat unsere Balkonaktion zur Solidarität mit den Flüchtlingen in den Lagern in Griechenland aufgerufen. Viele Bewohner haben Soli-Transparente im Fenster. Die „Lampedusa-Flüchtlinge“ hatten viele Monate Asyl in der Kirche am Platz.
Covid-19-Fälle in 25 Flüchtlingsunterkünften
Diesmal ist es gelungen, einen Vertreter des Hamburger Flüchtlingsrats, Franz Forsmann, für die Teilnahme an der Balkonaktion zu gewinnen. Nach dem traditionellen Begrüßungslied „Bella Ciao“ informierte er sachkundig und engagiert über die Lage der Flüchtlinge in Hamburg.
In 25 Flüchtlingsunterkünften sind Covid-19-Fälle aufgetreten. Flüchtlinge in der Sammelunterkunft Albert-Einstein-Ring, in der 450 Menschen zusammengepfercht sind, protestierten schon im April gegen die völlig unzureichenden Schutzmaßnahmen. Ihr lauter Protest wurde von der Leitung der Unterkunft so beantwortet, dass sie die Polizei rief. Tatsache ist, dass sich oft mehr als 20 Flüchtlinge die Küche und das Bad in den Unterkünften teilen müssen. Abstandsregeln werden damit ad absurdum geführt.
Senat und Behörden vertuschen
Der Unterkunftsbetreiber „Fördern und Wohnen“ traut dem Frieden wohl selbst nicht: Es gibt einen Pandemieplan, in dem von einer möglichen Infektionsrate von 20 Prozent unter den - in Hamburg untergebrachten - Flüchtlingen ausgegangen wird. Die engagierte Flüchtlingshelferin Susi Petzold erhob schwere Vorwürfe gegen „Fördern und Wohnen“: Am 1. Mai-Wochenende starb ein Bewohner einer Unterkunft an den Folgen von Corona im Krankenhaus.
Frau Petzold kritisiert, dass danach faktisch nichts passierte: Weder ließ sich das Gesundheitsamt zeitnah blicken, noch wurde dieser Todesfall in ausreichendem Maße unter den Bewohnern publiziert. Die ausweichende Stellungnahme des Altonaer Gesundheitsamts ist empörend: „Es wurden die engen Kontakte der infizierten Person informiert und für diese eine häusliche Quarantäne angeordnet.“¹ Quarantäne in einer Sammelunterkunft?!
Sofortige Evakuierung!
Franz Forsmann berichtet, dass der Hamburger Flüchtlingsrat die sofortige Evakuierung der Risikogruppen aus den Unterkünften und die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge in geeigneten Wohnungen und nicht ausgelasteten Hotels fordert. Das haben wir aus vollem Herzen unterstützt.