Krisenmanagement im Kreuzfeuer (19)
Rückgang bei Ausbildungsplätzen – Jung und Alt herausgefordert
„AZUBI-Alarm in Deutschland. März und April 61 Prozent weniger Lehrstellen gemeldet“ (im Vergleich zu den Vorjahresmonaten) - so "Bild" vom 26. Mai.
In einer Umfrage von ausbildung.de vom 8. Mai unter 700 Azubis und 1.700 Schülern äußerten 59 Prozent aller Ausbildungsbewerber Angst, dass sie „aufgrund der Corona-Krise“ keinen Ausbildungsplatz bekommen. Laut IG Metall haben 8 Prozent der Betriebe angekündigt, dass es zu „Problemen“ bei der Übernahme von Azubis komme. Dabei beginnt der Sturm in der Ausbildungsfrage erst. Was sich in den nächsten Monaten in der Existenzfrage Berufsausbildung zusammenbraut, ist dramatisch.
Der teils dramatische Rückgang bei den Ausbildungsplätzen ist bis ins Jahr 2019 zurückzuverfolgen. Er ist ein Bestandteil der aktuellen Weltwirtschafts- und Finanzkrise, die durch die Corona-Pandemie jetzt verstärkt wird. Wie in den Schulen dieser Tage noch offenkundiger wird, dass schon lange Lehrer fehlen, so tritt bei der Ausbildung von Azubis offener zum Vorschein, wie diese systematisch heruntergefahren wurde: inzwischen sind 2,1 Millionen Jugendliche „ohne Berufsabschluss“ - mehr als je zuvor.
Seit 2007 wurden 10 Prozent der Ausbildungsplätze vernichtet
Nach Angaben des DGB suchten im letzten Jahr offiziell 73.700 Jugendliche vergeblich nach einem Ausbildungsplatz. Das widerlegt die Propaganda, es gebe mehr Lehrstellenangebot als Nachfrage.
Die Regierung zeigt mit dem Finger auf südeuropäische Länder mit einer Jugendarbeitslosigkeit von 30 bis 40 Prozent. Dagegen sei Deutschland eine Art „Insel der Glückseligen“ für Arbeiterjugendliche. Überhaupt nicht glückselig fühlen sich 800.000 jugendliche Leiharbeiter und 650.000 Werksverträgler (die auch meist den Großteil bei Entlassungen stellen). Insgesamt haben in der BRD über die Hälfte der unter 25-Jährigen keinen festen Job.
Am 26. Mai hat ein Gipfeltreffen der „Allianz für Aus- und Weiterbildung“ unter Leitung von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil stattgefunden. Dabei wurden weitere Krücken angesichts des Ausbildungsplatzrückgangs beschlossen. Es soll Prämien für Betriebe geben, die Azubis aus insolventen Betrieben übernehmen. Die „Einstiegsqualifizierung“ (aus dem Übergangsbereich) und die außerbetriebliche Ausbildung soll ausgebaut werden. Diese Maßnahmen sollen zugleich als Beruhigungspillen wirken, dass „wir die Krise irgendwie schon zähmen werden“.
Dabei lässt sich an drei Fingern abzählen, dass es in den nächsten Monaten zu Massenentlassungen kommt und Tausende Betriebe an der Kombination von Weltwirtschafts- und Finanzkrise und Corona-Krise zugrundegehen werden. Wer wird davon wohl als Erstes betroffen sein?
Nicht angerührt werden damit die Hauptverursacher der Entwicklung bei den Ausbildungsplätzen: die Großbetriebe, die in den letzten zehn Jahren rund 90.000 ihrer Ausbildungsplätze abgebaut haben. Bei den Übermonopolen setzte die Vernichtung von Ausbildungsplätzen spätestens 2019 mit der Weltwirtschaftskrise in größerem Stil ein. Ford: -38 Prozent von 2018 auf 2019; Opel: -60 Prozent von 2017 auf 2019; VW: -18 Prozent von 2019 auf 2020.
In der Weltwirtschaftskrise unter dem Druck des verschärften Konkurrenzkampfs geben sie dem Abbau ihrer eigenen Ausbildungsplätze einen kräftigen Schub, um den Maximalprofit zu erhöhen. Daimler gibt für sein Werk in Sindelfingen mit 25.000 Beschäftigten nur 850 Azubis in allen Lehrjahren zusammen an. Ähnliches Zurückfahren der eigenen Ausbildung in anderen Konzernbetrieben unterstreicht die Bedeutung der Forderungen von MLPD und REBELL:
Für die Verpflichtung der Großbetriebe zu einer Ausbildungsquote von mindestens 10 Prozent der Beschäftigten!
Unbefristete Übernahme aller Azubis entsprechend der Ausbildung!
Gerade in einer Weltwirtschaftskrise und Ausnahmesituation „Corona“ können diese Forderungen nur im Kampf durchgesetzt werden. Der Kampf muss um jeden Arbeits- und Ausbildungsplatz geführt werden – Jung und Alt gemeinsam! Das muss zum Thema in Lehrwerkstätten und Berufsschulen werden. Die Montagsdemos sind dafür auch geeignete Foren.
Für solche Kämpfe ist erst recht eine kluge Führung nötig, wie sie MLPD und REBELL aufgrund einer jahrzehntelangen Auswertung von Arbeiterkämpfen zur Verfügung stellen. Jede(r) wird gebraucht, das in MLPD und REBELL zu erlernen und mitzutragen.