Krisenmanagement im Kreuzfeuer (20)

Krisenmanagement im Kreuzfeuer (20)

Neues Konjunkturprogramm: „Mit Wumms aus der Krise“?

Hochdramatisch wurde gestern Nacht das neue Konjunkturprogramm der Bundesregierung der Öffentlichkeit vorgestellt. Weder Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ließen es sich nehmen, es bei der hochkarätigen Pressekonferenz zu präsentieren. Nach zwanzigstündigem Verhandlungsmarathon wäre es gelungen, jetzt ein „historisches Konjunkturprogramm von 130 Milliarden Euro“ zusammenzuzimmern. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung"schrieb: „Ein großer Teil davon geht an die Kommunen, auch Familien erhalten Unterstützung.“

Von wb / mas / pw
Neues Konjunkturprogramm: „Mit Wumms aus der Krise“?
(foto: Alexas_Fotos / Pixabay)

Und in der Tat enthält das Programm eine Reihe von Zugeständnissen an die Massen, wie der einmalige Kinderbonus von 300 Euro pro Kind oder die Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 bzw. sieben auf fünf Prozent bis Ende 2020. Die prognostizierten drastischen Einbrüche bei den Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen sollen zur Hälfte vom Bund ausgeglichen werden. Die Kaufprämien zugunsten des Absatzes der Automonopole werden nicht auf Benziner und Diesel-Autos ausgedehnt. Hat sich jetzt also die SPD mit Scholz gegen die gierigen Konzerne und für die kleinen Leute durchgesetzt?

 

Die DGB-Führung begrüßt das Konjunkturprogramm und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder von der CSU schwärmte auf der Pressekonferenz geradezu über die wunderbare Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften. Man reibt sich verwundert die Augen!

 

Tatsächlich sah sich die Bundesregierung gezwungen, bestimmte Zugeständnisse an die Massen zu machen. Denn unter den Massen wächst die Kritik, dass der Regierung vor allem die Gesundung der Konzerne am Herzen liegt, wie schon in der letzten Krise 2009. Eine Kritik zu der nicht zuletzt die MLPD beigetragen hat. An verschiedenen Punkten, an denen sich der Unmut entzünden oder Kämpfe entstehen können, wollen Regierung und Monopole präventiv eingreifen. Die tiefste Weltwirtschafts- und Finanzkrise seit 1929, die durch die Corona-Krise befeuert wurde, stellt für immer mehr Menschen ihre Zukunft infrage. Zum erwünschten psychologischen Aspekt erklärte CSU-Söder: „Wir müssen den Menschen Perspektiven bieten.“

Stefan Engel: Eine Tendenz zur gesamtgesellschaftlichen Krise

Viel Klärungsbedarf besteht in der gegenwärtigen Situation. Zusammenhänge, Hintergründe und treffende Qualifizierungen sind gefragt. Auf der Montagsdemonstration am 25.05. in Gelsenkirchen hielt er einen viel beachteten Redebeitrag.

zur Erklärung

zum Rote Fahne Magazin

Aber selbst wenn das Konjunkturprogramm tatsächlich eine historische Größe von 130 Milliarden Euro hat – es kann als nationales Konjunkturprogramm niemals gegen die internationale, ja eine Weltwirtschafts- und Weltfinanzkrise effektiv wirksam werden. Diese Krise verschärft sich gegenwärtig und Deutschland ist besonders vom Export abhängig. Bei der Aussage von Scholz, dass man mit diesem Programm „mit Wumms aus der Krise komme“ , war wohl der Wunsch der Vater des Gedanken.

Monopolforderungen im Konjunkturprogramm versteckt!

Die Regierung traute sich auch nicht, die dreisten Forderungen der Automonopole vollständig zu befriedigen. Aber natürlich ist auch das jetzige Konjunkturprogramm ein Konjunkturprogramm der Subventionierung der internationalen Monopole. Zur Ankurbelung des Absatzes von PKWs werden 6000 statt 3000 Euro Prämie pro Elektroauto versprochen. Mit der Senkung der Mehrwertsteuer soll der Absatz befördert werden. Schon jetzt ist klar, dass diese Senkung der Mehrwertsteuer auch nur teils an die Massen weitergegeben wird. Zu der Kritik, dass die Konzerne die Mehrwertsteuersenkung für sich verbuchen, meint der bürgerliche Ökonom Jens Südekum dreist: „Selbst wenn das so ist: so what?" Denn immerhin würde das doch die Solvenz der Großkonzerne unterstützen, also ihre Maximalprofite sichern. So offen spricht die Bundesregierung natürlich nicht. Gerne wird auch in der bürgerlichen Medienberichterstattung herausgehalten, dass immerhin 75 der 130 Milliarden Euro an Unternehmen als „Überbrückungshilfen“ und zur Förderung von sog. „Zukunftsinvestitionen“ vorgesehen sind. Natürlich wird ein Teil des Geldes hier an kleinere Betriebe gehen. Das Gros sacken sich aber wieder die Monopole ein.

 

Interessant ist, dass wesentliche Forderungen des Monopolverbandes BDI an die Bundesregierung¹ sich eher unscheinbar, weil nicht exakt berechnet, gegen Ende des Regierungspakets befinden: „So wird der sogenannte steuerliche Verlustrücktrag erweitert. Betriebe können damit aktuelle krisenbedingte Verluste schon im laufenden Jahr mit Gewinnen aus dem Vorjahr verrechnen.“²

 

Auf Deutsch: Die Monopole erwarten Steuerrückzahlungen im Jahr 2020 für früher einmal gezahlte Gelder. Auf kommunaler Ebene wird es dann teilweise vom Bund ausgeglichen, während die Monopole profitieren. Außerdem sollen Güter schneller abgeschrieben werden (mindert auch die Steuerlast) und sind Profitentlastungen bei der Körperschaftssteuer vorgesehen.

 

Das 130-Milliarden-Konjunkturprogramm wird die Verschuldungsquote abermals nach oben treiben, die bereits mit dem letzten 156-Milliarden-Euro-Programm von Mitte März von 59,8 Prozent auf 75,25  Prozent gestiegen ist. Es ist jetzt schon abzusehen, dass dafür früher oder später die Massen zur Kasse gebeten werden. Wie sagte schon der Dichter Bertolt Brecht: „Prüfe die Rechnung - du musst sie bezahlen!“

 

Die Zugeständnisse selbst sind alle nur zeitweiliger Natur, eine Einmalprämie für Kinder, die Mehrwertsteuer senken bis Ende 2020 … Aber die Folgen von Kurzarbeit, wachsender Arbeitslosigkeit, Angriffen in den Betrieben, Umverteilung des Nationaleinkommens gehen viel länger und tiefer.

 

Im Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten können die Leute auf die MLPD zählen. Weder Merkel noch Scholz können die kapitalistischen Krisen abschaffen. „Wer die kapitalistischen Krisen abschaffen will, muss den Kapitalismus abschaffen und den Sozialismus errichten!“ ³


Mehr zum bürgerlichen Krisenmanagement im Grundsatzartikel von Stefan Engel: „Eine Tendenz zur gesamtgesellschaftlichen Krise..."