Air-Line
Dreist, dreister, Lufthansa!
Kaum hatte die Bundesregierung dem Lufthansa-Vorstand ihr „Rettungspaket“ für den Konzern in Höhe von unfassbaren 9 Milliarden Euro als Präsent auf den Tisch gelegt, erklärte der Vorstand gestern, es gäbe „in Folge der Corona-Krise“ im Konzern einen „rechnerischen Überhang“ von 22.000 Vollzeitstellen. Weltweit sind bei der Lufthansa zurzeit 138.000 Kolleginnen und Kollegen beschäftigt. Eine „signifikante (deutliche) Senkung der Personalkosten“ sei „alternativlos“, so Personalchef Michael Niggemann. Das bedeutet nichts anderes als Massenentlassungen und massiven Lohnraub.
Vor dem „Rettungspaket“ war „nur“ von "deutlich mehr als 10.000 gefährdeten Stellen" die Rede. Das war schon dreist, hatte die Lufthansa in den letzten beiden Jahren doch fast 5 Milliarden Euro Gewinne eingeflogen. Noch dreister war die Forderung nach 10 Milliarden Euro Staatshilfe - so tief wollte der Lufthansa-Vorstand in die Taschen der werktätigen Massengreifen – und die Bundesregierung sprang eilfertig in die Bresche. Damit wurde der Eindruck erweckt, auch die Zukunft der Belegschaft sei weitgehend sicher.
Die MLPD erklärte schon am Tag der Verabschiedung des „Rettungspakets“: „Real ist es so, dass bei Großkonzernen Verluste vergesellschaftet werden, die Profite aber privat bleiben. Man darf wetten, dass als nächstes Verzichtsprogramme für die Beschäftigten bekannt werden.“
Und so ist es. Nun versucht der Lufthansa-Vorstand unverfroren, überfallartig zum einen die Krisenlasten auf die Kolleginnen und Kollegen abzuwälzen und zugleich auf ihrem Rücken den Konzern so umzubauen, dass er aus dieser Krise im internationalen Konkurrenzkampf um den heiß umkämpften Fliegerei-Markt als Sieger hervorgeht.
Denn der "Luftraum", in dem sich unter anderem die Lufthansa bewegt, ist ein heiß umkämpfter Markt: In verschiedenen neuimperialistischen Ländern bestehen die Monopole und Übermonopole nicht aus Industriebetrieben sondern auch aus Flugverkehrsgesellschaften. "Emirates" aus den neuimperialistischen Vereinigten Arabischen Emiraten ist hier ein Top-Beispiel. Diese Air-Lines greifen etablierte Fluggesellschaften aus den alten imperialistischen Staaten - wie eben die Lufthansa - aggressiv an. Was jetzt im Falle Lufthansa passiert, ist nichts anderes, als dass der deutsche Imperialismus zugunsten der deutschen Air-Line eingreift, um ihre Position am Markt zu schützen.
Als Rechtfertigung wird angeführt, dass nach der Corona-Krise die Erholung der Nachfrage im Luftverkehr nur langsam verlaufen und die Flotte der Lufthansa Group rund 100 Flugzeuge weniger zählen würde. Die Lufthansa müsse ihre Mitarbeiterzahl eben dem Flugbetrieb anpassen. Aber wo sind denn bitte die Milliarden-Gewinne der letzten Jahre geblieben, und wofür sollen eigentlich die 9 Milliarden Euro der Regierung verwendet werden? Zweitens sei auch das entwickelte Umweltbewusstsein der Bevölkerung schuld. Denn „unsere Mobilität wird sich voraussichtlich grundlegend verändern“. Dass deshalb die Air-Lines auf Wachstum verzichten würden, ist eine fromme Mär. Drittens kämen die europäischen Auflagen zum Rettungspaket dazu, 24 Start- und Landerechte in Frankfurt und München zu streichen. Aber selbst Luftfahrt-Experten bezweifeln, dass das gravierende Auswirkungen hat.
Geflissentlich verschwiegen wird, dass die Lufthansa-Führung schon seit langem ein „Gesundschrumpfen“ des Konzerns plant. Seit 2009 gibt es heftige Auseinandersetzungen zwischen der Lufthansa und den Gewerkschaften Cockpit und UFO gegen Lohnraub und das Unterlaufen von Tarifverträgen, gegen den Abbau von Arbeitplätzen bzw. Ersetzung durch Leiharbeit, gegen Teilverlagerungen von Air-Lines ins Ausland, gegen die Verschlechterung der Rentenregelungen usw. Jetzt soll das alles geballt umgesetzt werden.
Bewusst hatte die Bundesregierung deshalb auch den Weg für diesen Überfall auf die Belegschaft frei gemacht. Das „Rettungspaket“ enthält keinerlei Verpflichtungen für die Absicherung der Beschäftigten, es ist ein reines Subventionsprogramm für diesen Vernichtungskampf um die Vorherrschaft in der Luft. Bei der Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums hört sich das so an: „Das Unterstützungspaket für die Lufthansa war und ist wichtig, damit Lufthansa als zentraler deutscher Carrier erhalten bleibt.“ Es ging also um eine gigantische Finanzspritze für das Übermonopol Lufthansa, um die Rivalen aus den USA, den arabischen Staaten, aus China oder der Türkei ausstechen zu können.
Jetzt hofft die Lufthansa darauf, ihre Angriffe auf die Belegschaften ohne Kampfmaßnahmen der Gewerkschaften UFO und Cockpit durchziehen zu können. Entsprechend appellierte die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums an "alle Akteure", in der aktuellen Krisensituation sei „eine enge Abstimmung zwischen dem Unternehmen, den Betriebsräten und Sozialpartnern unabdingbar". Vor der Krise ließen sich weder ver.di, noch COCKPIT oder die UFO vom Lufthansa-Vorstand erpressen und hielten an der Entfaltung ihrer gewerkschaftlichen Kampfkraft fest. Das verhinderte bisher zumindest teilweise, dass dieser seine Pläne gegen die Kolleginnen und Kollegen durchziehen konnte.
Auch in der Krise kann man kämpfen! Gerade jetzt ist der Lufthansa-Vorstand auch angreifbar. Kampf um jeden Arbeitsplatz! Weg mit den Massenentlassungen! Für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich!