Corona-App
Späte Geburt
Da ist sie! Die Corona-Warn-App! Und damit niemand das Ereignis verpasst und alle Handy-Besitzer sich das Ding herunterladen, haben sich ihre Förderer etwas einfallen lassen.
Der Presseraum der Bundesregierung abgedunkelt. Selbst Minister Spahn fühlt sich an seine Messdienerzeit erinnert: „Wie im Andachtstraum“ murmelt er. Scheinwerfer erleuchten weiße Plakatwände mit dem zehnfach wiederholten Schriftzug „Corona-Warn-App“. Doch eher im Zirkuszelt gelandet? Trommelwirbel – fehlen.
Nicht ganz. Dafür sorgen die Leute auf dem Podium. Da ist gekommen Horst Seehofer (CSU), von dem man gar nicht wusste, dass er auch den Titel des Hüters von „Datenschutz und Informatinssicherheit“ trägt. Daneben Christine Lamprecht (SPD), die nicht nur Justiz-. sondern auch Verbraucherschutzministerin ist. Die Digitalbeauftragte Dorothee Bär macht die Moderation und schweigt ansonsten. Aber der Kanzleramtsminister, Helge Braun, kann sich vor Begeisterung nicht fassen: „Ein kleiner Schritt für jeden von uns, aber ein großer Schritt für die Pandemiebekämpfung!“ War da nicht was mit der Mondlandung? Aber da gibt es ja bis heute die Vermutung, dass das nur ein noch größerer Fake war.
Aber dann die Macher der App: Telekom-Chef Tim Röttgers findet, das Ding ist ein „Rockstar“ und bedankt sich für die „ultrapäzise“ Technik bei Google, SAP und Apple. Bei solchen Geburtshelfern und Paten wird doch niemand Skepsis in Sachen Datenschutz aufkommen lassen. Oder? Zwar können überhaupt nur 60 Prozent der Smartphones in Deutschland die App laden. Macht nix: Für diejenigen, die noch kein dafür funktionsfähiges Handy haben, bietet die Telekom Handys in ihren Shops an. Auf dem modernsten Stand, versteht sich, die App kann dann gleich vor Ort installiert werden.
Ob das Ding funktioniert, Hindernisse überwindet, nach der Meldung eines getesten Infizierten Leute aus seiner Umgebung zuverlässig informiert, ohne Datenspuren zu hinterlassen? Ob die „Freiwilligkeit“ der Installation am Betriebstor endet, wenn die Geschäftsleitung das verlangt? Wer weiß das schon.
Im Ausland funktioniert der Rockstar sowieso noch nicht – die haben ihre eigenen Systeme. Mit kapitalistischer Konkurrenz hat das natürlich rein gar nichts zu tun.
Hat halt ein bißchen lange gedauert, aber die Leute sollen sich halt daran gewöhnen, dass solche Vertrauenspersonen wie Spahn, Seehofer, Lamprecht und Co. ihnen vorschreiben, was zu tun und zu lassen ist. Oder sie lassen das.