Opel Bochum

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Betriebsrenten: Brief eines Vaters zu den PSA/Opel-Plänen

Ein Vater schreibt an seinen Sohn bei Opel zu den PSA/Opel-Plänen, die Betriebsrenten anzugreifen.

Von einem Korrespondenten aus Hattingen
Betriebsrenten: Brief eines Vaters zu den PSA/Opel-Plänen
Opel-Belegschaft in Rüsselheim 2018 beim Warnstreik (rf-foto)

Hallo lieber Junge, ich danke dir für die Infos zum Plan eurer Geschäftsleitung, die Betriebsrenten zu kappen. Dazu mache ich mir folgende Gedanken. Vor allem möchte ich sagen, dass die Betriebsrente ein Lohnbestandteil und keine "Wohltat" des Konzerns ist.

 

Sie sollte wie ein Versuch, eine offene Lohnsenkung durchzupauken, abgelehnt werden. Der Vergleich zum Verbrannte-Erde-Kurs der RAG (Ruhrkohle AG, Anm. d. Red.) im Bergbau drängt sich auf, wo z.B. auch der Deputat-Kohlenklau ein Angriff auf die Altersrente ist. Abenteuerlich die Argumente von PSA-Opel: "5 Prozent Verzinsung sind passé" – sie meinen wohl im Zuge der „Null-Zins-“, oder sogar „Minus-Zins“-Politik. Mit dieser Logik werden schon länger Lebensversicherungen geschrottet, ist die Riester-Privatrente auf dem Müllhaufen der Sozialgeschichte gelandet.

 

Der PSA/Opel-Konzern glaubt wohl, dass die Kappung oder Senkung der Betriebsrente leichter durchzusetzen ist, weil diese als "freiwillige Zusatzleistung" hingestellt wird. Die Betriebsrente ist aber aus dem Mehrwert finanziert. Der Mehrwertanteil - d.h. der Teil an unbezahlter Arbeit, den sich das Monopol aneignet – liegt bei Opel bei ca. 55 Minuten pro Stunde. Nur die restlichen ca. 5 Minuten bekommt der Arbeiter als Lohn- und Sozialleistungen ausgezahlt. Der Vorstoß auf die Betriebsrente zielt also nur darauf ab, den Anteil der unbezahlten Arbeit bei der immens gesteigerten Produktivität der Industriearbeiter zu steigern.

 

Das breit geforderte "Hände weg von der Betriebsrente" ist ok - aber damit ist noch nicht klar, dass dies ein Teil des nötigen Lohnkampfs ist. Zugleich ist die Frage aufgeworfen, dass die Forderung "Weg mit dem Lohnsystem" auf die Tagesordnung gehört. Es geht um eine Gesellschaft, wo der gesellschaftlich geschaffene Wert bei denen bleibt, die ihn schaffen und nicht länger in den Milliarden-Profiten der Übermonopole verschwindet. Das leistet die sozialistische Gesellschaft. Wir werden, denke ich, diese Methoden der Monopole und ihrer Regierungen noch viel krasser erleben. Die Bild-Zeitung titelte kürzlich zur grandiosen Rentenerhöhung von 3 Prozent im Juli, die auch ich bekommen werde - "ist das jetzt die letzte Rentenerhöhung für die kommenden Jahre?" Also auch hier soll das Motto greifen - "die fetten Jahre sind vorbei, jetzt gehts andersrum".

 

Zur Betriebsrente noch persönliche Erfahrungen: Ich wurde in meinem Arbeitsleben – einmal offen und zweimal verdeckt – um eine Betriebsrente betrogen. Bei Daimler hatte ich keinen Betriebsrenten-Anspruch, weil ich dort erst sieben Jahre tätig war. Die Modellbau-Firma, bei der ich elf Jahre tätig war, ging 1994 pleite. Der Betriebsrenten-Anspruch verschwand in einem schwarzen Loch. Keiner der ca. 120 Kollegen hat davon je irgendetwas gesehen. Das gleiche bei der Pleite der Fahrzeugbaufirma, wo ich neun Jahre lang gearbeitet hatte.

 

An deiner Mutter kannst du sehen, dass es bei der Betriebsrente um die Substanz im Alter geht. Ihre Betriebsrente aus der Zeit im Öffentlichen Dienst macht mehr als 30 Prozent ihrer Rente aus! Ohne ihre Betriebsrente wäre ihr "Altersruhegeld" weit unter dem Satz der Grundsicherung, sprich: Sozialhilfe. Noch ein kleiner Hinweis aus der Welt des "realen Kapitalismus". Deine Mutter und ich bekommen derzeit einen Zahnersatz. Jetzt ist durch die Flucht vieler Kapitalanleger ins "Gold" der Goldpreis auf ca. 80 Euro pro Gramm (!) gestiegen. Folge: eine "Goldkrone" ist für mich jetzt unbezahlbar teuer. Es gibt allerdings wie ich hörte neuerdings brauchbaren Ersatz in der Form gefräster Keramikzähne.


Herzliche Grüße, halt die Ohren steif!

Dein Vater