Change for Future
Einige Fragen zu Tesla und zu den Kosten einer Industrieneuansiedlung
Bei der Aktion von "Change for Future" am 19. Juni 2020 in Hannover hielt ein Teilnehmer einen Redebeitrag zu der neuen Industrieansiedlung in Grünheide in Brandenburg. Genauer hinzusehen, wie das vor sich geht, könnte dabei helfen, welchen Preis eine Industrieneuansiedlung für Mensch und Natur hat.
Der US-Elektroautomobile-Hersteller Tesla will in Grünheide ein Montagewerk errichten. Aber noch ehe das Landesumweltamt das Projekt endgültig genehmigt hat und die Frist für Einwendungen der Bürger abgelaufen war, durften 90 ha Kiefernwald gerodet werden. Die Grüne Liga erreichte immerhin einen zwei Tage währenden Aufschub. 90 ha, das sind 0,9 km2. Diese gerodete Waldfläche entspricht ca. 5% der Fläche der Stadtteile Herrenhausen und Stöcken in Hannover. Nur nebenbei: Der Kiefernwald wurde im Rahmen der Diskussion von Befürwortern der Industrieansiedlung zur „Kiefernplantage“ und zum „Nutzwald“ umgetauft. Aber hat denn nicht jeder Wald, selbst ein monokultureller Kiefernwald, seinen Nutzen, denn er schluckt Feinstaub und CO2 und produziert Sauerstoff zum Atmen?
Das Elektroautomobile-Montagewerk Tesla will seinen ursprünglich geplanten Wasserverbrauch von stündlich 372 Kubikmetern Wasser (= 372.000 l) aufgrund von Protesten - vor allem denen der „Bürgerinitiative gegen Gigafactory Grünheide“ - um ein Drittel reduzieren. Die Lackiererei soll ausgelagert werden. Wieviel Wasser wird sie an anderem Orte verbrauchen? Das Tesla-Montagewerk wird aber auch nach dieser Reduktion stündlich noch 245.520 l verbrauchen. Damit verbrauchte das Werk mit fast 5.892.000 l pro Tag fast soviel Wasser wie die Stadt Brandenburg an der Havel mit über 72.000 Einwohnern oder doppelt soviel Wasser wie die 36.000 Einwohner von Herrenhausen/Stöcken in Hannover.
Rechtfertigt diese Industrieneuansiedlung ihre ökologischen Folgen für Wald und Grundwasser? Ist es zulässig, die Alternative „Tesla oder Trinkwasser“ zu formulieren, wie sie die „BI gegen Gigafactory Grünheide“ pointiert bestimmt?
Vielleicht hilft es, zu betrachten, welcher Art Elektroautomobile Tesla in Grünheide bauen will, um diese Frage zu entscheiden? In Grünheide werden hochpreisige Sport- und Geländewagen - wie z.B. das Modell Y - montiert werden, deren Akkupaket 750 kg schwer ist und deren Gesamtgewicht bei über zwei Tonnen liegt, das Modell S z.B. bringt ein Gesamtgewicht von 2.108 kg auf die Waage.
Sind diese Elektroautomobile die Art von Produkten, die die Alternative zum herkömmlichen Individualverkehr bilden? Welches Konzept gibt es für die Entsorgung der 750 kg schweren Akkupakete? Damit diese Elektroautomobile in Grünheide zusammengebaut werden können, müssen nach Grünheide allerdings die Straßen und der Bahnanschluss ausgebaut werden, damit die 450 LKWs, die täglich durch Grünheide rollen werden, um just in time die benötigten Teile anzuliefern, rechtzeitig eintreffen können.
Oder sollte Elon Musk aufgrund der Corona-Krise plötzlich die traditionelle Lagerhaltung als bessere Alternative wiederentdeckt haben? Da Musk die kalifornischen Ausgangsbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie am 12.05.2020 als „faschistisch“ beschimpft hat, ist damit wohl eher nicht zu rechnen. Wo auf der Welt werden denn die Teile produziert, die dann in Grünheide zusammengesetzt werden?
Sind jedoch alle diese Probleme nicht als eher gering einzuschätzen, weil diese Industrieneuansiedlung bis zu 12.000 Arbeitsplätze für das strukturschwache Land bieten werde? So verspricht es jedenfalls das Unternehmen. Stellt deshalb das Land Brandenburg 280.000.000 EUR als Förderung in Aussicht? Rechtfertigen aber neue Arbeitsplätze all diese Folgen: Grundwasserverknappung, Waldrodung sowie Lärmbelästigung und steigende Emissionen für die Einwohner durch die tägliche Zulieferung.