Öffentlicher Dienst
Endspurt in der Forderungsdiskussion zur Tarifrunde
Am 10. August beschloss die zuständige ver.di-Tarifkommission für die rund 140.000 Tarifbeschäftigten bei der Deutschen Post AG (DP AG) eine Entgeltforderung von 5,5 Prozent (Laufzeit: zwölf Monate) sowie Erhöhung der Ausbildungsvergütungen in jedem Ausbildungsjahr von monatlich 90 Euro. Am 28. August beginnen Verhandlungen, am 31. August endet für die Postler bereits die Friedenspflicht.
Auch im Öffentlichen Dienst laufen die Vorbereitungen auf die Tarifrunde. Der ver.di-Vorstand hat diesmal auf eine Forderungsempfehlung verzichtet. Unter dem Motto „Jetzt sind wir dran!“ konnte man sich bis zum heutigen 17.August online bei der Forderungsaufstellung einbringen (www.verdi.de). Das muss in der verbleibenden Zeit entschlossen genutzt werden, ebenso die Möglichkeit, sich als „Tarifbotschafterin“ bzw. „Tarifbotschafter“¹ zu bewerben und damit aktiv in die Debatte einzugreifen. Laut ver.di gibt es davon schon über 6000 Kolleginnen und Kollegen!
Virtuelle Befragungen können aber nicht die nötige persönliche, kollektive, auch kontroverse Diskussion mit den Kolleginnen und Kollegen ersetzen. Es gibt Einiges zu klären: Die kommunalen Arbeitgeber haben es bisher abgelehnt, mehr als den Inflationsausgleich zu bezahlen und das auch nur bei einer elend langen Laufzeit des Tarifvertrags von über 24 Monaten! Zudem setzen sie auf Verunsicherung: ver.di solle Vernunft annehmen, statt angesichts leerer kommunaler Kassen nun Verhandlungen „...auf dem Rücken der Allgemeinheit“ auszutragen, man könne letztlich nur verteilen was vorhanden sei. Damit werden ausgerechnet die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst für die Verschuldung der kommunalen Haushalte verantwortlich gemacht! In Deutschland gelten 2500 Kommunen mit zusammen 42 Mrd. Euro als überschuldet.
Das hat jetzt schon weitreichende Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse von 10 Mio. Menschen dort lebender Menschen. Im ersten halben Jahr ist eine der wichtigsten Einnahmen der Kommunen, das Gewerbesteueraufkommen insgesamt um etwa 28 Prozent gesunken – darin enthalten sind aber noch Monate vor dem Ausbruch der Corona-Krise. Die Folgen sind marode Schulen, Schwimmbäder, die oft geschlossen werden müssen, es gibt kein Geld für notwendige Zukunftsinvestitionen. Doch in den seltensten Fällen sind dafür die Kommunen verantwortlich. Wenn wie im Ruhrgebiet oder im Saarland ganze Branchen wie der Bergbau wegbrechen, dann fehlen den Kommunen Steuereinnahmen während gleichzeitig die Sozialausgaben steigen. Vor allem aber sind es die Gesetze des Bundes, die den Kommunen immer Lasten aufbürden, z. B. die Ausgaben für Flüchtlinge oder Asylbewerber.
Die MLPD unterstützt die Forderung nach einem Schuldenerlass für Altschulden der Kommunen und fordert eine drastische progressive Besteuerung der Großunternehmen, Großverdiener und großen Vermögen! Während sich die Bundesregierung zur Auseinandersetzung rund um die Tarifrunde auffallend bedeckt hält, geht die Umverteilung zugunsten der Monopole munter weiter. So hat das weltgrößte Touristikunternehmen TUI erneut einen staatlichen Hilfskredit von 1,2 Mrd. Euro bekommen.²
Wichtig ist, die eigene Rechnung aufzumachen, frei nach der Devise „Mehr von uns (für uns), ist mehr und besser für alle!“ Forderungen, die konsequent von den Interessen der Massen – nach guter Pflege, mehr Personal in Kliniken, Kitas usw. - und von den Interessen der Belegschaften ausgehen, werden Unterstützung und Solidarität finden! Egal ob in der Stadtreinigung, in Kitas, in Krankenhäusern oder Behörden: verbindend, richtig und mobilisierend für alle Gruppen sind offensive Forderungen nach satten Entgelterhöhungen und Festgeld, für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, für mehr Personal, gegen weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit, für die unbefristete Übernahme der Azubis, die Schaffung von 150.000 neuen Arbeitsplätzen in Pflege und Krankenhäusern usw.
Bis zum 17. August heißt es nun Endspurt der ver.di- (online-)Forderungsdebatte einlegen. Eine Kollegin aus einer Klinik berichtet von der Diskussion unter Kolleginnen: „Die Entgeltforderung lag bei allen bei mindestens 10 Prozent. Aber auch andere Forderungen werden aufgestellt, vor allem nach mehr Personal, besseren Arbeitsbedingungen, aber auch Forderungen zur Rente. Durch die Erfahrungen mit der Corona-Pandemi sind die Diskussionen viel politischer geworden, vor allem nimmt die Kritik am Kapitalismus zu, dass alles dem Profit untergeordnet wird. Meine Kolleginnen sind auch alle bereit, für ihre Forderungen zu streiken.“
Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind weder für die Schulden noch die leeren Kassen der Kommunen verantwortlich! Deshalb gibt es keinen einzigen Grund, Abstriche von ihren Forderungen zu machen. Im Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten wird diese Tarifrunde mit aller Härte geführt werden müssen! Und sie wird von vorne herein ganz eng mit Fragen der Finanz- und Gesundheitspolitikpolitik im Interesse der Monopole, das heißt mit den Verhältnissen im staatsmonopolistischen Kapitalismus zusammenhängen.