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Pulverfass östliches Mittelmeer - Gefährliche Zuspitzung imperialistischer Konkurrenz

Erst vor drei Wochen drohte ein direktes militärisches Aufeinandertreffen türkischer und griechischer Kriegsschiffe im östlichen Mittelmeer. Zunächst konnte die Zuspitzung deeskaliert werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich als „gute“ Vermittlerin hervorgetan. Dass die Situation keinesfalls entschärft wurde, zeigt die erneute aktuelle Zuspitzung, jetzt auch mit aktiver EU-Teilnahme.

Von nc
Pulverfass östliches Mittelmeer - Gefährliche Zuspitzung imperialistischer Konkurrenz
Das türkische Forschungsschiff "Oruc Reis" sucht in einem Kordon aus türkischen Kriegssschiffen im östlichen Mittelmeer nach Bodenschätzen (foto: screenshot)

Das befeuert die Kriegsgefahr im und um das Mittelmeer. Gabi Fechtner, Parteivorsitzende der MLPD, schreibt in ihrem aktuellen Interview: „Die ganze Situation birgt eine erheblich gewachsene allgemeine Kriegsgefahr in sich. Die Gefahr, dass imperialistische Mächte und Lager direkt kriegerisch aufeinander treffen, verschärft sich an verschiedenen Brennpunkten wie im südchinesischen Meer, im Konflikt zwischen der Türkei und Griechenland/EU, in Syrien und der Ukraine.“

 

Seit über einem Jahr führt die faschistische Türkei mit ihrem Forschungsschiff „Oruc Reis“ (Kapitän Oruc – ein osmanischer Kapitän) Erkundungsfahrten auf der Suche nach Gasreserven durch. Begleitet wird das Schiff von bis zu 15 Kriegsschiffen. Die Türkei hat das UN-Seerechtsabkommen nie unterzeichnet. Darin wird für die Küstenländer eine 200-Meilen Zone als Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) festgelegt. Ist der Abstand zwischen zwei Ländern weniger, gilt die Mittellinie. Die Türkei erkennt zudem die AWZ für die griechischen Inseln und Zypern nicht als legitim an und führt seine Erkundungen nahe der griechischen Inseln und Zypern durch.

 

Der Konflikt schwelt unterschwellig schon seit Jahren, wie die täglichen - „Dogfight“ genannten - gegenseitigen Abfangmanöver türkischer und griechischer Kampfjets im Luftraum über den Inseln in der Ägäis bezeugen.

 

Das faschistische Regime in Ankara meldet schon seit langem offen seinen Anspruch als neuimperialistisches Land an, das das Recht habe, im Mittelmeer Gasreserven und alle anderen Meereschätze zu schürfen. Jetzt tritt es auch militärisch als ein weiterer räuberischer Rivale um die verschärfte Konkurrenz nach Rohstoffen, Absatzmärkten, Einflusssphären etc. auf. Der weltweit sechststärkste wirtschaftliche und finanzielle Einbruch der Türkei in Zusammenhang mit der Corona-Krise sowie die wachsende Vertrauenskrise der Massen gegenüber der AKP-MHP-Regierung sind erhebliche Hintergründe für die besondere Aggressivität des Erdoğan-Regimes.

 

Das Bestreben der Türkei ist die Expansion entsprechend Erdoğans großem Vorbild - dem Osmanischen Reich. Zu der neo-osmanischen Ideologie des Erdoğan-Faschismus gehört das „Blaue Vaterland“, wonach er seine Vorherrschaft bis Nordafrika und Kreta anmeldet und durchsetzen will. Mit seiner militärischen Einmischung in Libyen, sowie dem völkerrechtswidrige Einmarsch in Syrien macht er damit ernst.

 

Auch Griechenland benimmt sich imperialistisch. So benennt Griechenland nahe der türkischen Grenze von kleinen unbewohnten Felsen-Inseln aus, die zu seinem Territorium gehören, mal einfach 200 Seemeilen darum herum als griechisches Einflussgebiet. Gemeinsam mit Zypern besteht es  darauf , dass die Türkei sofort alle Erkundungen beendet. Nach dieser Provokation hat die Türkei ihrerseits die Drohungen verschärft. Sie stellt mittlerweile auch den Lausanner Friedensvertrag von 1923 infrage.

 

Das verschärft enorm die Widersprüche zur imperialistischen EU und deren Mitglied Griechenland. Sie sehen ihrerseits ihren Einfluss bedroht, wenn die Türkei in die international anerkannten Hoheitsgebiete vordringt. Frankreich verstärkt seinerseits die Militärpräsenz im Mittelmeer.

 

Die EU stellt sich einerseits jetzt eindeutig auf die griechische Seite und fordert die Türkei auf, sich unverzüglich zurückzuziehen und die Erkundungen einzustellen. Frankreich verstärkt seine militärische Präsenz mit weiteren Kriegsschiffen und Hubschraubern, was den Konflikt enorm zuspitzt. Griechenland droht mit militärischen Schlägen. Zugleich "muss" die EU Rücksicht auf den reaktionären und menschenverachtenden Flüchtlingsdeal mit der Türkei nehmen. Die meisten EU-Staaten sind ebenso wie die Türkei NATO-Mitglied. Zugleich haben beide Seiten momentan kein Interesse an einem Krieg.

 

Die nationalistische und chauvinistische Stimmungsmache schürt die Kriegsgefahr. Das soll auch von den Folgen der Krisen auf die Massen ablenken. Viele machen sich Sorgen und wollen keinen Krieg. Aber das reicht nicht aus: Die Massen in den europäischen Staaten und die Völker im Mittelmeerraum sind herausgefordert, den Kampf für den Erhalt des Friedens zu führen und sich am Aufbau einer antifaschistischen und antiimperialistischen Einheitsfront, mit der die ICOR (Internationale Koordination revolutionärer Parteien und Organisationen) und der ILPS (Internationaler Kampfbund der Völker) begonnen haben, zu beteiligen. Eine neue weltweite Friedensbewegung ist dringend notwendig.

 

Sofortige Beendigung der Provokation seitens der Türkei, Anerkennung des UN-Seerechts.

 


Für die grundsätzliche Abschaffung imperialistischer Kriege muss der Imperialismus revolutionär überwunden und die vereinigten sozialistischen Staaten der Welt müssen aufgebaut werden.