Erderwärmung
Eisschmelze in Grönland bereits „gekippt“?
Das allmähliche Abschmelzen der Eisdecke auf Grönland ist einer Studie zufolge wahrscheinlich unumkehrbar. Die Schmelze der Gletscher hat offenbar den Punkt überschritten, an dem sie noch rückgängig gemacht werden kann.
Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler der Ohio State University in einer Untersuchung, die vor kurzem in der Fachzeitschrift "Nature Communications Earth & Environment" veröffentlicht wurde. Grönland, das zweitgrößte Eisreservoir der Erde, hat allein im letzten Jahr 532 Milliarden Tonnen Eis verloren.
Diese Wassermenge erhöhte den gesamten Meeresspiegel um 1,5 Millimeter. Das hört sich nicht nach viel an, und wird deshalb von Klimaskeptikern oft angetan. Doch beschleunigt sich dadurch der Meeresspiegelanstieg erheblich, lag er doch zwischen 1993 bis 2010 bei durchschnittlich 3,2 Millimeter pro Jahr und 2018 bei einem Rekordwert von 3,7 Millimeter.
Neuer bedrohlicher "Gleichgewichtszustand"
Die Zeitschrift Natur schreibt: „Einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Studie zufolge könnte dadurch der grönländische Eisschild in einen neuen Gleichgewichtszustand gekippt sein, in dem der Eisverlust nun dauerhaft größer ist als der Zugewinn.“1
Ursachen sind zum einen die Erwärmung der Arktis. Dort steigen die Temperaturen gegenwärtig doppelt so schnell wie im Rest der Welt. Zum anderen gibt es immer mehr veränderte Luftströmungen, die Hochdruck- und Sommerwetter nach Grönland bringen.
Beschleunigte Eisschmelze in der Arktis
In der Arktis selber sieht es nicht besser aus. „Das im Juli beobachtete schnelle Tempo des Eisverlusts setzte sich weiter fort. Die durchschnittliche Ausdehnung des Meereises betrug im Juli 2020 6,85 Millionen Quadratkilometer, die niedrigste Ausdehnung aller für diesen Monat je aufgezeichneten Satellitenmessungen.
Wegen des ungewöhnlich frühen Rückzugs des Meereises auf der sibirischen Seite der Arktis ist die Nordostpassage in der zweiten Monatshälfte eisfrei. Dies ist der früheste Zeitpunkt im Jahr, an dem diese Route jemals eisfrei war."2
Eismasseverlust steigt auch in der Antarktis
Auch in der Antarktis, dem größten Eisreservoir der Welt, hat sich den vergangenen zehn Jahren der Masseverlust beschleunigt.
Laut der Forscher um Erstautor Andrew Shepherd von der University of Leeds ging in der Antarktis zwischen 2012 und 2017 im Mittel dreimal so viel Eis verloren wie in den Jahren von 1992 bis 2012: Waren es anfangs 76 Milliarden Tonnen jährlich, sind es in der Folge 219 Milliarden Tonnen jährlich.3
Verheerende Folgen noch in diesem Jahrhundert
Alle Faktoren zusammen - also die Ausdehnung der Ozeane in der Arktis plus das Abschmelzen des Eises von Grönland und der Hochgebirgsgletscher plus das Abschmelzen des antarktischen Eisschildes - ergeben dann das Gesamtrisiko des Meeresspiegelanstiegs. Es liegt nach Angaben von Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung bei bis zu 1,5 Metern bis zum Ende des Jahrhunderts.4 Eine eher vorsichtige Schätzung.
Die Folgen sind dramatisch. Schon jetzt versinken Südseeinseln wie Kiribati im Meer. Würde der Meeresspiegel um 1,5 Meter ansteigen, würden weltweit rund 1,79 Millionen Quadratkilometer Land verloren gehen, das entspricht der Fläche von Libyen. Ganze Staaten und Landstriche mit besonders großer Bevölkerung wie Bangladesch oder das Nildelta würden die in den Fluten verschwinden. Aber auch Megastädte wie London, New York und Schanghai gerieten in Gefahr.
Prognosen der MLPD bestätigt
Die von Stefan Engel 2014 in der Buch „Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“ getroffene Analyse bestätigt sich: „Der Meeresspiegel wird nach vorsichtigen Schätzungen bis 2100 um ein bis zwei Meter ansteigen. … Natürliche Klimaschwankungen können zeitweilig den Prozess der Erwärmung überlagern. Das kann jedoch die lebensgefährliche Gesamtrichtung der beschleunigten Klimaerwärmung nicht verändern. Sie steuert auf 'Kipppunkte' zu, an denen eine bis dahin allmähliche quantitative Zunahme bestimmter Faktoren in qualitative Sprünge umschlägt. Ein beschleunigter Umschlag in die Weltklimatatstrophe ist bereits in vollem Gang.“ (S. 122 – 124)
Entgegen aller Versprechungen der imperialistischen Regierungen, mit dem Pariser Abkommen die Klimaerwärmung auf eine völlig unzureichende Grenze von durchschnittlich 1,5 bis 2 Grad zu beschränken, setzt sich die Verstärkung des unnatürlichen Treibhauseffekts sogar weiter fort.
Weltklimastreiktag wichtiger Höhepunkt
Ohne weltweiten aktiven Massenwiderstand, vor allem aber einen gesellschaftsverändernden Kampf für vereinigte sozialistische Staaten der Welt wird sich diese Entwicklung nicht umkehren lassen.
Die Umweltgruppen der MLPD und viele andere Kräfte der Umweltbewegung mobilisieren deshalb für den weltweiten Klimastreiktag am 25. September. Zu diesem Tag - bei allen Demonstrationen und Kundgebungen - gehört unbedingt auch die Offenheit für die Diskussion über eine sozialistische Perspektive!