Corona-Pandemie

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Ministerpräsidentenrunde im Zeichen der Krise des Krisenmanagements

Gestern tagten die Ministerpräsidenten der Länder unter Vorsitz von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ihr Ziel: Einheitliche Regeln zur Bekämpfung der wieder gefährlich ansteigenden Corona-Infektionszahlen.

Von hkg
Ministerpräsidentenrunde im Zeichen der Krise des Krisenmanagements
Schulbeginn unter Corona-Bedingungen (Foto: David Tadevosian, shutterstock_1698883147)

Die Maßnahmen, auf die sich die Ministerpräsidenten mit der Bundesregierung geeinigt haben, stehen ganz im Zeichen der Krise ihres Krisenmanagements. Ausdruck davon ist, dass sie sich keineswegs in allen Fragen einig wurden.

 

Bis Ende des Jahres weiterhin untersagt sind Großveranstaltungen, bei denen die Nachverfolgung von Infektionsketten kaum möglich ist und die Einhaltung der Hygienevorschriften nicht kontrolliert werden kann. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte zuvor noch die Trommel für die Öffnung der Stadien für Zuschauer gerührt, ruderte jetzt aber zurück. In Berlin gibt es schon wieder Ausnahmegenehmigungen. Dort sind Freiluft-Veranstaltungen bis 5.000 Teilnehmer ab dem 1. September wieder gestattet, wenn ein Hygienekonzept vom zuständigen Gesundheitsamt genehmigt wird. Der 1. FC Union und Hertha BSC spielen deshalb vor Publikum.

Rolle rückwärts bei Massentests für Reiserückkehrer

Geeinigt haben sich die Krisenmanager auch darauf, die Möglichkeit für kostenlose Tests für Reiserückkehrer aus dem Ausland ab dem 16. September auf Rückkehrer aus Risikogebieten zu begrenzen. Es war Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) persönlich, der Ende Juli den Anspruch auf kostenlose Tests für alle Reiserückkehrer anordnete, nachdem er zuvor Massentests stets für nutzlos erklärte. Jetzt wieder Rolle rückwärts!

 

Die häusliche Quarantäne soll zukünftig intensiver kontrolliert werden. Bei Verstößen sollen empfindliche Bußgelder verhängt werden. Statt als erstes zu testen und die Quarantäne vorläufig auf den Zeitraum bis zum Testergebnis zu beschränken, werden Betroffene zum Zwangsurlaub verpflichtet - auch Elternteile von betroffenen Schulkindern.

 

Auch beim Verstoß gegen die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln oder engen öffentlichen Räumen soll ein - durchaus sinnvolles - Bußgeld von mindestens 50 Euro fällig werden. Hier scherte allerdings der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Rainer Haseloff, aus.

Streit über Regelung zu privaten Feiern

Auf Obergrenzen für die Teilnehmerzahl an privaten Feiern konnten sich die Ministerpräsidenten schon gar nicht einigen. Die von Kanzlerin Merkel vorgeschlagene Obergrenze von 25 Teilnehmern fand keine Zustimmung. Dabei ist erwiesen, dass private Feiern neben Reiserückkehrern und Hotspots in bestimmten Betrieben eine der Hauptquellen für massenhafte Corona-Infektionen sind.


Die Regelung, dass gesetzlich Versicherten mit Anspruch auf Kinderkrankengeld in diesem Jahr fünf zusätzliche Tage zur Betreuung eines kranken Kindes gewährt werden und Alleinerziehende zehn zusätzliche Tage bekommen sollen, ist zu begrüßen - aber nicht ausreichend.

Viele notwendigen Maßnahmen waren kein Thema

Das Abstandsgebot im öffentlichen Raum ist auf jeden Fall berechtigt und muss auch bei Demonstrationen eingehalten werden. Ebenso ist die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr und in Räumen mit viel Publikumsverkehr eine wesentliche Maßnahme zum Schutz vor der Ausbreitung des Virus. Dazu müssen aber Mund-Nase-Schutzmasken für alle, FFP2/3-Masken für Risiko-Patienten und Pflegepersonal, kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

 

Allerdings wurden viele notwendige und sinnvolle Maßnahmen wie Kleingruppen in den Kitas und Schulen überhaupt nicht thematisiert. Solche Maßnahmen erfordern viel Geld. Das wird aber zuerst den Großkonzernen in den Rachen geworfen, um deren Konkurrenzfähigkeit im internationalen Konkurrenzkampf während der Weltwirtschafts- und Finanzkrise abzusichern.

Krisendämpfende Maßnahmen durchkreuzen sich

Im Hin und Her und der Uneinigkeit beim Krisenmanagement der Regierenden kommt zum das grundlegende Dilemma zum Ausdruck, dass sich "krisendämpfende Maßnahmen hinsichtlich der Weltwirtschafts- und Finanzkrise und der Corona-Pandemie im Kapitalismus gegenseitig durchkreuzen: Was die kapitalistische Wirtschaft ankurbeln könnte, lässt die Corona-Infektionen hochschnellen. Was die Corona-Infektionen wirksam eindämmt, hemmt die kapitalistische Profitwirtschaft".1

Breite Testung nach wie vor sinnvoll

Dazu Dr. med. Günther Bittel, Mitglied der Mediziner-Plattform des Internationalistischen Bündnisses: "Die Abwälzung der Folgen des schlechten Krisenmanagements der Regierungen auf die Massen sind nicht hinnehmbar, auch nicht, dass offensichtlich durch Verknappung des Angebots bei Test-Reagenzien hier eventuell höhere Preise und Profite durchgeboxt werden sollen.

 

Eine breite Testung ist nach wie vor zusammen mit allen sinnvollen Maßnahmen des Gesundheitsschutzes (Abstand - Hygiene - Alltagsmaske) und Kontaktverfolgung bei Infektionen ein wichtiges Konzept zur Eindämmung der Pandemie. Notwendig ist der gemeinsame Kampf gegen Vernachlässigung von Gesundheitsschutz und Abwälzung der Krisenlasten auf die Bevölkerung!" (Mehr dazu)