Regierungspolitik
Reaktionäres Bundespolizeigesetz gescheitert - Pläne müssen komplett vom Tisch!
Im Februar 2020 startete Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) einen weiteren Vorstoß, die Faschisierung des Staatsapparates voranzutreiben: Ein neues Bundespolizeigesetz, um die Bundespolizei mit neuen, weitreichenden Befugnissen auszustatten.
Nach Seehofers Plänen soll sie einen wesentlichen Beitrag leisten, die reaktionäre Außen- und Flüchtlingspolitik der Bundesregierung umzusetzen. Die Bundespolizei soll mehr Spielraum für Abschiebungen bekommen und ihre Zugriffsmöglichkeiten bei unerlaubten Einreisen – sprich gegenüber Flüchtlingen - sollen ausgeweitet werden.
Das bedeutet, die Bundespolizei wäre zukünftig ebenfalls für einen 30 Kilometer langen Grenzstreifen zuständig, um „Verkehrswege zur unerlaubten Einreise“ zu überwachen.
"Finaler Rettungsschuss" soll legalisiert werden
Dazu soll sie mit modernen Waffen ausgestattet werden, wie den sogenannten Tasern. Das sind Elektroschockpistolen, deren Strompfeile die getroffene Person für die Dauer des Stromflusses außer Gefecht setzen. Auch der sogenannte „finale Rettungsschuss“ soll „eine rechtliche Grundlage erhalten“, also erlaubt werden.
Neu an dem Gesetzesentwurf ist auch, dass verdeckte Ermittler präventiv eingesetzt werden dürfen, statt wie bisher nur bei konkreten Ermittlungsverfahren. Aber all das reicht noch nicht.
Noch mehr Befugnisse für den Inlandsgeheimdienst?
Parallel zu seinem Entwurf für ein neues Bundespolizeigesetz forderte Seehofer mehr Befugnisse für den "Verfassungsschutz". Demnach soll der Inlandsgeheimdienst mehr Möglichkeiten zur Online-Durchsuchung bekommen, das heißt verdeckt auf Smartphones und Rechner zuzugreifen, komplette Festplatten einlesen und laufende Kommunikationen mitlesen zu können - auch ohne konkreten Verdacht - und ebenso Daten von Minderjährigen speichern zu dürfen.
Besonders brisant dabei ist die Quellen-TKÜ, „eine besondere Form der Telekommunikationsüberwachung, die Kommunikation erfasst, bevor diese verschlüsselt wird oder nachdem diese entschlüsselt wurde oder die Entschlüsselung ermöglicht“.1 Gerechtfertigt wird dieser Vorstoß damit, besser gegen „Cyberattacken“ und „extremistische und terroristische Aktivitäten“ vorgehen zu können.
Wer ist da wohl mit gemeint? Da hilft die laufend aktualisierte sogenannte Anti-Terror-Liste der EU (Verordnung Nr. 2589/2001 vom 27. Dezember 2001).2 Sie richtet sich aber auch gegen alle, die der Verfassungsschutz als „linksextremistisch“ einstuft, vor allem aber gegen Revolutionäre und Marxisten-Leninisten.
Sinneswandel der SPD?
Nachdem Seehofer bereits mit seiner geplanten automatisierten Gesichtserkennung auf Flughäfen gescheitert ist – sie war in der ersten Version des Gesetzes vorgesehen - droht er nun auch mit seinem neuen Bundespolizeigesetz-Entwurf zu scheitern. Nach einem Gespräch zwischen Horst Seehofer und der SPD-Co-Vorsitzenden Saskia Esken scheint der Gesetzesentwurf nun nicht mehr durchsetzbar - zumindest nicht vor der Bundestagswahl.
Den verschärften Landespolizeigesetzen hatte die SPD im Wesentlichen noch zugestimmt. Woher kommt der plötzliche Sinneswandel? Die Herrschenden sind in der Defensive gegenüber dem sich erneut entfaltenden fortschrittlichen Stimmungsumschwung. Mit selbständig organisierten Kundgebungen zum 1. Mai wurde ein Signal gesetzt gegen den Versuch, unter dem Vorwand der Corona-Pandemie mit weitgehenden Einschränkungen des Versammlungsrechts Proteste zu verhindern und die Leute einzuschüchtern. Die MLPD hatte dafür maßgebliche Initiative ergriffen.
Seitdem beleben sich die Proteste gegen die Rechtsentwicklung der Regierung. Der neugegründete Freundeskreis Flüchtlingssolidarität in SI mobilisierte gemeinsam mit anderen Kräften wie Seebrücke zu Aktionen gegen die reaktionäre Flüchtlingspolitik. Es folgten die Proteste gegen Rassismus, zu denen unter anderem die Black-lives-Matter-Bewegung, aber auch der Jugendverband REBELL aufriefen. Heute finden in ... Städten Aktionen zum internationalen Aktionstag gegen Rassismus unter dem Motto "Rebellion gegen Rassismus und Antikommunismus - stoppt Abschiebung!" statt.
Die SPD will in dieser Situation - auch wegen der bevorstehenden Bundestagswahlen - nicht ein weiteres Einbrechen ihrer Massenbasis riskiere. Sie gibt sich unter der neuen Führung wieder „links“ und „volksnah“ und zeigt sich offen für eine Koalition mit Linkspartei und Grünen.
Aktiver Widerstand muss weitergehen
Allerdings sind sich die bürgerlichen Parteien CDU, SPD, Grüne auch nicht einig in der Wahl ihrer Regierungsmethoden: Festhalten am System der kleinbürgerlichen Denkweise oder offene Reaktion nach innen und außen? Vom Tisch ist der Gesetzesentwurf noch lange nicht. CDU und CSU wollen ihn in der nächsten Legislaturperiode erneut einbringen.
Durch aktiven Widerstand kann das verhindert werden. Von allen demokratisch gesinnten Menschen muss ein eindeutiges Zeichen ausgehen - gegen die Rechtsentwicklung der Regierung und der bürgerlichen Parteien sowie den Abbau bürgerlich-demokratischer Reche und Freiheiten - in der Corona-Pandemie unter dem Deckmantel des Gesundheitsschutzes.