Siegen
Eine interessante und aufwühlende Kundgebung
Am 1. September kamen etwa 70 Siegener zur Kundgebung der örtlichen Friedensgruppe anlässlich des Antikriegstages. Aufgerufen hatten neben der Friedensgruppe die Linkspartei, MLPD, DKP, Attac, Internationalistisches Bündnis, ADHK und Mitglieder einer evangelischen Kirchengemeinde.
Einige waren enttäuscht, dass so wenige da waren. Tatsächlich ist zu kritisieren, dass zum Beispiel der DGB kaum mobilisiert hatte und auch aus dem Umfeld der Grünen oder der SPD kaum jemand teilnahm.
Trotzdem war es eine gelungene Kundgebung: Es wurde ein Gedicht von Bertolt Brecht vorgelesen. Dann sprach Dr. Alexander Neu (MdB für die Partei Die Linke) über die ganze Bandbreite der gegenwärtig laufenden Aufrüstungsmaßnahmen. Er gehört zu dem Kreis von Abgeordneten und Vorstandsmitgliedern der Linkspartei, die sich in einer Erklärung eindeutig dagegen ausgesprochen haben, „friedenspolitische Grundsätze“ der Linkspartei zugunsten einer möglichen Regierungsbeteiligung mit SPD und Grünen aufzugeben. Insbesondere lehnen sie Auslandseinsätze der Bundeswehr ab und fordern, aus den militärischen Strukturen der NATO auszutreten.
Diese völlig berechtigten Forderungen sind aber auch verbunden mit Illusionen über den bürgerlichen Charakter von SPD und Grünen, wenn sie schreiben: „Statt bedingungslose Koalitionsbereitschaft zu signalisieren, müssen wir gemeinsam mit der Friedensbewegung Druck machen, damit sich die SPD wieder auf Frieden und Abrüstung verpflichtet und die Grünen sich ihrer pazifistischen Wurzeln erinnern.“ In diesem Sinne hielt auch Alexander Neu seine Rede.
Ein Mitglied der MLPD hielt die zweite Rede, die vorher in der Friedensgruppe diskutiert, verbessert und einstimmig für sehr wichtig und notwendig gehalten wurde. Im Kern ging es darum, dass es angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung notwendig ist, für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung, wo man in Einklang mit der Natur leben kann, einzutreten. Dazu ist es notwendig, „den ganzen Plunder der Rechtfertigungen für die Ungerechtigkeiten und Kriege in dieser Welt hinter sich zu lassen. … Dazu gehört besonders der Antikommunismus, der auch als Schere im eigenen Kopf wirkt. ... Was wir brauchen, ist eine wahre Massendiskussion über gesellschaftliche Alternativen."
Die Rede bekam viel Beifall, teilweise auch von Besuchern eines anliegenden Cafés, gleich nach der Kundgebung wurde sie per E-Mail weiterverbreitet. Diese Stimmung ist ein Ausdruck davon, dass die Teilnehmer keineswegs dabei stehen bleiben wollen, immer nur anzuklagen und Teil-Forderungen zu erheben. Es ist besteht eine regelrechte Sehnsucht nach klaren Worten und Diskussionen über eine Welt, in der Kriege, Ausbeutung und Unterdrückung keinen Platz mehr haben. In sehr nachdenklicher und aufgeräumter Stimmung gingen die Teilnehmer nach Hause.