Rassismus

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Kampagne gegen „Clan-Kriminalität“: Aufgebauscht, verlogen und rassistisch

Seit gut zwei Jahren läuft in Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern eine Kampagne gegen die sogenannte „Clan-Kriminalität“.

Von Korrespondenz aus Essen
Kampagne gegen „Clan-Kriminalität“:  Aufgebauscht, verlogen und rassistisch
Impression aus Berlin

Mit aktiver Einbettung der Zeitungen der Funke-Mediengruppe (WAZ, NRZ u.a.) präsentiert sich regelmäßig der rechte CDU-Innenminister von NRW, Herbert Reul (CDU), als Saubermann, der unsere Städte endlich wieder sicher macht. Dabei hat seine hochgelobte „Taktik der 10.000 Nadelstiche“ bei 870 Razzien im Jahr 2019 bisher nicht viel mehr zu Tage gefördert als unverzollten Shisha-Tabak oder illegal aufgestellte Spielautomaten. Es ist ohne Zweifel im Interesse der Bevölkerung, dass jede Form von organisierter Kriminalität konsequent bekämpft wird. Doch darum geht es beim „Kampf gegen Clan-Kriminalität nur in der Nebenseite. Am 18. August 2020 erschien gleich eine ganze Clan-NRZ mit reißerischen Aufmachern zum Thema auf den Seiten eins, drei und der ersten Lokalseite.

 

Da behauptet das Landeskriminalamt (LKA) eine Zunahme der Clan-Kriminalität um 30 Prozent von 2018 auf 2019. Dazu bemerkt die NRZ vom 18. August: „Allerdings hat das LKA beim zweiten Lagebild die Erfassungskriterien verändert. So wurden auch schwere Verkehrsdelikte mitgezählt, weil Autos als Statussymbol eine große Rolle spielen. Rechnet man dies heraus, beträgt der Zuwachs von Fallzahlen und Tatverdächtigen im Vorjahresvergleich „nur“ rund 13 Prozent.“

 

Zum Thema verfälschende Statistik berichtet ein Artikel auf ZEIT Online vom 26. Mai: „Interne Dokumente der Sicherheitsbehörden in Niedersachsen, die ZEIT ONLINE vorliegen, beschreiben eine fragwürdige Datenerhebung im Zusammenhang mit der "Clan-Kriminalität". Ein sogenannter Hilfsindikator führt dort zu einer rassistischen Polizeiarbeit.“

 

Dieser Hilfsindikator ist konkret nichts anderes als eine Namensliste mit angeblichen Clan-Nachnamen. In der Praxis führt das dazu, dass selbst kleinste Vergehen in die Statistik für Clan-Kriminalität eingehen, sobald nur ein entsprechender Name auftaucht.

 

Die Verfälschung der Statistik zum Zweck der Übertreibung und Angstmache nimmt teils groteske Formen an. So lag im Lagebericht 2018 des LKA Niedersachsen der Iraker Enon S. mit insgesamt 46 Straftaten in nur einem Jahr an der Spitze der Clan-Statistik. Dazu berichtet ZEIT Online: „S. war 2015 als 19-jähriger Asylbewerber aus dem Irak nach Deutschland gekommen. Er ist ein klassischer Intensivstraftäter. Zu seinem Fall steht im internen Lagebericht des LKA allerdings folgende Anmerkung: "Er entspricht eher nicht dem klassischen Profil eines Clan-Kriminellen (...). Seine Aktivitäten stehen jedoch exemplarisch für zukünftige Szenarien im Bereich clankrimineller Strukturen.““

 

Das ist eine moderne Form der Sippenhaft, das ist klares Racial Profiling. Die Stigmatisierung und Kriminalisierung ganzer Familienverbände mit Tausenden Angehörigen als „kriminelle Clans“ aufgrund ihrer Herkunft und ihres Namens ist politisch motiviert und Ausdruck der Rechtsentwicklung der bürgerlichen Politik. Die Razzien in NRW Mitte August zielten auch klar auf die Kommunalwahl am 13. September. Von der CDU über ultrareaktionäre und faschistoide Parteien: Nahezu alle empören sich auf Plakaten und Flyern über „Clan-Kriminalität“. Die besten Bilder dazu hat sich aber die CDU gesichert. So posierte der Essener Oberbürgermeister Kufen gemeinsam mit Innenminister Reul neben einem beschlagnahmten Spielautomaten.

 

Die ganze Kampagne, wie auch ihre mediale Aufbereitung sind nicht nur verlogen, sondern auch völlig geschichtsvergessen. So werden die „kriminellen Clans“ überwiegend den arabisch-stämmigen Mhallamiye-Kurden zugeordnet. Ihre Vorfahren lebten in einem Gebiet, das nach dem Ersten Weltkrieg der Türkei zufiel. Viele flohen daraufhin in den Libanon. Dort wurden sie zwar geduldet, aber nur wenige hatten das Geld für eine Einbürgerung und Pässe. Infolge des libanesischen Bürgerkriegs flohen viele der Mhallamiye-Kurden nach Deutschland. Allein in Essen leben an die 6000 Menschen kurdisch-libanesischer Herkunft. Hier wurden sie von Anfang an sozial ausgegrenzt und rassistisch diskriminiert. Seit fast 40 Jahren hält man diese Menschen und auch ihre hier geborenen Kinder im rechtlosen Zustand der „Duldung“ und verweigert ihnen aktiv jede Perspektive. Wen wundert es da, dass unter solchen Umständen auch kriminelle Karrieren und Strukturen entstehen?

 

Innenminister Reul aber hat die sogenannte „Clan-Kriminalität“ zu einem überdimensionalen Popanz aufgeblasen, um seine zunehmend repressive innenpolitische Linie besser verkaufen zu können.

 

Auch deshalb steht die MLPD konsequent für die internationale Solidarität. „Gib Antikommunismus, Faschismus, Rassismus und Antisemitismus keine Chance!“

 

Hier geht es zur Homepage der Bewegung "Gib Antikommunismus keine Chance!"