Elfenbeinküste

Elfenbeinküste

Der Kampf für Demokratie und Freiheit ist eine Kunst

In der Elfenbeinküste brodelt es. Das Fass lief über, als Präsident Alassane Ouattara am 6. August verkündete erneut zu kandidieren, obwohl die Verfassung nur zwei Amtszeiten vorsieht. Danach kam es an mehreren Tagen zu regionalen Aufständen der Massen in drei Städten, die die Polizei mit brutaler Gewalt beantwortete. Allein in Abidjan gab es vier Tote und 90 Verletzte.

Von rem
Der Kampf für Demokratie und Freiheit ist eine Kunst
Ivorisches Militär kontrolliert Autos (foto: gemeinfrei)

Die Massen in der Elfenbeinküste kritisieren nicht nur die Anmaßung Ouattaras, sondern ihre gesamten Lebensverhältnisse. Ein Demonstrant am 14. August zur Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ): „Wir haben es satt. Was wir der nächsten Generation zurücklassen, sind Schulden, Vergiftung, Gefängnis. (...) Wir haben ein Land, eine Hoffnung und ein Anliegen. Ich gebe mein Leben dafür. Das ist für die Elfenbeinküste.“

 

Die Auswirkungen der Weltwirtschafts- und Finanzkrise in Wechselwirkung mit der Corona-Krise haben in der Elfenbeinküste in den Übergang zu einer gesamtgesellschaftlichen Krise geführt. Aufgrund der desolaten Gesundheitsversorgung infolge der neokolonialen Ausplünderung trifft die Pandemie die breiten Massen weitgehend schutzlos. Bei 25 Millionen Einwohnern gibt es gerade einmal 50 Intensivbetten, 70 bis 80 Beatmungsgeräte, und ca. 200 zur Wiederbelebung ausgebildete Ärzte.

 

Die Obdachlosigkeit durch Zerstörungen in Slums nahm im Jahr 2020 sprunghaft zu: Am 21. Januar kletterte ein Junge über eine Mauer zum Rollfeld des Flughafens und versteckte sich im Fahrwerk einer Air–France-Maschine. Er wurde tot aufgefunden. Die Regierung nahm den Vorfall zum Anlass, nun eine Pufferzone um den Flughafen einrichten zu wollen, angeblich, damit so etwas nie mehr passiere. Die Häuser von 500.000 Menschen wurden von Planierraupen überrollt, ohne Entschädigungen. Im Juni verloren durch eine Schlammlawine in Abidjan Tausende ihr Zuhause. Sprunghaft stiegen Arbeitslosigkeit und Hunger. Die Gelder von Familienmitgliedern, die z. B. in Europa arbeiten, bleiben weitgehend aus. Das führt aber auch zu einer Welle der Solidarität, wie ein Bewohner aus Abidjan berichtet: „Alle meine Nachbarn, die im informellen Sektor arbeiten, sind in einer extremen wirtschaftlichen Notlage – aufgrund des Wegfalls ihrer Arbeit. In den wohlhabenden Vierteln fehlt es aufgrund eines gewissen Individualismus an Solidarität... Aber in den ärmeren Vierteln sind die Beziehungen intakt geblieben, oder haben sich sogar verbessert, etwa in den Häusern mit mehreren Mietern.“

 

Der französische Imperialismus betreibt eine eigene Militärbasis (BIMA) im Land und ist der Hauptfeind des Volkes der Elfenbeinküste, verantwortlich für die wirtschaftliche und politische Zerrüttung. Er stützt sich dabei auf die Regierung, die die Macht mit faschistischen Methoden verteidigt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron empfing seinen „alten Freund“ Ouattara am 4. September zum Frühstück und gab sich an dem Konflikt unbeteiligt, da er sich nicht in die Angelegenheiten anderer Länder einmischen würde. Was für ein Hohn!

 

Die ICOR–Partei Kommunistische Proletarische Partei der Elfenbeinküste (PCPCI) ruft in ihrem aufrüttelnden Appell das Volk zur organisierten Selbstverteidigung gegen den Imperialismus auf und leistet Überzeugungsarbeit, sich nicht für parlamentarische Illusionen zu opfern: „Es gibt keinen Mangel an Männern und Frauen. Aber welche und für welche Sache? Demonstrationen organisieren mit bloßen Händen, wie ihre Anhänger gerne wiederholen. Sich für Wahlen umbringen. Dann weitere fünf Jahre warten, um sich in Bewegung zu setzen, und so weiter. Wenn das das Ziel ist, ist es nicht wert, sein Leben zu verlieren. Warum: Die Regeln werden von Frankreich festgelegt (...)!“ Stattdessen ruft sie auf: „Die Menschen machen die Geschichte, und wir können nicht über ihre Köpfe hinweg handeln, um sie an ihrer Stelle zu befreien, also müssen wir sie organisieren. Wir müssen sie mit Dynamik, Mut und Entschlossenheit organisieren. Dem Volk helfen, Bewusstsein zu bilden, auf der Grundlage seiner grundlegenden und lebenswichtigen Interessen und Bestrebungen geduldig, methodisch, ohne seinen Platz einzunehmen, ohne sein Anhängsel zu sein, sondern seine Vorhut!(...)Der Kampf für Demokratie und Freiheit ist eine Wissenschaft und eine Kunst; er kann nicht improvisiert werden: er kann durch Kampf und Studium erlernt werden, sogar unter Bomben, Raketen und Panzerfäusten!“