Daimler
Berlin-Marienfelde: „Die Maschinen werden sich nicht wehren ...“
Ein Kollege, der auch von der B.Z. interviewt worden ist, hat auf Nachfrage seine Rede von der abgebrochenen Betriebsversammlung zur aktuellen Entwicklung bei Daimler zur Verfügung gestellt.
Herr Werksleiter,
Sie haben Hallen gekauft.
Sie haben Maschinen gekauft.
Sie haben unsere Arbeitskraft gekauft.
Ungefähr sieben Stunden pro Tag, die wir für den Profit vom Konzern arbeiten.
Sieben Stunden unseres Lebens verkaufen wir Ihnen.
Ich mach das seit über 23 Jahren.
Wir werden davon nicht reich.
Sie werden davon reich.
Die Aktionäre von Daimler sind davon reich geworden und bleiben es, wenn es nach ihnen geht.
Für sie heißt das, eine Villa zu haben.
Dreimal im Jahr in den Urlaub zu fliegen.
Vielleicht einen Swimmingpool zu haben.
Ist mir egal. Schön, wenn es ihnen gut geht.
Für die Großaktionäre heißt das, vielleicht einen Privatjet zu haben.
Für die Aktionäre heißt das - so viel Geld auf dem Konto zu haben, dass sie in 100 Jahren nicht wüssten, was sie mit dem ganzen Reichtum anfangen sollen. Für uns macht das den Unterschied, ob wir bei der Biocompany oder bei Edeka einkaufen können. Oder ob wir uns mit Nudeln und Ketchup von Aldi zufrieden geben. Für uns macht das den Unterschied, ob wir im Sozialbau wohnen, in dem unsere Kinder sich ein Zimmer teilen oder ob wir in einer etwas besseren Wohnung wohnen.
Vielleicht ein Altbau.
Vielleicht können wir von unserem Lohn sogar den Scheiß-Kredit für unser Haus abzahlen.
Die Maschinen können sie verschrotten.
Die Hallen können sie abreißen oder leer stehen lassen. Wie sie es ja schon teilweise machen.
Aber wenn sie unsere Arbeitsplätze vernichten, heißt das für uns, dass wir nicht weiter leben können wie bisher.
Die Maschinen werden sich nicht wehren.
Die Dachpappe, das Blech und die Steine der Hallen werden sich nicht wehren.
Aber wir werden uns zu 100 Prozent wehren, wenn sie unsere Existenz zerstören wollen!
Wir tragen keinerlei Verantwortung dafür, dass Daimler seit 100 Jahren Produkte baut, die unseren Planeten zerstören.
Das Verbrennen fossiler Energie ist eine Katastrophe.
Ob die Waldbrände in Kalifornien oder die Dürre in Brandenburg: Die Kapitalisten haben die Verantwortung dafür, dass die natürliche Umwelt schon heute weitgehend zerstört wurde! Das ist so offensichtlich, dass wirklich nur die Dümmsten das heute noch leugnen.
Wir wurden nicht gefragt, was wir bauen wollen. Ich würde meinen Töchtern lieber sagen, dass ich umweltfreundliche Fahrräder baue, statt Luxusautos für die reichsten Menschen des Planeten.
Wir wurden nicht gefragt, ob Daimler den Staat und die Gesellschaft mit manipulierten Abgaswerten betrügen solle. Sie haben es trotzdem getan.
Das haben sie zu verantworten, nicht wir Arbeiter!
Wenn hier darüber geredet wird, dass Führungskräfte das Benzin liefern wollen, um Hallen abzufackeln. Okay. Macht halt. Ist mir egal.
Ich bin der Meinung, wir sollten uns mit aller Kraft dagegen wehren, dass unsere Umwelt und unsere Existenz für den unermesslichen Reichtum der Aktionäre geopfert werden soll!
Statt Streichholz und Benzinkanister halte ich einen konzernweiten Streik für notwendig und legitim!
Verteidigen wir unsere Werke! Verteidigen wir das Südwerk!
Kämpfen wir um jeden Arbeitsplatz!
Für uns und die nachfolgenden Generationen!
Danke.