Daimler-Werk Kölleda

Daimler-Werk Kölleda

"Es gibt für die einzelnen Standorte keine 'Gewinner'"

Vom Daimler-Motorenwerk in Kölleda erhielt "Rote Fahne News" folgende Korrespondenz:

Korrespondenz

"Es brodelt unter den Kollegen. Von den neuen Vorstandsplänen haben die Kolleginnen und Kollegen vor allem über die Kollegenzeitung 'Stoßstange' erfahren. Es sind aber nicht nur die neuen Vorstandspläne, die die Kollegen umtreiben, sondern die Auswirkungen der Arbeitshetze und Umsetzung chaotischer Schichtmodelle von heute auf morgen wie von Samstag-Spätschicht auf Montag-Frühschicht. Der Leistungsdruck wird immer größer. So wurden zum Beispiel bei der Montage eines Motors zwanzig Leute abgezogen und die Zahl der produzierten Motoren erhöht. Statt Neueinstellungen werden Leiharbeiter eingestellt. Manche Kollegen halten den Druck nicht mehr aus und kündigen von sich aus!

 

Bei der Diskussion der Vorstandspläne ist bemerkenswert, dass bei den Kollegen keine Freude aufkommt, dass jetzt mehr Motoren nach Kölleda kommen sollen. Wenn der Vorstand darauf spekuliert hat, dass die Belegschaft von Kölleda jetzt in Jubelstürme ausbricht, hat er sich getäuscht. Ein Kollege sagte: 'Bei diesen Plänen gibt es für die einzelnen Standorte keine 'Gewinner' und keine 'Verlierer'. Denn die Verlagerung der Produktion nach Kölleda müssen wir mit einer Steigerung der Ausbeutung zahlen. Und früher oder später trifft es uns auch. Irgendwann heißt es dann auch bei uns, 'wir verlagern nach Polen oder anderswohin'.'

 

In der aufgewühlten Situation machen sich viele Kollegen auch Gedanken über die Zukunft. Einige meinen, es müsste ein 'Zwischending zwischen Kapitalismus und Sozialismus' geben, wobei sie mit Sozialismus den bürokratischen Kapitalismus in der DDR vor Augen haben. Es kann aber nur eine Klasse die Macht haben, die Arbeiterklasse oder die Bourgeoisie. Noch trauen sich die Kollegen nicht zu, sich an einem längeren konzernweiten Kampf zu beteiligen. Aber wer weiß, im Augenblick kann sich schnell viel ändern."