Landwirtschaft

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Greenwashing statt nachhaltige Landwirtschaft

In dieser Woche haben sich die EU-Agrarminister unter Vorsitz der deutschen Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) über eine Agrarreform geeinigt. 378 Milliarden Euro sollen von 2021 bis 2027 in die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU fließen, ca. 60 Milliarden jedes Jahr Das ist knapp ein Drittel des EU-Haushalts.

Von hkg /dr
Greenwashing statt nachhaltige Landwirtschaft
(foto: Jean Beaufort / PublicDomainPictures.net)

Wie bisher, wird an den „Flächenprämien“ festgehalten, d. h.: Zwei Drittel der Gelder werden weiter nach Betriebsflächen ohne besondere Auflagen verteilt. Gut für die Agrarkonzerne und Großbetriebe, schlecht für die vielen Familienbetriebe! Höfe mit mehr als 100 Hektar machen in der EU nur drei Prozent der Betriebe aus. Sie verfügen aber über mehr als die Hälfte des Landes. So gingen z. B. bisher in Spanien 75 Prozent der Gelder an nur 16 Prozent der Betriebe, in Rumänien gehen 50 Prozent an ein Prozent der Betriebe. Auf Druck der Umweltbewegung wurde eine stärkere Unterstützung von Umweltmaßnahmen mit 20 Prozent der Gelder beschlossen. Allerdings wenig Verbindliches zur Reduzierung von Pestiziden und zum Klimaschutz; keine Sanktionsmaßnahmen gegen klimaschädliche Landwirtschaft.

Katastrophe für Natur- und Klimaschutz

Julia Klöckner (CDU) feiert die Einigung auf ihren Kompromissvorschlag als einen "Systemwechsel". Ganz anders sehen das die Umweltverbände: „Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, sagte: 'Der Kompromiss zur gemeinsamen Agrarpolitik geht auf Kosten des Klima-, Natur- und Tierschutzes.' Der WWF sprach davon, dass die „zerstörerische Subventionspolitik“ fortgesetzt werde.“¹

 

Aus der „1. Säule“, der direkten Flächensubventionierung, werden 20 Prozent nur dann ausbezahlt , wenn entsprechende Umweltschutzmaßnahmen (eco-schemes - Umweltprojekte), wie z. B. Blühstreifen um die Felder, durchgeführt werden. Diese „1. Säule“ beträgt ca. 70 Prozent der EU-Agrarsubventionen. Ca. 270 Euro werden je Hektar ausbezahlt. Die Maximalzahlungen sollen bei 100 000 Euro liegen, wobei Lohnkosten berücksichtigt werden dürfen.² Die „2. Säule“ umfasst den Ökolandbau und allgemeine Umweltmaßnahmen. Die konkreten Regelungen der Auszahlung der Subventionen werden den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen.

 

Diese „Reform“ muss noch  zwischen dem EU-Rat, der EU-Kommission und dem EU-Parlament abgestimmt werden. „Ziel ist, diese Abstimmung im ersten Quartal 2021 abzuschließen, damit den Mitgliedstaaten genug Zeit bleibt, ihre nationalen Strategiepläne fertig auszuarbeiten. Ab 2023 soll die neue Gemeinsame Agrarpolitik greifen.“³

Was bedeutet die Reform für die Klein- und Mittelbauern?

Schon die bisherige Flächenprämie deckte gerade die Kosten, die die Bauern für ihre landwirtschaftlichen Produkte hatten. Wenn jetzt 20 Prozent der Flächenprämie nur bezahlt werden, wenn sie auch Blühstreifen um ihre Felder anlegen, haben sie höhere Kosten und weniger Erträge. Für Großagrarier fallen die Blühstreifen nicht ins Gewicht. Sie haben insgesamt auch wenig Wirkung im Kampf gegen das Artensterben.

 

So ist es nicht verwunderlich, dass die Kritik an diesen Beschlüssen des EU-Rats der Agrarminister auch von wissenschaftlicher Seite kommt: „Friedrich Heinemann, Ökonom des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, nannte den Kompromiss eine „herbe Enttäuschung“. Milliarden Euro würden weiterhin an oftmals wohlhabende Landwirte und Agrarbetriebe überwiesen, ohne dass dafür nennenswert höhere Leistungen zu Gunsten von Klima, Umwelt und Tierwohl erbracht werden müssen.“⁴ Ganz zu schweigen von den Millionenbeträgen, die große Agrarholdings jährlich aus den EU-Agrarsubventionen kassieren, hinter denen Konzerne wie Aldi, RWE oder der Möbelhersteller Steinhoff stehen.⁵

 

Von „Systemwechsel“ also keine Spur. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union, die vor 58 Jahren beschlossen wurde und immer die Subventionierung der stets wachsenden industriellen Agrarbetriebe im Zentrum hatte, bedeutet weiter den Ruin von Klein- und Mittelbauern. Allein die Verteuerung der Böden durch Agrarholdings trug dazu bei, dass kleine Agrarbetriebe aufgaben. Seit 2005 nahm die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe von 400 000 auf ca. 265 000 Betriebe heute ab.⁶

 

Die Agrarplattform im Internationalistischen Bündnis hat gegen diese Entwicklung verschiedene Forderungen - u. a. einen Milcherzeugerpreis von 60 Ct./Liter bei Weidehaltung. Denn eine Kuh auf der Weide trägt zum Humusaufbau bei, dieser nutzt dem Klima, da CO2 gebunden wird. Die Molkereien zahlen auch mehr für die Milch bei Weidehaltung, wenn die Kühe mindestens 120 Tage à sechs Stunden auf der Weide sind. Solche Maßnahmen tragen mehr zum Umweltschutz bei, als die jetzt beschlossenen Maßnahmen der Agrarreform.

 

Die Mitarbeit in der Agrarplattform des Internationalistischen Bündnisses ist ein guter Schritt gegen die Rechtsentwicklung der Regierung - auch in der Agrarpolitik. Die wichtigste Forderung im Zusammenhang mit der Agrarpolitik ist heute:  Erzeugerpreise rauf, Verbraucherpreise runter!

 

Es ist wichtig für die Klein- und Mittelbauern, dass sie sich unbedingt organisieren. Verschiedene kämpferische aber lose Organisationsformen haben in der letzten Zeit an Schubkraft verloren. Deshalb ist eine konsequente Organisierung in der MLPD und in ihren Landgruppen der richtige Schritt. Denn nur aus einer dauerhaften Organisierung kommt die Kraft, etwas zu verändern.