Hamburg
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz - ein Cum-Ex-Hanseat?
Eigentlich ein Widerspruch in sich. Lernen doch bereits unsere Kinder in Hamburger Schulen: Ein hanseatischer Kaufmann, Bankier oder Rechtsanwalt - wie Olaf Scholz - ist grundsätzlich über jeden Verdacht erhaben. Und doch will man diesem „rechtschaffenden Kanzlerkandidaten und Finanzminister“ an dessen hanseatischen Kragen. Was hat er denn getan?
Nach den drei ersten Befragungen zum Wirecard-Skandal im Finanzausschuss des Bundestages machte Scholz für seine Person Erinnerungslücken geltend. Nun muss er sich Ende des Jahres in Berlin einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu Wirecard stellen, der herausfinden will, welche Rolle das Finanzministerium im System verbrecherisch-organisierter Verantwortungslosigkeit rund um die mutmaßlichen Bilanzmanipulationen des DAX-Konzerns spielte. Es geht um Cum-Ex.
Damit nicht genug: Zu Beginn des Wahljahres 2021 muss sich Olaf Scholz als ehemaliger Hamburger Bürgermeister einem Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft stellen. Er muss dort erklären, worum es in den zwei Gesprächen Scholz-Warburg-Bank ging. Eins dieser Treffen hat Scholz nicht mehr in Erinnerung. Vor allem muss er sagen, warum 2016 kurz nach einem Telefonat zwischen Warburg-Miteigentümer Christian Olearius und ihm die Finanzbehörde eine Rückforderung an die Warburg-Bank in Höhe von 47 Millionen Euro fallen ließ. Wieder geht es um Cum-Ex-Geschäfte.
Was hat es mit Cum-Ex auf sich?
Die beiden Wörter kommen aus dem Lateinischen: Cum = „mit“, Ex = „ohne“. Mit oder ohne was? Mit oder ohne „Dividendenausschüttungsanspruch“. Die Spekulationen von untereinander verbundenen Aktionären vor der Ausschüttung von Dividenden einer AG und nach deren Ausschüttung führt, geschickt manipuliert, dazu, dass zweimal eine Steuerbescheinigung an die Aktionäre ausgestellt, aber nur einmal tatsächlich Kapitalertragsteuer gezahlt wird. Somit können die Aktionäre vom Staat die Rückzahlung der zweiten Steuererklärung einfordern. Was sie ja bezwecken wollten, schließlich geht es um zig Millionen.
Die Warburg-Privatbank und ihre hanseatische Treue
Und derlei massive Betrügereien soll auch die seit 1778 bestehende Hamburger Privatbank Warburg gemacht haben? Kann doch nicht, will man der Börsenzeitung vom 25. Mai 2014 glauben: „Wenn ein Unternehmen seit Jahrhunderten besteht, dann hängt das womöglich mit einer hanseatisch geprägten Unternehmensphilosophie zusammen, die Tugenden Vernunft, Weitblick, Respekt und Wissen in den Mittelpunkt ihres Handelns stellt. Prinzipien, mit denen die Hamburger Privatbankiers heute wie damals nicht nur im heimischen Markt erfolgreich sind, sondern weltweit.“ Damit sollte doch alles gesagt sein. Ist es aber nicht.
Denn wer bestimmt hier überhaupt? Die Politik oder die Banken? Oder gar die Banken, die sich die Politiker untergeordnet haben?
In Hamburg wird darüber diskutiert, was die Marxisten-Leninisten sagen: Dass das typisch für den staatsmonopolistischen Kapitalismus ist. Und der bedeutet, wie Willi Dickhut, Vordenker und einer der Mitbegründer der MLPD, bereits 1977 analysierte: „… die vollständige Unterordnung des Staates unter die Herrschaft der Monopole, die Verschmelzung der Organe der Monopole mit denen des Staatsapparates und die Errichtung der wirtschaftlichen und politischen Macht der Monopole über die gesamte Gesellschaft!“¹ Und was macht darin Olaf Scholz?
Die Tugenden des großen Hanseaten
Sein Name ist nicht nur mit dem G20-Gipfel 2017 in „seinem“ Hamburg und der brutalen Unterdrückung des berechtigten massenhaften Widerstands dagegen „aufgefallen“. Er ist zudem aufs engste mit dem Harz-IV-Desaster der SPD verbunden: Schließlich war er schon 2004 ein überzeugter Mitstreiter von Gerhard Schröder und seiner Agenda 2010. Und von 2007 bis 2009 war Scholz als Bundesarbeits- und Sozialminister in der ersten großen Koalition unter Angela Merkel direkt für die laufenden Verschärfungen der Sanktionen für Hartz-IV-Betroffene zuständig.
Nicht länger tragbar
Es gibt inzwischen auch immer mehr Hamburger und ehemalige Scholz-Anhänger, die sich die Frage stellen: Ist solch ein Finanzminister noch unseren hanseatischen Tugenden verpflichtet, also ehrlich, weitblickend, respektvoll? Nö, ist er nicht.
Nun, was die krisengeschüttelte SPD mit ihrem designierten Vorsitzenden und Kanzlerkandidat anstellt, bleibt herzlich gerne ihr überlassen. Aber was wir Hamburger zu so einem Schmuh des Finanzministers sagen, kann nur heißen: Olaf Scholz, sei ein einziges Mal in deinem Leben ein “tugendhafter Hanseat“. Tritt zurück! Besser heute als morgen. Nur Mut, wie es doch so schön in unserem Hamburger Lied vom Tüdelband heißt: „Ischa`n Klacks för`n Hamborger Jung“!