Erdoğan / Macron
Streit um Karikaturen? Es geht um imperialistische Machtinteressen!
Die Auseinandersetzung zwischen den Regierungschefs der Türkei und Frankreichs, Erdoğan und Macron, eskaliert.
Scheinbarer Auslöser war der brutale Mord an einem französischen Lehrer in Paris, der mit seinen Schülern Mohammed-Karikaturen diskutiert hat. Eine Karikatur auf der Titelseite des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ wurde dann vorgeblich zum weiteren Stein des Anstoßes. Sie zeigt den faschistischen türkischen Präsidenten Erdoğan, der - selber nur leicht bekleidet - das Gewand einer verschleierten Frau anhebt, um ihr nacktes Hinterteil zu enthüllen, und dabei Mohammed preist. Weder geht es Erdoğan um den Schutz der Muslime, noch Macron um die Meinungsfreiheit, wie sie in ihren gegenseitigen Attacken behaupten!
Hintergrund sind wachsende zwischenimperialistische Widersprüche
Die neuimperialistische Türkei unter Führung ihres faschistischen Präsidenten Erdoğan arbeitet aggressiv daran, ihre Position im Mittelmeerraum, im nahen und mittleren Osten und in muslimisch geprägten Ländern auszubauen. Die Türkei unterhält die zweitgrößte Armee der NATO und führt direkt oder indirekt Kriege im Irak, in Syrien, Libyen, dem Sudan, Jemen, Tunesien und westafrikanischen Ländern, dem Libanon sowie in der Region Bergkarabach. Provokativ verletzt die Türkei im Streit um die Gasvorkommen im Mittelmeer die Grenzen zu Griechenland. Macron erhebt demgegenüber den Anspruch, Ordnungsmacht in der Region zu sein und lässt Kriegsschiffe patrouillieren. Dass Frankreich Griechenland unterstützt, hat auch den Grund, dass Griechenland 18 französische Kampfflugzeuge kaufen wird.
Im Konflikt um Berg-Karabach steht Frankreich auf der Seite von Armenien, während die Türkei Aserbaidschan militärisch und politisch unterstützt. In Libyen unterstützt die Türkei die libysche Regierung und versucht so, ihre Führungsrolle unter islamischen Staaten im Mittelmeerraum auszubauen. Die französische Regierung unterstützt General Haftar. Er kontrolliert die Region Ostlibyen, wo französische Ölkonzerne, vorneweg Total, seit Jahrzehnten die Ölvorkommen ausbeuten.
Erdoğan setzt schon seit einiger Zeit auf verschärfte Rhetorik. Im Zusammenhang mit dem Gas-Konflikt im Mittelmeer bezeichnete er Macron als „Möchtegern-Napoleon“. Der Hintergrund dafür ist, dass beide Länder tief von der Weltwirtschafts- und Finanzkrise betroffen sind. Das internationale Krisenmanagement, das noch in der letzten Weltwirtschafts- und Finanzkrise zur gemeinsamen Krisenbewältigung entwickelt wurde, ist selbst in der Krise. Die Corona-Krise verschärft die Problematik allseitig: Was die Corona-Infektionen wirksam eindämmt, hemmt die kapitalistische Profitwirtschaft – und umgekehrt. Und dieses Problem betrifft alle Länder, egal welche konkrete Regierungsmethode sie zur Zeit wählen. Das treibt die zwischenimperialistischen Widersprüche und damit auch die allgemeine Kriegsgefahr voran und muss sehr ernst genommen werden.
Beide rüsten ihren Staatsapparat auf
Innenpolitisch benutzen sowohl Erdoğan als auch Macron die Situation, um gegen Widerstand und Proteste gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen vorzugehen. Während Erdoğan versucht, sich als Beschützer aller Menschen muslimischen Glaubens aufzuspielen, unterdrückt er den berechtigten Kampf der Bergleute in Soma und Ermenek, die u.a. für die Auszahlung ihrer Löhne kämpfen.
Er fördert den islamistisch-faschistischen IS gegen den Freiheitskampf des kurdischen Volkes. Macron wiederum benutzt die faschistischen Morde in Paris und Nizza zu einer weiteren Faschisierung des Staatsapparats. Es wurde die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen. Das beinhaltet 300 mögliche Maßnahmen, die u.a. eine Einschränkung demokratischer Rechte und Freiheiten beinhalten. Macron hat angekündigt, dass zusätzlich 7.000 Soldaten eingesetzt werden sollen.
Anfragen der französischen Zeitung „Le Monde“, welche spezifischen Maßnahmen diesmal eingesetzt werden, wurden weder vom Innenministerium noch vom Premierminister beantwortet („Le Monde“, 30.10.20). Sowohl Erdoğan als auch Macron arbeiten dabei mit übler Demagogie, verwischen den Unterschied zwischen islamistisch verbrämtem Faschismus und dem islamischen Glauben. Die brutalen Morde in Paris und Nizza sind Taten von Faschisten.
Für das Verbot aller faschistischen Organisationen! Für den Schutz und den Ausbau bürgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten im Kampf gegen jegliche imperialistische Bevormundung und Unterdrückung!