Daimler
Zwei Kundgebungen vor Düsseldorfer Sprinter-Werk
Es ist 4.30 Uhr am Morgen und noch stockfinster, als wir uns mit unserem Pavillon, Transparenten, einem Kaffeetischchen und Kisten mit Unterschriftenlisten, Flugblättern usw. noch abmühen.
Der „Solikreis für den Kampf der Kollegen bei Daimler“ führte vor kurzem in Düsseldorf zwei Protestkundgebungen vor dem Sprinter-Werk in Düsseldorf durch. Die Proteste richteten sich gegen den Abbau von 1300 Arbeitsplätzen im Zuge der Auflösung der Nachtschicht. Diese Entlassungsmaßnahme trifft fast ausschließlich Leiharbeiter. Zwei der drei wichtigsten Leiharbeitsfirmen haben daraufhin prompt den Kolleginnen und Kollegen die Kündigung ausgesprochen.
Ein Offener Brief an Düsseldorfer Stadtrats-Parteien (außer Faschisten) und die Presse hatte zu den Kundgebungen eingeladen: Morgens um 5 Uhr und zum Mittags-Schichtwechsel um 13.30 Uhr.
Der Moderator des offenen Mikrofons und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnte Kollegen begrüßen, die Grußworte aus nah und fern verlesen konnten: Vom Vertrauenskörper des Werks in Wörth, aus Sindelfingen, von Henkel-Kollegen und auch von Daimler in Südafrika. Ihre Solidarität mit den von der Massenentlassung betroffenen Leiharbeitern drückten auch Kollegen aus dem Werk aus, darüber hinaus eine Krankenschwester, ein Geflüchteter aus Afrika mit eigenen Erfahrungen damit, wie mit Leiharbeitern umgesprungen wird.
Es gibt Kollegen - einschließlich Betriebsratsspitze und Vertrauenskörper-Leitung - die sagen, das Daimler-Vorgehen sei hinzunehmen, weil doch jeder Leiharbeiter weiß, worauf er sich einlässt. Hierauf antworteten die Kundgebungen: Wir akzeptieren das Vorgehen nicht und erst recht nicht die Spaltung, die sich damit offenbart. Niemand erträumt sich als Berufswunsch eine Existenz als „Leiharbeiter“ – das ist stets Resultat einer Zwangslage auf dem Hintergrund entsprechender Gesetze!
In Kürze
Arbeiter lernen voneinander. Die Ursprungsidee für das Unterschriftentransparent stammt aus dem Kampf um den Erhalt des Opel-Werks in Bochum, wie dieses Bild aus dem Jahr 2014 beweist.
Zwei Parteien waren nachmittags vertreten: Die Linkspartei und die MLPD. Für die Linkspartei sprach Özlem Alev Demirel. In einem Flugblatt forderte die Linkspartei das Verbot von Massenentlassungen, was zu einer regen und fruchtbaren Diskussion geführt hat.
Der Beitrag der MLPD verwies auf die Unterstützung vieler Arbeiterkämpfe und -Streiks durch die revolutionäre Arbeiterpartei. Opel Bochum war ein Beispiel. Schon seit 1995 tritt die MLPD für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich ein. Darüber wäre der Erhalt der Nachtschicht in Düsseldorf vorstellbar!
Das und der Kampf für ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht sind die starken Forderungen für die Arbeiteroffensive. Die Industriearbeiter wachsen weltweit in einen neue gesellschaftliche Rolle und sie nehmen sie auch an. Kämpfe wie jetzt gerade bei Daimler gegen die Vernichtung von Tausenden Arbeitsplätzen, für ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht und für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich sind jetzt genau richtig!
Kollegen ärgern sich über die abwiegelnden Stellungnahmen aus Betriebsratskreisen und über die Untätigkeit der IG-Metall-Führung. Dafür haben wir uns als IG-Metall-Basis aktiv beteiligt. Der Beitrag der MLPD am Nachmittag wies daraufhin, dass sich hier seitens der IG-Metall-Führung eine Ablehnung zeigt, sich an einer Initiative zu beteiligen, bei der die Handschrift der MLPD erkennbar ist. Hier muss doch gelten: „Gib Antikommunismus keine Chance!“
Dass auch eine revolutionäre Richtung und Perspektive zur Arbeitereinheit gehören muss – zeigt sich das nicht an der aktuellen Erfahrung bei Daimler: Schon vor 36 Jahren streikten die Metaller mit ihrer Gewerkschaft für die 35-Stunden-Woche. Nun sollen alle Kollegen im Sprinter-Werk als Resultat der Streichung der Nachtschicht unbefristet einen Acht-Stunden-Tag akzeptieren – und das mit der gleichzeitigen Ansage „Es gibt zu wenige Aufträge“?!
Es waren zwei sehr erfolgreiche Aktionen und es wird noch viel fruchtbar zu lernen und zu diskutieren geben.