Entwurf zum Infektionsschutzgesetz

Entwurf zum Infektionsschutzgesetz

Gesetzesänderung legalisiert weitgehende politische Notstandsmaßnahmen

Am Freitag beriet der Bundestag den Entwurf von CDU/CSU und SPD zum „Dritten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“.

Von hz / bs
Gesetzesänderung legalisiert weitgehende politische Notstandsmaßnahmen
Das einzige, was die im Parlament vertretetenen Parteien stört, ist dass das Parlament "außen vor" bleibt... (foto: )

Unter dem Vorwand des Kampfs gegen die Corona-Pandemie soll die Rechtsentwicklung der Regierung und die Faschisierung des Staatsapparats forciert werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verkündete: Zum Schutz der Bürger vor dem Virus sei „eine bittere Medizin in Form von Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten nötig“.¹ Geplant ist die massive Einschränkung der Grundrechte und eine umfassende Kontrolle der Bevölkerung, ohne Einspruchsmöglichkeiten per „Rechtsverordnung“. Dies wurde schon in den letzten Monaten so gehandhabt, aber ohne Rechtsgrundlage. Durch Neufassung des Paragraphen 28 dürfen Grundrechte ausdrücklich ausgehebelt oder eingeschränkt werden. Verboten, geschlossen oder mit Auflagen belegt werden, können: Versammlungen (auch Demonstrationen), Veranstaltungen auch politischer Art, Schulen und Kitas, öffentliche und private Kontakte, Freizeit und Kultur und entsprechende Einrichtungen (Unverletzlichkeit der Person), Betriebe, Gewerbe und Handel (Recht auf freie Ausübung des Berufs). So wird aber ein konsequenter Gesundheitsschutz nicht gewährleistet. Da wären gestützt auf die Bevölkerung andere Maßnahmen entscheidend.²

 

Unverkennbar ist hier die Handschrift der Monopolkonzerne: Die Bevölkerung soll ruhig gehalten werden, während den Konzernen freie Hand gelassen und ihnen vor allem gigantische Finanzhilfen gewährt wird. So forderte der Bundesverband der Deutschen Industrie im Mai ultimativ, alle Maßnahmen zu ergreifen, die ihre „wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ gewährleisten sollen. Doch wir bleiben nicht "ruhig": Wir informieren unsere Freunde, Kontakte und Nachbarn in Betrieben, auf der Straße, in den Wohngebieten, auf Kundgebungen wie dem Umweltaktionstag am 14. November darüber, diskutieren und wir organisieren Proteste, auch bundesweit. Natürlich unter Beachtung des Gesundheitsschutzes. Gegen das kastrierte Streikrecht in Deutschland müssen wir ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht durchsetzen. 27 Kolleginnen und Kollegen haben bei VW Hannover die Arbeit niedergelegt um Gesundheitsschutz durchzusetzen.³ Auch Streiks gegen solche Gesetzesänderungen müssen - wie in anderen Ländern - erlaubt werden.

 

Jens Spahn betont „Wir müssen in der Corona-Pandemie schnell reagieren können“. Die Regierungskoalition bezeichnet den Gesetzentwurf als demokratisch, weil er festlegt was nicht mehr erlaubt ist. Schöne Demokratie, der Bevölkerung alles zu verbieten. Die faschistoide AfD kritisiert demagogisch: „Das Land dürfe nicht in den Ruin getrieben werden. Die Gesundheitsgefahr durch Corona sei nicht größer als die durch andere Viruserkrankungen“. Das ist aber reine Zweckpropaganda, die auf die Unkenntnis der Leute setzt Der Münchener Virologe Hölscher erläuterte zur momentanen Sterblichkeitsrate von 0,76 Prozent der Infizierten in München, dass das "um ein Vielfaches über der für saisonale Grippeinfektionen" liegt (FAZ 7.11.20). Niemand will das Land in den "Ruin" treiben. Man kann auch produzieren unter Einhaltung von Schutzmaßnahmen, das senkt nur den Maximalprofit der Monopole. FDP, Grüne und Linkspartei kritisierten nicht die Maßnahmen, sondern dass künftig auf Grundlage der Gesetzesänderung mit Rechtsverordnungen das Parlament weiter übergangen werden soll. Fraktionsvize Susanne Ferschl (Linkspartei) bringt es auf den Punkt: „Damit schwinde die Akzeptanz in der Bevölkerung. Derart weitreichende Einschränkungen müssten im Parlament beraten und beschlossen werden“.⁴ Ein Parlament, das nach jetzigen Stand mit großer Mehrheit dieser Einschränkung der demokratischen Rechte im Grundsatz ohnehin zustimmt. Zahnloser kann man "Opposition" kaum machen.

 

Die Herrschenden wollen auch künftig auf die Anforderungen der Monopolverbände „schnell reagieren“ - und haben Angst vor einer gründlichen öffentlichen Debatte. Das untergräbt die Lebenslüge der bürgerlichen Demokratie. Die Herrschenden sorgen sich zu Recht, dass Proteste und Kämpfe gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen, Zerstörung unserer Lebensgrundlagen und Abbau demokratischer Rechte zunehmen und das kapitalistische System zunehmend in Frage gestellt werden wird.