Vierter Autogipfel
Alles für die Monopole – nichts für die Arbeiter
Gestern fand der vierte Autogipfel unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel statt. Virtuell beteiligt waren außer verschiedenen Ministern der Bundesregierung die Ministerpräsidenten von Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen sowie Wissenschaftler und Vertreter der IG Metall.
Das Ergebnis war bereits vor der Konferenz von den Automonopolen und ihrem Verband dem Kanzleramt in die Feder diktiert worden. Die Marxisten-Leninisten nennen das staatsmonopolistischer Kapitalismus, die Regierung als Dienstleister der hier ansässigen internationalen Übermonopole.
Kein Wunder stößt das beschlossene Programm auf ungeteilte Zustimmung der Beteiligten: Ministerpräsident Söder sieht darin ein „tolles Signal“¹ und auch die Cheflobbyistin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Präsidentin Hildegard Müller ist voll des Lobes. Kein Wunder: zu den bereits im Sommer zugesagten zwei Mrd. Euro staatlicher Subventionen erhält die Autoindustrie weitere drei Mrd. Euro aus der Staatskasse.
- Die bisher bis Ende 2021 begrenzte Förderung von E-Autos und Hybrid-Autos soll bis Ende 2025 mit 1 Mrd. Euro verlängert werden. Sogenannte Plug-in-Hybride, also Fahrzeuge mit Elektro- und Benzinmotor, die von außen aufladbar sind, erhalten die Förderung ab 2022 nur noch, wenn sie eine Reichweite von mindestens 60 Kilometern haben. Von 2025 an müssen sie mindestens 80 Kilometer schaffen.
- Was den Autokonzernen bei den PKW nicht gelungen ist, bekommen sie jetzt bei den LKWs: Eine Abwrackprämie. 500 Millionen Euro sollen Unternehmen bekommen, die Laster der Abgasnormen Euro 3, 4 und 5 eintauschen und weitere 500 Millionen Euro stehen für die öffentliche Beschaffung bereit, also etwa den Austausch alter Feuerwehrwagen usw.
- Die Autohersteller erhalten weitere staatliche Unterstützung für flächendeckende Schnelllade-Punkte an Tankstellen. In dem verabschiedeten Papier heißt es, man wolle mit der Branche über eine „Selbstverpflichtung“ reden und bis Ende 2022 Fördergelder zahlen.
- Für mittel- und längerfristige Pläne soll es einen „Zukunftsfonds“ Automobilindustrie aus Fördermitteln geben, in den der Bund eine Milliarde Euro einzahlen will. Ziel sei eine „strategische strukturpolitische Orientierung“.
Was hier schwer verständlich umschrieben ist, ist nichts anderes als die Vergesellschaftung von Investitionen der Autoindustrie für den Umstieg auf alternative Antriebstechnologien und die Digitalisierung. Der Bund werde einen »möglichst repräsentativen Expertenausschuss« einsetzen, der die Regierung zur Vergabe der Fördermittel beraten soll. Wer diese „Experten“ sind, kann man sich an fünf Fingern abzählen!
Vizekanzler Scholz lobt das Ergebnis des Autogipfels als Beitrag, „um die Automobilindustrie zu stärken und den Anforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden.“
Womit er Recht hat, ist die Stärkung vor allem der Automonopole in ihrem internationalen Konkurrenzkampf. Söder sieht als Ergebnis des Gipfels, "dass wir den Transformationsprozess in der Mobilität nachhaltig beschleunigen". Davon profitiere auch die bayerische Wirtschaft. Diese Beschleunigung bei der Umstellung auf alternative Antriebe und die Digitalisierung wird nicht, wie Vizekanzler Scholz behauptet, „dem Erhalt von Arbeitsplätzen“² dienen, sondern ihre Vernichtung beschleunigen!
Und mit Klimaschutz haben die Beschlüsse außer dem Etikett schon gar nichts zu tun. Ein Beitrag zum Klimaschutz wäre, staatliche Gelder für die Einführung und den Ausbau eines kostenlosen Nahverkehrs, für Verlagerung eines Großteils des Güterverkehrs auf die Schiene und Wasserstraßen, für eine flexible Anbindung ländlicher Regionen mit emissionsfreien Verkehrssystemen und damit insgesamt einer drastischen Einschränkung des Individualverkehrs zu verwenden.
Auch die einzelnen Punkte sind in Bezug auf den Umweltschutz eine Mogelpackung.
Die Förderung sogenannter Plug-in-Hybride ist im wesentlichen eine Förderung von PKWs mit Verbrennermotor, denn der eingebaute Elektromotor hat nur eine begrenzte Reichweite. Außerdem sind sie - wenn sie als Firmenwagen genutzt werden - aufgrund unzureichender Ladung der Batterie häufiger als Verbrenner unterwegs. Lau einer Studie von Dr. Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfeld Energiewirtschaft am Fraunhofer ISI wird bei Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen, die als Dienstwagen genutzt werden, im Mittel nur ungefähr an jedem zweiten Fahrtag Strom nachgefüllt. So erbringen sie lediglich 18 Prozent ihrer Fahrleistung im elektrischen Modus. Außerdem wird diese Antriebsart vor allem in großen SUVs eingebaut, für deren Produktion eine unverhältnismäßige Menge an Rohstoffen benötigt wird und die einen vergleichsweise hohen Kraftstoffverbrauch haben.
Die Abwrackprämie wird nicht nur für den Umstieg auf E-LKWs, sondern auch – wenn auch geringer – für Diesel-LKWS bezahlt. Wer sich heute einen neuen LKW-Diesel kauft, der wird in Kürze nicht auf einen mit Brennstoffzellen betriebenen LKW umsteigen!
Für die Monopole alles, für die Arbeiterinnen und Arbeiter in der Autoindustrie und Zulieferer nichts – so kann man das Ergebnis des Autogipfels zusammenfassen. Umso unverständlicher, dass der IG Metall-Vorsitzende nicht nur daran teilgenommen hat, sondern auch noch das Ergebnis gut findet. „Die angespannte Beschäftigungssituation der Branche, besonders vieler Zulieferbetriebe, mache eine schnelle Umsetzung der Maßnahmen nötig“, zitiert ihn das Handelsblatt vom 18.11. Die staatlichen Geldern werden aber nicht zum Erhalt der Arbeitsplätze, sondern zur Stärkung der Konkurrenzfähigkeit der deutschen Automonopole gezahlt. Und das heißt für die Arbeiterinnen und Arbeiter nichts anderes als Verschärfung der Ausbeutung, Vernichtung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen, Nullrunden und weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit. Die Konsequenz aus dem Autogipfel heißt: Die Automobilarbeiter brauchen eine starke IG Metall als Kampforganisation und nicht als Beisitzer am Katzentisch, wenn sich die Automonopole mit ihrer Regierung treffen.
Der Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten muss mit der Forderung nach der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und für ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht geführt werden!
Um den Kampf mit der Perspektive der Befreiung der Arbeiter von der Lohnarbeit und der Rettung der Umwelt vor der Profitwirtschaft, für den echten Sozialismus zu führen, brauchen die Automobilarbeiter eine starke MLPD.