Armutsbericht

Armutsbericht

Armut in Deutschland auf dem Höchststand – Kampf und Arbeitersolidarität gefragt

Am vergangenen Freitag, 20. November, veröffentlichte der paritätische Wohlfahrtsverband seinen Armutsbericht.

Von sr
Armut in Deutschland auf dem Höchststand – Kampf und Arbeitersolidarität gefragt
Immer mehr Menschen müssen ihr ALG II oder ihre Rente auf diese Art "aufbessern" (foto: Sascha Kohlmann)

Die erhobene Armutsquote lag in Deutschland bei 15,9 Prozent im Jahr 2019. Mit 13,2 Millionen armen Menschen in Deutschland erreichte die Armut damit bereits 2019 einen Höchststand seit der Wiedervereinigung. Von 2018 bis 2019 stieg die Armut bei Alleinerziehenden, Arbeitslosen und kinderreichen Familien noch einmal. Auffällig in dem Bericht ist, dass der überwiegende Teil der erwachsenen Armen (33 Prozent) erwerbstätig oder in Rente sind (29,6 Prozent). Armut trotz Arbeit und im Alter - ist also ein Massenproblem in einem reichen Land wie Deutschland. Der Verband warnt berechtigt vor den Auswirkungen der Corona-Krise welche „Armut und soziale Ungleichheit noch einmal spürbar verschärfen werden“.¹

SPD Minister Hubertus Heil als „Heiland“ des deutschen Sozialstaates

Der Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil (SPD), nimmt die Lage der Menschen natürlich „besorgt“ wahr: Zwar laufe in Deutschland nicht alles perfekt und es gibt „Härten für viele Familien in Deutschland“, so äußerte er sich im RTL/ntv Frühstart. Er glaubt aber „es gibt kein Land wie Deutschland in dem der Sozialstaat in dieser Zeit so wichtig ist und so gut funktioniert“.² Kurzarbeit, Niedriglohn, Hartz IV, Altersarmut, unbezahlbarer Wohnraum, Zereissprobe in der Kinderbetreuung. War da mal was?

 

Das ist (Selbst)-Betrug und Beschwichtigung eines knallharten Monopolpolitikers. Er lenkt damit davon ab, was auf die Arbeiter und ihre Familien wirklich zukommt. Warum gehen Milliarden an Staatshilfen an die Konzerne - aber Kleingewerbetreibende und Solo-Selbstständige stehen vor dem aus? Hartz-IV-Bezieher bekommen keine Aufstockung – obwohl sie in der Corona-Pandemie Mehrausgaben u. a. für Masken haben. Die beschlossene Kindergelderhöhung wird ihnen auch noch angerechnet! Warum wird die massenhafte Arbeitsplatzvernichtung bei Daimler, MAN, Conti und Thyssen abgesegnet und auch noch zeitweise mit Kurzarbeitergeld aus Staatskassen honoriert? Regierung und Monopole bereiten sich in Deutschland auf eine gesamtgesellschaftliche Krise mit wachsender Armut vor. Vorboten davon sehen wir aktuell in den USA mit riesigen Covid-19-Infektionszahlen, Massenarbeitslosigkeit, Hunger und aufstandsähnlichen Protesten - und das in einem imperialistischen Kernland.

 

Auch wenn Einmalzahlungen, wie der Kinderbonus und Soforthilfen, vielen Familien und Kleinbetrieben kurzzeitig Luft verschafft haben, wachsen dauerhaft und unter der Oberfläche schleichend Armut und Verschuldung in Deutschland. Zugleich steht dem ein riesiger Reichtum an Monopolprofiten gegenüber. Sofortzahlungen und Gesundheitsschutz werden nur so weit gewährt, wie sie nicht die Monopolprofite beeinträchtigen. Höchste Zeit dem SPD-Minister und dem ganzen System die „soziale“ Maskerade abzureißen.

 

Die MLPD kämpft um umfangreiche Forderungen in ihrem Corona-Sofortprogramm (Mehr dazu hier!)

Wachsende Arbeitslosigkeit und Armut – Kampfkraft und Arbeitersolidarität gefragt

Trotz der weltweit einmaligen und bis 2021 verlängerten Kurzarbeiterregelung erhöhten sich die offiziellen Arbeitslosenzahlen im August 2020 gegenüber dem Vorjahr um 636.000 auf 2,96 Millionen Arbeitslose und sanken im Oktober wieder auf 2,760 Millionen3. Das sind immer noch 556.000 mehr Arbeitslose als im gleichen Vorjahresmonat. Die Lohnverluste durch Kurzarbeit sind im Niedriglohnbereich existenzbedrohend. Die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes in einigen Betrieben auf bis zu 96 Prozent verdecken nur kurzfristig die Auswirkungen auf die Einkommen der Arbeiterfamilien. Lebenshaltungskosten und Preise steigen weiter. Jeder sechste Haushalt hat seit März weniger Geld zur Verfügung. Im zweiten Quartal 2020 waren die Reallöhne um 4,7 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor.⁴ Dabei ist genug Geld dar. Schließlich griff die Bundesregierung der Lufthansa mit 9 Milliarden Euro unter die lahmenden Flügel. Die angekündigte Vernichtung von mindestens 400 000 weiteren Arbeitsplätzen ist ein Angriff auf die Arbeiterklasse und die ganze Bevölkerung! Diese Situation forderte zunehmend den Kampf und die Solidarität der Arbeiter und ihrer Familien heraus in den Betrieben und auf der Straße. Die Bundesweite Montagsdemobewegung ist eine entscheidende Plattform für Protest, Widerstand und gegenseitige Hilfe. Auch die Arbeitersolidarität muss sich noch weiter entwickeln. Die Rote Fahne Redaktion freut sich über Berichte zu Initiativen dazu.