Rechtsentwicklung
Urteile zur Stuttgarter „Krawallnacht“
In der Nacht vom 20. auf den 21. Juni kam es in der Stuttgarter Innenstadt zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und der Polizei.
In den Tagen vor der Nacht vom 20. auf den 21. Juni hatte die Polizei ihre Präsenz und Personenkontrollen verschärft. Lokale hatten geschlossen und viele Jugendliche trafen sich in der Stadt, am Schlossplatz oder am Eckensee. Bei einer Personenkontrolle, gegen die sich ein Jugendlicher wehrte, solidarisierten sich andere. Schließlich geriet die Lage zeitweise außer Kontrolle. Es gab regelrechte Jagden durch die Stadt, etliche Läden gingen zu Bruch und es kam zu blinder Gewalt, allerdings nicht nur seitens der Jugendlichen: Auch die Polizei lieferte eine wilde Prügelorgie ab.. Alle von der MLPD befragten Jugendlichen, die sich am Eckensee treffen, lehnten sowohl die massiven Polizeikontrollen als auch die „Randale“ ab.
Als erstes wurde der Begriff „Krawallnacht“ eingeführt und genutzt, um Stimmung gegen Jugendliche insbesondere mit Migrationshintergrund zu machen. So behauptete etwa Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (B90 / Die Grünen) in rassistischer Manier, „Krawallbrüder“ seien vor allem unter jungen Geflüchteten zu finden. Von 100 Tatverdächtigen haben 66 eine deutsche Staatsbürgerschaft, 34 eine ausländische. Von Geflüchteten bleiben nur noch "einige" übrig.
Als zweites wurde versucht, das angeschlagene Image der Polizei im Zuge der Black-Lives-Matter-Bewegung wieder aufzupolieren, um von rassistischen Überfällen der Polizei wie auf die Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Ellwangen im Mai 2018 abzulenken.
Als drittes wurde eine allgemeine Stimmungsmache gegen „die Jugend“ verbreitet, als ob es nicht die Krisenhaftigkeit der herrschenden Verhältnisse wäre, die steigende Jugendarbeitslosigkeit, Leih- und Zeitarbeit, Vergiftung der Umwelt, eine reaktionär-sexistische Kultur und blinde Zerstörungswut mit sich bringen. Die Masse der Jugend steht aber links für eine solidarische Zukunft!
Unter diesem Deckmantel wurde die Rechtsentwicklung forciert. Alles zusammen war die Begleitmusik zur kürzlich beschlossenen weiteren Verschärfung des Landespolizeigesetzes durch die Grün-Schwarze Landtagsmehrheit.
Am 10. November fanden nun die ersten zwei Prozesse am Amtsgericht Stuttgart statt, bei denen völlig überzogene Urteile gegen zwei 18- und 19-jährige Beteiligte gefällt wurden: zweieinhalb Jahre Haft ohne Bewährung! Das liegt sogar über den Forderungen der Saatsanwaltschaft. Im ersten Verfahren hatte der 18-Jährige eingeräumt, die Heckscheibe eines Polizeiautos zertrümmert zu haben. Und er hatte sich dafür entschuldigt. Außerdem hatte er mit einem Gegenstand nach einem Polizisten geworfen, diesen aber nicht getroffen. Er saß bereits zwei Monate in Untersuchungshaft. Der Anwalt weist darauf hin, dass die Tat zwar eine große Dummheit gewesen sei, die Strafe dafür aber unverhältnismäßig. Sie müsse nun als Richtschnur für die kommenden Verfahren gesehen werden. Bis zu 100 Prozesse werden erwartet. Er will zu Recht Berufung einlegen. Dieses Urteil ist Teil der weiteren Rechtsentwicklung in der bürgerlichen Justiz.
Jugendliche werden wegen Dummheiten und Sachbeschädigung - trotz Schuldeingeständnisses – mit Strafen in Höhe von 8000 Euro und zweieinhalb Jahren Haft ohne Bewährung strengstens bestraft, während Rassisten und Faschisten "Querdenker"-Demos initiieren und sich dort gegen jeden Gesundheitsschutz ohne jede Repression durch die "Sicherheitskräfte" tummeln dürfen. Der Überfall der Polizei auf friedliche Flüchtlinge und die brutale Abschiebung von Menschen kommt noch nicht mal vors Gericht. Die im September 2018 gestellte Klage des bekannten Flüchtlingsaktivisten Alassa Mfouapon gegen das Land Baden-Württemberg wegen des Überfalls der Polizei auf die LEA Ellwangen und seine Abschiebung wurde bis heute nicht verhandelt.
Die MLPD fordert: Schluss mit der Kriminalisierung Jugendlicher und Migranten im Zusammenhang mit diesen Prozessen!