Zerreißprobe

Zerreißprobe

Weltwirtschafts- und Corona-Krise verschärfen die Situation der kommunalen Finanzen

Die kommunalen Haushalte befinden sich in der Zerreißprobe. Während Steueraufkommen, Gebühren, Beiträge und Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit in einem in der Geschichte der Bundesrepublik neuen Ausmaß wegbrechen, steigen die Ausgaben.

Von Gc
Weltwirtschafts- und Corona-Krise verschärfen die Situation der kommunalen Finanzen
Kommunale Haushalte von sinkenden Einnahmen gebeutelt

Bereits 2019 stagnierten oder sanken mit der Weltwirtschafts- und Finanzkrise die Einnahmen aus Gewerbesteuern. Mit der Corona-Krise hat sich diese Entwicklung sprunghaft verschärft. Dazu kommen geringere Einnahmen im ÖPNV, in Schwimmbädern und Sportstätten usw. Und diese werden nicht durch den Kommunalen Finanzausgleich ersetzt. Das Finanzierungsdefizit der Kommunen in Deutschland liegt im laufenden Jahr laut den drei kommunalen Spitzenverbänden bei etwa einer halben Milliarde Euro. Für die Folgejahre 2021 und 2022 prognostizieren sie eine Finanzierungslücke von rund 10 Milliarden Euro. Dazu Katja Wolf, Oberbürgermeisterin von Eisenach: „Wir wissen, dass das, was vor uns liegt, noch dramatischer ist als das, was wir heute schon für 2020 absehen können.“ (1)

 

Im September 2020 beschloss der Bundestag eine Entlastung für die Kommunen. Die Motivation der Bundesregierung sind in erster Linie die Investitionen der Kommunen im Baubereich. „Die Unterstützung soll verhindern, dass die kommunale Investitionstätigkeit, die im Jahr 2019 rund 61 Prozent der gesamten öffentlichen Sachinvestitionen ausgemacht hat, in Zeiten der Pandemie nachhaltig beschädigt wird.“ (2)

 

Noch ist die Ankündigung von scharfen Sparmaßnahmen auf dem Rücken der Bevölkerung zurückhaltend. Aber diese kündigen sich an: Die Kölner Kämmerin Dörte Diemert befürchtet, „dass die massiven Einbrüche in den kommunalen Haushalten mittel- bis langfristig zu neuen, teils dramatischen Sparzwängen führen könnten.“ (3) Schon sind von Bundeskanzlerin Angela Merkel Äußerungen zu vernehmen, dass die staatlichen "Hilfen" für gebeutelte Betriebe wie in der Gastronomie und der Hotelbranche nicht "auf ewig" weiter gezahlt werden können. Eine weitere Abwälzung der Krisenlasten auf die Kommunen steht im Raum.

 

In Esslingen brachen die Gewerbesteuereinnahmen um 50% ein. Die Gemeinderatsmehrheit betonte wie ein Dogma, nicht „gegen die Krise ansparen“ zu wollen. Gleichzeitig wurde eine Arbeitsgruppe des Gemeinderats gegründet, die untersucht, welche Aufgaben für die Stadt weiterhin finanzierbar sind und welche mittel- bis langfristig entfallen müssen. Die Kommunen sind immer weniger in der Lage, die Daseinsfürsorge für die Massen zu übernehmen.

 

Die Gemeinderätin von FÜR Esslingen Dilek Toy forderte deshalb in ihrem Redebeitrag zum Doppelhaushalt 2020/2021: „Notwendig ist eine Gemeindesteuerreform, die den Kommunen einen viel größeren Anteil am Steueraufkommen zuweist und die Abhängigkeit von den extremen Schwankungen der Gewerbesteuer beseitigt. Die jetzt notwendig werdenden Kreditaufnahmen müssen zinslos erfolgen.“

 

FÜR Esslingen wendet sich gegen die kommunale Finanzierung von teuren Neubauwohnungen in den Händen privater Bauträger, die ohne Rücksicht auf die Natur und die Bedürfnisse der Bevölkerung in Frischluftschneisen und auf Sportplätzen entstehen sollen. Dilek Toy sagt dazu: „Hier werden Millionen für die Interessen der Bau- und Immobilienwirtschaft verschleudert, aber die Wohnungsnot für Geringverdiener, kinderreiche Familien, Rentner oder Alleinerziehende wird keineswegs gelindert. Dieser Doppelhaushalt der Stadt Esslingen wird in keiner Weise den sozialen und umweltpolitischen Anforderungen der Zukunft gerecht. Deshalb können wir dem Haushalt in der vorliegenden Form nicht zustimmen.“

 

Zu Recht fordern viele Kommunale Wahlbündnisse endlich eine umfassende Altschuldenregelung in Form eines Schuldenerlasses. Wie Jan Specht - Stadtverordneter von AUF Gelsenkirchen: „Die durch die Corona-Krise befeuerte Wirtschaftskrise darf nicht auf die Bevölkerung abgewälzt werden. AUF steht für die Stärkung des Widerstands.“

 

Darum:

  • Stärkung des selbstorgansisierten Widerstands gegen die Abwälzung der Krisenlasten!
  • Statt Diskussionen über „das kleinere Übel“ bei Krisenhaushalten brauchen wir eine Zukunftsdiskussion über ein sozialistisches Gesellschaftssystem, in dem die Kommunen nicht gezwungen sind, den Mangel zu verwalten, sondern in dem die Bedürfnisse der Menschen in Einheit mit der Natur im Mittelpunkt stehen.
  • Macht mit in der Bewegung „Gib Antikommunimsmus keine Chance!"