„Gefangen im Kreml – die russischen First Ladys“
Gefangen im Antikommunismus – „Dokumentation“ auf "ZDF"-Info
Am 2. Dezember lief auf "ZDF-Info" die Serie „Gefangen im Kreml – die russischen First Ladys“ aus der Reihe "ZDF" History, die auch auf "Youtube" angesehen werden kann. Was das "ZDF" hier, wohl gemerkt: Mit den Rundfunkbeiträgen der Zuseherinnen und Zuseher präsentiert, hat mit Wissenschaftlichkeit nichts zu tun. Den Massen wird eine Räuberpistole, die einem Groschenroman entstammen könnte, als wissenschaftlicher Fakt vorgesetzt – ohne ein einziges Wort des Beweises über das Behauptete.
Auf der "ZDF"-Homepage als auch im Film (Teil 2) wird punktuell zwar der sozialistische Aufbau gewürdigt: „Als 1917 die Revolution Frauen den Männern gleichstellt, ist die Sowjetunion das fortschrittlichste Land der Welt: Frauen dürfen wählen, studieren und in die Politik gehen. Allen voran Nadeshda Krupskaja, die Ehefrau und Kampfgefährtin von Revolutionsführer Lenin.“ Die Filmemacher machen hier zwar Zugeständnisse, konzentrieren sich aber im Folgenden voll auf die Dämonisierung von Stalin.
Anklagend erzählt die antikommunistische Autorin Larissa Vassilieva: „Der Kreml wurde zum Gefängnis....!“ erdrückender Beweis: „Man musste nun einen Passierschein bestellen……!.“ In welchem Land man für den Einlass in ein Regierungsgebäude keinen Passierschein braucht, bleibt ihr Geheimnis.
Stattdessen wird mit der Methode „Wechsel von schwarz-weiss und Farbbildern, garniert mit trauriger, mitunter dramatisch anmutender Hintergrundmusik" versucht, die Gefühle der Zuschauerinnen und Zuschauer anzusprechen, um dann selbsternannte „Kremlfrauen-Exerten“ aufzufahren, die ihre Hetze loslassen.
Kostprobe: „Mit dem Tod Lenins im Jahr 1924 ist auch Krupskajas Schicksal besiegelt. Stalin und das Politbüro haben entschieden, dass Krupskaja sich von nun an in nichts mehr einmischen darf… .“ Das klingt dramatisch und gemein, hat aber mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Der Berliner Historiker Dr. Volker Hoffmann – ein anerkannter Krupskaja-Experte - schreibt: „Krupskaja war eine Schlüsselfigur des sozialistischen Aufbaus im sowjetrussischen Bildungswesen. Nach der Oktoberrevolution war sie gut zehn Jahre lang Leiterin der Großabteilung für außerschulische Bildung im Volkskommissariat für Bildung und ab 1929 noch einmal zehn Jahre lang Stellvertreterin des Bildungskommissars. Gleichzeitig hatte sie wichtige Funktionen in der Partei inne: Von 1924 bis 1927 war sie Mitglied der Zentralen Kontroll-Kommission der KPdSU(B), dem höchsten Kontrollorgan der Partei, 1927 wurde sie in das Zentralkomitee der Partei gewählt und blieb sein Mitglied bis zu ihrem Tode…. In dem von Stalin geführten obersten Gremium der Partei war sie (s)eine loyale, zugleich aber auch eigenwillige Bildungsexpertin.“¹
Das heißt: Krupskaja hatte noch lange nach Lenins Tod und unter Stalins Führung führende Positionen in der Partei! Der Partei, die durch Lenins und Stalins enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit bis hin zu Lenins letzten Lebensmonaten, geprägt war. So war es Stalin selbst, der vom Politbüro die Aufgabe und die Verantwortung übertragen bekam, für die Durchsetzung der Regeln Sorge zu tragen, welche Lenin nach seinem zweiten Schlaganfall vor Überanstrengung schützen sollten. Eine hohe Vertrauensaufgabe.
Richtig ist, dass es Widersprüche zwischen Krupskaja und Josef Stalin gab. Es gab vor ihrer Wahl ins Zentralkomitee der KPdSU ideologisch-politische Differenzen, als sie zeitweilig den Positionen Trotzkis und Bucharins nahestand und von diesen aus ungerechtfertigte Kritik gegen die Führung der Partei unter Stalin äußerte. Doch von diesen Positionen entfernte sie sich wieder und übte in den folgenden Jahren Selbstkritik wegen ihres Fehlers. Diese Selbstveränderung - für die sie unter anderem von der deutschen Kommunistin Clara Zetkin gelobt wurde - war schließlich auch einer der gewichtigsten Gründe, neben ihrer Eignung, dass sie ins Zentralkomitee gewählt wurde. Wäre Stalin der machtbesessene und blutrünstige "Herrscher" gewesen, als der er hier dargestellt wird, hätte er wohl kaum zugelassen, das Krupskaja in diese Position kommt. Die Widersprüche zwischen ihm und Krupskaja waren nicht antagonistisch oder persönlicher Art.²
Davon zeugt auch der Brief, den Krupskaja nach dem Freitod von Stalins Frau Nadeshda Allilueva an Stalin schrieb: " Lieber Josif Vissarionyc. In diesen Tagen muss man an Sie denken und möchte Ihnen die Hand drücken. Es ist schwer, einen nahen Menschen zu verlieren. Ich erinnere mich einiger Gespräche mit Ihnen im Arbeitszimmer Ilics (Gemeint ist Lenin) während seiner Krankheit. Diese gaben mir damals Mut."³ Zeitweilige Differenzen: Ja. Unvereinbarkeit und Misstrauen: Nein. Unverbrüchliche Solidarität und Vertrauen: Ja.
Die antikommunistischen Filmemacher merken in ihrer Borniertheit nicht einmal, dass sie sich in verschiedenen Schauermärchen selber widersprechen. Zum Beispiel, wenn es heißt: „Stalin verbietet ihr (seiner Ehefrau Nadeshda Allijulewa) den Kontakt zu anderen Menschen und lässt sie vom Geheimdienst überwachen, er kontrolliert jeden Schritt….“ um dann eine Minute später zu behaupten: „Heimlich schreibt sie sich unter ihrem Mädchennamen in der Industrieakademie ein und geht jeden Tag zu Fuß dorthin, das Studium eröffnet ihr eine neue Welt…..“ Und das ohne Passierschein und bei Überwachung jedes Schritts durch den Geheimdienst? Offensichtlich war das Studium doch nicht so heimlich, wenn selbst ein antikommunistischer Hetzer wie Simon Sebag Montefiore in seinem Buch "Stalin. Am Hof des roten Zaren" offen erklären muss: „1929 nahm sie ein Studium an der Industrieakademie in der Nowaja Bassmanaja an der Fakultät für Kunstfasern auf. In dieser Zeit stellte sie ihrem Mann ihren Kommilitonen N. Chruschtschow vor...“
Wir empfehlen allen Menschen, antikommunistische Schauermärchen nicht zu schlucken, sondern sie zu hinterfragen, selber zu recherchieren, um den Antikommunismus grundsätzlich und konkret zu widerlegen. Und Frau Vassilieva wünschen wir viel Vergnügen bei einem Besuch im Berliner Kanzleramt oder im Weißen Haus ohne Passierschein.
Wer wirklich etwas über Nadeshda Krupskaja, ihr Leben, aber auch ihr Verhältnis zu Stalin wissen will, dem empfehlen wird das Buch „Krupskaja - ich war Zeugin der größten Revolution in der Welt“ von Volker Hoffmann mit vielen, durch Originalquellen belegten, Informationen!