Chemnitz
Unzumutbare Bedingungen für LKW-Fernfahrer
Seit Jahrzehnten wird der Güterfernverkehr in Deutschland von der Schiene auf die Straße verlagert. An der A72 bei Stollberg stieg der LKW-Verkehr von täglich 5400 (2005) auf 8500 (Freie Presse, 7.1.2019).
An der A4, Messstelle Nahe Dreieck Nossen bei Dresden, stieg der LKW-Verkehr von täglich 11.500 (2003) auf 20.000 (2017). Er hat sich weiter gesteigert.
Aber was solche Zahlen für die Fernfahrer bedeuten, ist kaum bekannt. Ein Artikel in der Chemnitzer Zeitung „Freie Presse“ vom 21.11.20 lässt es erahnen. Rastplätze und Parkplätze sind überfüllt. Es gibt in Sachsen 1550 Stellplätze zu wenig. Fahrer berichten von der Not, unterwegs zu duschen und aufs Klo zu kommen. Gegen 16 Uhr beginnt die Parkplatzsuche. Die Fernfahrer müssen ihre Ruhezeiten einhalten. Die Strafen von 30 € für die erste Stunde und 90 € für zwei Stunden müssen sie aus eigener Tasche bezahlen. Sie weichen abends auf Nothaltebuchten und Verzögerungsstreifen aus. Die Autobahnpolizei erteilt Platzverweise.
Manche weichen – wenn dort die Parkmöglichkeiten nicht durch Poller verstellt sind - in Industriegebiete der naheliegenden kleineren Städte aus. Weil es dort keine Toilette gibt, müssen Fahrer und Fahrerinnen ihr Geschäft im Grünen erledigen. „Wir sind die letzten Hunde“, sagt ein Fernfahrer.
Die Zwickauer Spedition Weck plus Poller beschäftigt 350 Fahrer aus Polen, 80 aus Tschechien, 170 aus Deutschland. Sie leidet unter Personalmangel, kein Wunder bei diesen Arbeitsbedingungen. Sie fährt vor allem für DHL und Mercedes.
Und was wird transportiert? Ein weiterer Fahrer, bei einem Spediteur aus Oberbayern beschäftigt, berichtet, er fährt Müll in Richtung polnische Grenze. „Wenn Sie wüssten, wie viel Müll hier unterwegs ist!“ Polnische Grenze? Dort ist das Lausitzer Braunkohlegebiet mit großen Braunkohlekraftwerken. Der Braunkohle darf Müll beigemischt werden. Ist das das Ziel der Fahrt?
Die Verkehrspolitik der Bundesregierung geht zu Lasten der Umwelt und der Fahrer, die eine Art Wanderarbeiter wurden. Der Güter-Fernverkehr gehört auf die Schiene. Den Fernfahrern gilt Solidarität!