Kassel
Ermordung Walter Lübcke: Antifaschistische Kundgebung zum Urteil
Mehr als 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten dem Aufruf eines breites Bündnisses verschiedener Organisation, Parteien und Kirchen zu einer Kundgebung zum Urteil im sogenannten Lübcke-Prozess, der gestern in Frankfurt am Main mit der Verurteilung zu einer lebenslänglichen Haftstrafe zu Ende ging.
Im Mittelpunkt der Reden stand die Kritik an der These des Gerichts, dass Stefan Ernst ein Einzeltäters gewesen sei. Die faschistischen Netzwerke in Nordhessen; die Verwicklungen des „Verfassungsschutzes“ über ihre V-Leute mit dem NSU-Mord an Halit Yozgat in Kassel; die Verbindungen der beiden Angeklagten zum Unterstützernetzwerk des NSU wurden vom Gericht nicht aufgeklärt. Das viele Fragen offen blieben und weitere Wachsamkeit und antifaschistische Aufklärungsarbeit in Nordhessen notwendig ist, darüber waren sich alle einig
Der Mitangeklagte Markus Hartmann hätte nach Überzeugung verschiedener Rednerinnen und Redner wegen Beihilfe zum Mord verurteilt werden müssen. Dass der versuchte Mord an Ahmed I. nicht geahndet wurde, obwohl das Blut am Messer von Stefan Ernst ihm zuzuordnen war stieß auf große Empörung der Zuhörerinnen und Zuhörer.
Silvia Gingold, Lehrerin und Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) zeigte die Parallelen in der Argumentation des Verteidigers von Stefan Ernst zur Verteidigung des Mörders von Ernst Thälmann auf. Beide forderten, dass die Mörder „wegen Totschlags“ zu verurteilen seien, weil die Ermordeten mit ihrer Ermordung rechnen konnten und somit der Tatbestand der „Heimtücke“ nicht erfüllt sei. Diese zynische Argumentation zeigt die ganze Menschenverachtung der Faschisten und ihrer Handlanger.