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Bauern fordern: Lasst den Worten endlich Taten folgen!

In Berlin demonstrieren seit Dienstag Klein- und Mittelbauern mit mehr als 280 Traktoren vor dem Landwirtschaftsministerium. Die im Milchdialog zusammenarbeitenden Verbände LsV (LandschafftVerbindung), AbL (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft), BDM (Bundesverband Deutscher Milchviehalter), EMB (European Milkboard), MEG Milchboard und Freie Bauern fordern von der Politik endlich ein Handeln.

Von gz / wr
Bauern fordern: Lasst den Worten endlich Taten folgen!
Klein- und Mittelbauern stehen vielfach vor dem Ruin

Während die Großagrarier ihre gigantischen Stallanlagen weiter ausbauen können, steht der Masse der Klein- und Mittelbauern das Wasser bis zum Hals. Ihnen und ihrem Kampf gehören die volle Solidarität des Internationalistischen Bündnisses und der MLPD.

 

Seit November 2020 haben sie protestiert: Vor den Zentrallagern der Lebensmittelhandelskonzerne, vor Molkereien und Schlachtereien. Sie haben ihre Forderungen übergeben. Die Antworten lesen sich wie folgt etwa so: „Man bewegt sich im rechtlichen Rahmen des Marktes, der von der Politik gegeben ist.“ Gerade Klein- und Mittelbauern sind ruinösen Erzeugerpreisen ausgesetzt, wie bei Milch von etwa 30 Cent oder bei Schweinen von 1,20 Euro je Kilogramm Schlachtgewicht.

 

Als Sofortmaßnahmen fordern die Klein- und Mittelbauern und ihre Verbände von den Einzelhandelskonzernen, die Einkaufspreise für Schweine-, Geflügel- und Rindfleisch auf das Niveau von vor Corona anzupassen. Die Milchkontrakte sollen geöffnet werden, damit die Erzeugerpreise „angepasst“ - sprich noch weiter gedrückt werden können. Noch im Dezember folgte die Butterpreissenkung von Aldi, was zur Rechtfertigung dafür genommen wurde, dass die Milchbauern noch mal ein bis zwei Cent weniger bekommen.

 

Viele Betriebe sind verschuldet. Die Forderung nach sofortigen Corona-Hilfen in Form von Tilgungsaussetzungen und Liquiditätszahlungen für Klein-und Mittelbauern ist deshalb richtig.

 

Sie fordern eine sofortige Aussetzung der Düngeverordnung 2021 und aller 2020 beschlossenen Verordnungen und Gesetze über höhere Umweltstandards bis die Rahmenbedingungen über angepasste Erzeugerpreise erfolgt sind!

 

Auch wenn der große Unmut der Bauern darüber verständlich ist, dass die Bundesregierung Umweltmaßnahmen einfach per Verordnungen regeln will, wird damit eine berechtigte ökonomische Forderung gegen eine andere ebenso berechtigte Forderung zur Rettung der Umwelt ausgespielt. Wir verteidigen damit nicht die Düngeverordnung mit ihren bürokratischen Vorschriften. Die Bundesregierung treibt die Ruinierung von Klein- und Mittelbauern voran - unter dem Vorwand des Umweltschutzes und mit weiterer Förderung von Großagrariern. Ihre Umweltauflagen betreiben eine weitere Auslese unter den Bauern, denn vor allem die Kleinbauern können sie sich einfach nicht leisten. So wird unter dem Vorwand des Umweltschutzes die Vernichtung kleinerer Höfe weiter vorangetrieben.

 

Dagegen fordern wir höhere Erzeugerpreise und wirksame Umweltschutzmaßnahmen, weil diese, angesichts der drohenden globalen Umweltkatastrophe, unbedingt notwendig sind! Sie müssen aber zusätzlich bezahlt werden, z. B. höhere Milchpreise bei Weidehaltung.

 

Das Vorgehen der Regierung spaltet auch die Bewegung der Klein- und Mittelbauern in biologisch und konventionelle arbeitende Betriebe.

 

Die Masse der Klein- und Mittelbauern bemängelt, dass es die Bundesregierung, die der verlängerte Arm der Agrarmonopole ist, nicht interessiert, dass sie Erzeugerpreisen ausgesetzt werden, die unterhalb der reinen Produktionskosten liegen. In anderen Bereichen gilt das als unlauterer Wettbewerb!

 

Die Klein- und Mittelbauern fordern die Einrichtung einer unabhängigen Kommission, die für alle in Deutschland produzierten Lebensmittel den Vollkostenpreis bestimmt und regelmäßig anpasst. Sie fordern einen Erzeugungskostenindex und ein Markt-Krisenmanagement, die „wirtschaftlich auskömmliche Preise nachhaltig sichern“. Diese Forderungen gehen in die richtige Richtung. Sie durchzusetzen, geht aber nur im Kampf, der gemeinsam mit der Arbeiter- und Umweltbewegung geführt werden muss. Ob darauf hingearbeitet wird, ist der entscheidende Maßstab!

 

Im Grunde bräuchte es eine Art „große Tarifkommission“, bei der Klein- und Mittelbauern bzw. ihre Verbände auf Augenhöhe verhandeln könnten. Kleinere Betriebe haben die anteilig höchsten Kosten. Großbetriebe vom Schlage der Bauernverbandsoberen sitzen sowieso schon an den Schaltstellen. Die Arbeiterbewegung kennt das aus den Tarifverhandlungen, dass auch bei solch einer Verhandlungskommission  die Kampfkraft entscheidet. Die Ungerechtigkeiten des kapitalistischen Systems werden damit garantiert nicht wegverhandelt... .

 

Weiter wird von verschiedenen Kräften gefordert, dass der Import von Lebensmitteln sich nach deutschen Produktionsstandards richten müsse und dass die Versorgung der Bevölkerung „80 Prozent bei Fleisch, Milch und Getreide aus deutscher Urproduktion“ erfolgen müsste. Das ist eine nationalistische Betrachtung der Lage, die von den eigentlichen Gegnern ablenkt, sich gegen die Zukunftsinteressen der Masse der Klein- und Mittelbauern richtet und eine wirklich starke Kraft gegen das allein herrschende Finanzkapital untergräbt. Gerade kämpfen die indischen Bauern gegen die gleichen Gegner: Die internationalen Handels- und Agrarkonzerne. Was wir brauchen, ist ein weltweiter Zusammenschluss von Klein- und Mittelbauern, wie er mit einer ersten Weltbauernkonferenz 2016 beschritten wird.

 

Die Agrarplattform des Internationalistischen Bündnisses fordert: Höhere Erzeugerpreise auf Kosten der Agrar- und Handelskonzerne! Erzeugerpreise unterhalb der Produktionskosten müssen unterbunden werden!

 

Notwendig ist ein organisierter Zusammenschluss und gemeinsamer Kampf mit der Arbeiter- Frauen- und Umweltbewegung, mit der Jugend und international gegen das internationale Finanzkapital und seine Handlanger in den Regierungen!

 

Hier geht es zur ersten Ausgabe der "Rebellischen Landstimme", der Zeitung der Agrarplattform des Internationalistischen Bündnisses. Sie erschien 2020. Eine zweite Ausgabe wird zur Zeit vorbereitet.