München
Demagogisch auftretende "Freiheitsversammlung"
Die sogenannte "Freiheitsversammlung München" organisiert Proteste gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung und der bayerischen Landesregierung, zuletzt am 6. Januar 2021 auf dem Marienplatz. Sie betreibt eine Webseite mit zahlreichen Beiträgen, Videos und Links.
Auf den ersten Blick streitet die "Freiheitsversammlung" für "gesundheitliche Selbstbestimmung", für Kinder- und demokratische Rechte und gegen "willkürliche Maßnahmen". So steht es auf den abgebildeten Transparenten und Schildern. Angeblich ginge es um die Grundrechte und man sei gegen "rechten Extremismus".
Man muss einen zweiten und dritten Blick auf die illustre Versammlung werfen, auf ihre Quellen, die Redner, die Links, die Downloads und anderes mehr. Dann wird das faschistoide, menschen- und wissenschaftsfeindliche Wesen dieser Richtung deutlich.
Ein Kern ist die reaktionäre Ablehnung des Gesundheitsschutzes für die Masse der Bevölkerung. Wie Alice Weidel und andere Reaktionäre betont die "Freiheitsversammlung", man wisse ja, dass es Corona gebe, man leugne dies nicht und setze sich voll für den Schutz der sogenannten "vulnerablen Gruppen" ein, das sind die Bewohnerinnen und Bewohner von Altenheimen und Menschen mit Vorerkrankungen: "Die Sterblichkeit in diesem Winter ist allerdings nur bei den über 80jährigen gestiegen. Es handelt sich zum größten Teil um pflegebedürftige, sehr alte Menschen mit schweren Grunderkrankungen."
Tatsächlich betreffen Corona-Infektionen auch viele junge Menschen, auch Kinder und Jugendliche; auch nach überstandener Erkrankung gibt es Folgeschäden, es sterben sehr viele Menschen. Auch erwartet man von einer Versammlung freiheitsliebender Menschen, dass sie einen Blick auf die Pandemie im Weltmaßstab wirft.
Ohne Gesundheitsschutz für die Masse der Bevölkerung werden auch die "vulnerablen Gruppen" nicht geschützt. Das konsequente Impfgegnertum, das die "Freiheitsversammlung" mit offenen Corona-Leugnern eint, straft auf jeden Fall ihre Absichtserklärungen Lügen, sie wolle die Alten und Kranken schützen. Wenn die "Freiheitsversammlung" behauptet, die Übersterblichkeit halte sich "im Rahmen", muss sie sich fragen lassen: Wie hoch wäre diese erst ohne die derzeitigen drastischen Maßnahmen?
Die "Freiheitsversammlung" ist ein scheinlinkes Feigenblatt der faschistischen Querfrontstrategie. Der Kinderarzt Dr. Martin Hirte bedient sich vieler Themen und Begriffe der Arbeiterbewegung und der kämpferischen Opposition. Er tritt auf jeder Versammlung als Redner auf und ist ein geschickter Demagoge, der u.a. die katastrophale Lage von Flüchtlingen beklagt und sich scheinbar der Existenzsorgen von Kulturschaffenden und kleinen Gewerbeteibenden annimmt. Eine Forderung gegen die Abwälzung der Corona-Krisenlasten auf die Masse der Bevölkerung sucht man in seinen Ausführungen allerdings vergeblich.
Hirte, der auch auf antroposophischen Ärzteversammlungen spricht, zitiert sehr gerne den Lausanner Professor für Wissenschaftsphilosophie Michael Esfeld. "Unter utilitaristischen Kriterien erweist sich, dass die ... wirtschaftlichen, gesundheitlichen und sozialen Folgeschäden um ein Vielfaches an verlorenen Lebensjahren höher sind, als die Lebensjahre, die durch solche Maßnahmen in der akuten Situation gerettet werden könnten." Im Klartext: Lasst die Corona-Pandemie weltweit wüten, die Menschen an und mit der Krankheit sterben - ihre Rettung ist unter dem unmittelbaren Nutzenaspekt ("utilitaristische Kriterien") sinnlos.
Mit Links wird auch der reaktionäre Arzt, Politiker und Corona-Leugner Wolfgang Wodarg bedacht. Dieser fordert einen "sofortigen Test- und Impfstopp" in Alten- und Pflegeheimen - überantwortet die sogenannten "vulnerablen Gruppen" also der völligen Schutzlosigkeit.