Rentenpolitik
Rentnerinnen und Rentner - Gewinner der Corona-Krise?
Die Rentner sind die Gewinner der Corona-Krise", behauptet Professor Bernd Raffelhüschen von der Uni Freiburg. Ist der Mann noch zu retten? In dem Lebensalter sind die Todeszahlen durch Corona am höchsten. Viele sind in Pflege- und Altenheimen isoliert. Um den Zynismus von Raffelhüschen zu verstehen, muss man wissen, er ist Ratgeber für Regierung und Versicherungswirtschaft und sieht die Welt durch eine Brille mit Eurozeichen.
Die Rentenpolitik ist Bestandteil des kapitalistischen Profitsystems und damit der Krise des Krisenprogramms. Wohin die Reise für 23 Millionen Rentnerinnen und Rentner gehen soll, zeigt eine Kurzmeldung der Nachrichtenagentur afp vom 15. Februar: „Drei Millionen droht Rente auf Niveau der Grundsicherung.“
Die Grundsicherung wurde von der Regierungskoalition mit großem Selbstlob als Reformhäppchen eingeführt, um den Unmut unter den Arbeitern und Angestellten zu dämpfen. Nun kommt raus, wer mehr als den „Schwellenwert“ von monatlich 2050 Euro vorweist, kommt in eine Rente über der Grundsicherung. Die drei Millionen, die darunter liegen, erfasst nur diejenigen, die 45 Jahre Vollbeschäftigung hinter sich haben. Und was ist mit den anderen, in die Arbeitslosenzeiten oder Zeiten in Teilarbeit in die Rentenberechnung eingehen?
Über die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre ist in den Betrieben immer noch viel Wut im Kessel. Sie ist eine drastische Rentenkürzung. Sie zwingt viele Industriearbeiter, Rentenabstriche durch Altersteilzeit in Anspruch zu nehmen. Wer hält schon das geforderte Arbeitstempo mit 67 durch und geht das Risiko einer Frühinvidalität ein?
Die Kapitalisten tun so, als wären Renten gnädige Almosen. Renten sind Lohnbestandteile. Das Rentenniveau geht mit dem Lohn- und Einkommensniveau einher. Die Regierung will 2021 die jährliche Rentenanpassung aussetzen, weil das angeblich die Renten gegenüber den Löhnen privilegiert. Das ist frech! Mit der Kurzarbeit senken sie das allgemeine Einkommensniveau und wollen nun die Rentner gegen die Arbeitenden ausspielen. Alle erkämpften Lohnerhöhungen bedeuten auch höhere Renten. Das ist für die laufende Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie ein starkes Argument für den Kampf um höhere Löhne. Keine Abstriche, sondern gleichermaßen: für höhere Löhne und Renten! Nein zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit! Die MLPD fordert seit langem die Herabsetzung des Rentenalters auf 60 Jahre für Männer und auf 55 Jahre für Frauen und für Schicht- und Schwerarbeiter.
Alle Monopolparteien sind in einer Zwickmühle. Die kapitalistische Logik verlangt den verschärften Abbau der Masse der Renten zugunsten der Monopole. Der bürgerliche Parlamentarismus ist im Superwahljahr 2021 zunehmend auf Wahlberechtigte im Rentenalter angewiesen. Da stehen 23 Millionen über 60 Jahre alte Menschen schon 24 Millionen zwischen 18 und 44 Jahre gegenüber. Rentenbeiträge sind Kapital, das Staat und Versicherungskonzerne für Maximalprofite, vor allem durch Spekulation, nutzen. Dabei ist derjenige, der nicht mehr in Lohnarbeit steht, über seine Rolle als Konsument hinaus nutzlos.
Um die gesetzliche Rentenkasse zu entlasten, wurde 2002 die Riester-Rente als „private Vorsorge“ auf dem Kapitalmarkt eingeführt. Was zunächst große Hoffnungen erweckte, entpuppte sich als sprudelnde Geldquelle für Versicherungskonzerne, während die Einzahler Probleme haben, wenigstens den eingezahlten Betrag zurückzuerhalten. Es war der Einstieg in die Privatisierung der Altersversorge, mit der Kapitalisten aus der Pflicht genommen werden sollen.
Auch das genügt heute der wachsenden Gier des Finanzkapitals nach Profitsteigerung nicht mehr. In CDU/CSU und SPD werden weitgehende Einschnitte diskutiert. Die Bindung an sogenannte „sichere Anlagen“ soll aufgehoben und hochriskante Produkte sollen zugelassen werden. Die gesetzliche Garantieerklärung, dass die eingezahlte Bruttosumme später zu hundert Prozent ausbezahlt wird, soll auf 80 Prozent gesenkt werden.
Noch hält Sozialminister Hubertus Heil die Schublade geschlossen, was die Regierung angedacht hat. Der Tagesspiegel vom 31.1.21 schreibt unverblümt in dem Artikel „Das große Aufräumen vorm Regierungswechsel“: "Die nächste Bundesregierung muss die Rentenreform wagen, die unter Bundeskanzlerin Angela Merkel immer wieder verschoben wurde. Sie muss die Lebensarbeitszeit verlängern oder das Rentenniveau senken oder die Beiträge für die Jüngeren anheben oder massiv auf Einwanderung setzen.“
Soviel zur beschworenen Würde des Menschen aus dem Munde bürgerlicher Politiker! Ein Leben in Würde im Alter gab es in den sozialistischen Staaten - in der Sowjetunion unter Lenin und Stalin und in China in der Zeit von MaoZedong. So wurde die tägliche Arbeitszeit und das Rentenalter schrittweise mit den Fortschritten der Produktion gesenkt, besonders für Schwerstarbeiter und Arbeiterinnen bis auf 50 Jahre. Ältere Menschen erhielten kostenfreien Zutritt zu kulturellen Einrichtungen, kostenlose Gesundheitsversorgung und Kuren.
Und was das Wertvollste für die Gesellschaft ist: sie wurden ermutigt und gefördert, in Kultur und Bildung ihre Erfahrungen für die Jüngeren einzubringen.