Prozess gegen das Land Baden-Württemberg
Sieg für Alassa Mfouapon vor Gericht!
Heute hat das Verwaltungsgericht Stuttgart Alassa Mfouapon ganz überwiegend Recht gegeben! Genauere Infos folgen in Kürze. Hier ein Bericht vom Prozess gestern, 18.02.21.
Der siebenstündige Prozess wurde zu einem Kampf um die Deutungshoheit der Ereignisse in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) Ellwangen von April bis Juni 2018. Dem damals gleichlautenden Tenor fast aller bürgerlichen Medien von „kriminellen Flüchtlingen“, „rechtsfreien Räumen“, „gefährlichen Orten“ und vielem mehr und der aggressive reaktionäre Hetze, ausgehend von den Innenministern Horst Seehofer und Thomas Strobl (Baden-Württemberg), wurde eine kräftige Niederlage beigebracht.
Außerdem ist der Prozess eine Schlappe für die Rechtsentwicklung der bürgerlichen Medien, die sich in den letzten Tagen – allerdings ohne ein Wort der Selbstkritik – korrigieren mussten und große Sympathie für den Kläger Alassa Mfouapon und die Flüchtlingsbewegung zum Ausdruck bringen. So stach als erstes ins Auge, aus welcher Defensive das Land Baden-Württemberg vor Gericht auftrat. Während der ganzen erste Prozesshälfte sagten die Vertreterin des Landes und der anwesende Vertreter der Polizei so gut wie kein Wort.
Die veränderten Rollenverhältnisse wurden in Inhalt und Form gut deutlich: Auf der einen Seite der Kläger Alassa Mfouapon und sein Anwalt Frank Jasenski, mit fast 250 Unterstützern, und die kleinlaute „Beklagte“, wie der Richter das Land Baden-Württemberg immer treffend nannte, auf der anderen. Auf die politische Einordnung des Vorgangs durch den Anwalt und von Alassa selbst reagierte die Vertreterin des Landes empfindlich. Dasselbe galt auch für den Richter. So als die Vertreterin des Landes einwandte, dass die „umfangreichen Ausführungen über die Asylpolitik im allgemeinen wohl nicht nötig seien“. Doch, sind sie!
Alassa Mfouapon und Anwalt Frank Jasenski waren in der Offensive und bestimmten den Takt des Prozessverlaufs. Mit großer Konzentration und Detailkenntnis, mit der insbesondere der Polizist, der bei der Abschiebung von Alassa Mfouapon am 20. Juni Einsatzleiter war, mehrfach in Widersprüche verwickelt werden konnte, und politisch scharfsinniger Beweisführung, stand das reaktionäre Verhalten der Polizei, die im Auftrag der Landesregierung handelte, vor Gericht.
Die Zeugenbefragung fand schon unter ungleichen Bedingungen statt: Durch die enorme Verschleppung von zweieinhalb Jahren seit dem Antrag des Klägers ist ein Großteil der Zeugen auf Seiten der Flüchtlinge mittlerweile abgeschoben. Der Richter erklärte die Verschleppung lapidar so: „Die Akte ist in Ellwangen zeitweise verlorengegangen.“ Die Flüchtlinge, die noch hier sind, hatten häufig große Angst davor, auszusagen. Ein solches Ansehen hat der ach so demokratische Staat bereits in ihren Augen.
Der Zeuge Isayah E. bewies Mut und Sachkompetenz mit seiner Aussage, durfte vor Gericht seine Erlebnisse aber nur sehr beschränkt darstellen, da er den Polizeiüberfall nicht im selben Zimmer wie Alassa Mfouapon erlebt hatte. Die Polizei dagegen fuhr sechs Zeugen auf, die zum Teil bis hin zur Dreistigkeit logen und sich an zahlreiche Dinge „nicht mehr erinnern“ konnten. So stritten die Polizisten ab, dass Polizeihunde bei der Abschiebung von Alassa Mfouapon dabei waren. Das wurde jedoch selbst von Seiten des Gerichts als unwahr eingestuft.
Interessant war, dass die Sachlage zu großen Teilen unstrittig war. Nach der mehrstündigen Zeugenbefragung entspann sich ein spannendes Rechtsgespräch in mehreren Teilen um die politische und bisweilen auch weltanschauliche Deutung der Ereignisse.