Parteitag der Linkspartei
„Entweder arbeitest du mit den Kapitalisten zusammen oder du arbeitest gegen die Kapitalisten“
Der Parteitag der Linkspartei an diesem Wochenende hat mit Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler eine weibliche Doppelspitze gewählt. Außerdem wurde ein Leitantrag beschlossen: „Wie wir gerecht aus der Krise kommen – Mit einem sozialen, friedlichen und ökologischen Systemwechsel“.
Mit dem Leitantrag und auch mit dem „linken“ Image von Janine Wissler will die Linkspartei vor allem unzufriedene Menschen für sich gewinnen, sie sich im aktuellen Krisenchaos von den Regierungsparteien abwenden.1 Dazu hat der Parteitag vermieden, sich allzu offen an SPD und Grüne anzubiedern. So kam der verteidigungspolitische Sprecher Matthias Höhn mit der Unterstützung von „friedenssichernden“ Bundeswehr-Einsätzen nicht durch. Er scheiterte bei der Wahl zum Stellvertretenden Parteivorsitzenden gegen Tobias Pflüger, der Auslandseinsätze der Bundeswehr konsequent ablehnt.
Der beschlossene Leitantrag beinhaltet positive Forderungen wie Auflösung der NATO und von Frontex, Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich, Verteidigung des Asylrechts und Ablehnung von Abschiebungen. Es ist auch viel die Rede davon, dass „große Kämpfe“ bevorstehen, dass man „an die Wurzel gehen“ und die „Systemfrage stellen“ müsse, dass man „den Kapitalismus überwinden“ und einen „demokratischen Sozialismus“ anstreben wolle.
Die reformistische und revisionistische Linkspartei muss auf die massiven Wählerverluste besonders in Ostdeutschland reagieren, wo sie das Image einer Protestpartei weitgehend verloren hat. Viele unzufriedene Menschen betrachten die Linkspartei inzwischen als „Systempartei“. Als Antwort darauf versucht der Parteitag eine Neubelebung des modernen Revisionismus, um sich eine scheinbar „sozialistische“ Fassade zu geben. Da kann eine vorgebliche „Sozialistin“ wie Janine Wissler in der Parteispitze nützlich sein. Auch der Verfassungsschutz beeilte sich, vor der Linkspartei zu warnen, weil immerhin fast ein Drittel der Bundestagsabgeordneten so gefährliche Organisationen wie die VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) unterstützt!2
Zum Wesen des Revisionismus gehört die Verwischung des Unterschieds zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Philosophisch gesehen ist die Ideologie des Revisionismus „die Ersetzung der Dialektik durch Eklektizismus und Sophistik“.3 Eklektizismus bedeutet „willkürliche Auswahl und Zusammenstellung von Bruchstücken völlig verschiedener Theorien“4 und Sophistik ist eine „Unbestimmtheit und Unredlichkeit in der Wahl und Verwendung von Begriffen (Wortverdrehung).“5 Der wissenschaftliche Sozialismus begründet seit Marx und Engels die Notwendigkeit der sozialistischen Revolution zur Überwindung des Kapitalismus. In dem Leitantrag dagegen verliert sich die „Überwindung des Kapitalismus“ in Begriffen wie „Systemwechsel“ und „Politikwechsel“ - statt Revolution soll man einfach nur die Linkspartei wählen.
Vieles klingt radikal, aber wenn man danach sucht, wie die Linkspartei den proklamierten "Systemwechsel" erreichen will, landet man bei der Regierungsbeteiligung der Linkspartei. Nicht nur Susanne Hennig-Wellsow steht für die Regierungsbeteiligung der Linkspartei. Auch Janine Wissler lehnt eine Regierungsbeteiligung im Bund nicht prinzipiell ab, sie hat 2008 eine Regierungsbeteiligung in Hessen mitgetragen, die dann nicht zustande kam. Die Rolle der Linkspartei im bürgerlichen Parteienspektrum besteht darin, als „Sammelbecken der kleinbürgerlichen Linken“6 rebellierende Massen vom revolutionären Kampf um den Sozialismus abzubringen und in parlamentarische Sackgassen zu leiten.
Wenn in dem Papier von Kampf und von breiten Bündnissen die Rede ist, dann geht es um Gewerkschaften, Sozialverbände, Kirchen. Das ist gut, aber die Ablehnung der Zusammenarbeit mit revolutionären Kräften steht bei der neuen Parteispitze der Linkspartei ganz oben. Die beiden neuen Parteivorsitzenden verkörpern geradezu die antikommunistische Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der MLPD. Susanne Hennig-Wellsow hat in Thüringen als Landesvorsitzende die „rot-rot-grüne“ Koalition auf antikommunistischer Grundlage geschmiedet. In der Koalitionsvereinbarung von 2014 unterschrieb sie die Verurteilung der DDR als „Unrechtsstaat“ und die Verpflichtung, „nicht mit Organisationen, die das DDR-Unrecht relativieren, zusammenzuarbeiten.“7 Damit sind vor allem Marxisten-Leninisten gemeint - die die hoffnungsvollen sozialistischen Anfänge verteidigen, umso schärfer aber den Verrat der neuen Bourgeosie am Sozialismus verurteilen.
Janine Wissler kommt aus der trotzkistischen Organisation „Linksruck“, die in erbitterter Feindschaft zum Marxismus-Leninismus stand, den sie mit dem antikommunistischen Kampfbegriff des „Stalinismus“ bekämpfte. Diese Trotzkisten gingen in die Linkspartei und nennen sich jetzt „Marx21“. Die Methode des Entrismus (Eindringen) ist eine Methode von Trotzkisten - zum Teil auch, um Karriere zu machen.
2014 war Janine Wissler gemeinsam mit Stefan Engel, dem damaligen Vorsitzenden der MLPD zu einer Podiumsdiskussion zur „linken Einheit“ in Frankfurt eingeladen, wo sie dann kurzfristig absagte. Stefan Engel sagte bei der Diskussion, dass es eine Einheit in Tagesfragen wie im antifaschistischen Kampf jederzeit geben kann. Wenn es aber um die Haltung zum herrschenden System geht, muss man sich entscheiden: „Entweder arbeitest du mit den Kapitalisten zusammen oder du arbeitest gegen die Kapitalisten.“8
Die häufig gestellte Frage, warum MLPD und Linkspartei sich nicht vereinigen, ist damit kurz beantwortet.