Gutachten sexuelle Gewalt im Bistum Köln

Gutachten sexuelle Gewalt im Bistum Köln

„Brüder im Nebel“ - oder Verbrecher im Zwielicht?

„Brüder im Nebel“ – so beschriftete der frühere Kölner Erzbischof Joachim Meisner (1933-2017) einen persönlich geführten Aktenordner. Sein nebulöser Inhalt: „Geheimhaltungsbedürftige Unterlagen“ - über Priester mit sexuellen Verfehlungen.

Von cg
„Brüder im Nebel“ - oder Verbrecher im Zwielicht?
Rainer Maria Woelki in Büßerhaltung

Zumindest einen Teil der nebulösen Vorgänge hat am 18. März eine vom Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki beauftragte Kanzlei gelichtet. Aufgedeckt wurde, dass es 202 Beschuldigte und mindestens 314 Betroffene sexualisierter Gewalt gab und gibt. „Mehr als die Hälfte der Betroffenen waren Kinder unter 14 Jahren“, heißt es in dem Gutachten.

 

78 „Pflichtverletzungen“ gegen innerkirchliche Regelungen seien begangen wurden. Spitzenreiter dabei war – welch Wunder - auch der kirchliche Spitzenreiter: Kardinal Meisner mit 24 „Pflichtverletzungen“. Eigentlich besagt ein geflügeltes Wort der idealistischen Weltanschauung ja, dass man über Tote nur Gutes verbreiten möge. Nicht so in der Katholischen Kirche: Da kriegt der tote Kardinal mehr ab als die lebenden.

 

Am Pranger stehen jedoch auch aktuelle „Würdenträger“: So der frühere Leiter der Kölner „Hauptabteilung Personal-Seelsorge“ Stefan Heße - heute Erzbischof von Hamburg. Jetzt hat er dem Papst seinen Rücktritt angeboten. Kardinal Woelki hat zwei hochrangige Kirchenfunktionäre von ihren Ämtern freigestellt. Ist das alles? Warum werden sie nicht zum Beispiel wegen Vertuschung von Verbrechen und unterlassener Hilfeleistung angezeigt? Und Woelki selbst? Er, der das erste Gutachten unterdrückte und das zweite eigenhändig beauftragte, bekam einen Persilschein!

 

Im Bistum Köln entbrannte eine Welle der Empörung. Ob der zahlreichen Kirchenaustrittswünsche brach zum Teil das Internetportal zusammen, wo man die Termine dafür bucht.

 

Das Gutachten hat zweifellos manches auch aktenkundig gemacht, was die Spatzen schon längst von den Dächern pfiffen: „Die sonst so strenge Sexualmoral kam beim Umgang mit Missbrauch durch Kleriker nicht zur Geltung. Missbrauch war nur deshalb erfasst, weil der Täter gegen seine Amtspflichten verstoßen hat. ... Es gab immer wieder Bestrebungen, Fälle zu vertuschen. Dabei ging es darum, Reputationsschäden von der Kirche abzuwenden und die beschuldigten Kleriker im System zu halten. ... Wir sprechen nicht von systematischer, aber system-bedingter Vertuschung." In seinem Wesen aber ist das viel beachtete Gutachten nichts anderes als das von der Kirchenführung beabsichtigte „green-washing“ mit ein paar Bauernopfern und formal-juristischen Veränderungen, ohne politisch und weltanschaulich grundlegende Konsequenzen zu ziehen.

 

Politisch ist der Kern des Skandals, dass die Kirche durch die enge Verflechtung mit dem Staat Macht und Sonderrechte wie ein mittelalterlicher Feudalstaat hat. Daher ist die Forderung der revolutionären Arbeiterbewegung und auch der MLPD seit langem: „Strikte Trennung von Kirche und Staat!“ Weltanschaulich ist die tiefere Ursache der insbesondere in der katholischen Kirche weit verbreiteten sexuellen Gewalt durch Priester die idealistische, weltfremde und menschenfeindliche feudale und bürgerliche Ideologie eines Gegensatzes zwischen Mensch und Natur, zwischen angeblicher Seele und Leib.

 

Ihren formalen Ausgangspunkt hatte sie im Jahr 1074 mit der Verpflichtung der Priester zum Zölibat - und damit zum Verbot der Ehe, der Verteufelung alles Sexuellen und damit auch der Herabsetzung und Diffamierung der Frau. Die angebliche Enthaltsamkeit der Priester sollte sie überhöhen und als ideologische Rechtfertigung der feudalen Alleinherrschaft von Kirche und Staat über Mensch und Natur dienen, als Heiligenschein über eine angeblich unheilige sündige Welt. Er war und ist nie mehr als ein Scheinheiligen-Schein! Die dialektisch-materialistische Weltanschauung der Marxisten-Leninisten dagegen bejaht die Einheit von Mensch und Natur, von Geist und Körper. Und damit auch die Sexualität als selbstverständlichen Bestandteil menschlichen Lebens - verantwortungsbewusst und einvernehmlich.

 

Diese Haltung belegen auch die erfrischenden Zeilen, die Friedrich Engels im Alter von 62 Jahren schrieb (dem zerknirschten Kardinal Woelki kämen sie sicher niemals über die schmalen Lippen!): „Es wird nachgerade Zeit, daß wenigstens die deutschen Arbeiter sich gewöhnen, von Dingen, die sie täglich oder nächtlich selbst treiben, von natürlichen, unentbehrlichen und äußerst vergnüglichen Dingen ebenso unbefangen zu sprechen wie die romanischen Völker, wie Homer und Plato, wie Horaz und Juvenal, wie das Alte Testament und die »Neue Rheinische Zeitung«.“ (Friedrich Engels, Georg Weerth, Marx-Engels-Werke Bd. 21, S. 8)

 

Die ehrlichen und kämpferischen Christinnen und Christen in den Gemeinden an der Basis, in "Kirche von unten", in Maria 2.0 schließen sich in den letzten Jahren immer öfter der kämpferischen Opposition an, kämpfen gemeinsam mit ihr und der MLPD gegen die Rechtsentwicklung der Regierungen, gegen Faschismus, Krieg, Rassismus und Gewalt gegen Frauen. Und das ist gut so!

 

 

 

 

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