Pariser Kommune
Die Kommunistische Moral der Freiheitskämpferinnen und -kämpfer
Karl Marx nannte die Kommunarden „Himmelsstürmer“. Sie trotzten in schier ausweglos erscheinenden Lagen der brutalsten reaktionären Gewalt. Bekannt ist ihre letzte Schlacht auf dem Friedhof Père Lachaise.
Kaum bekannt, doch nicht weniger beeindruckend, ist die unerschütterliche Moral der zigtausend Überlebenden, die auf Sträflingsinseln deportiert wurden. Davon gibt die beeindruckende Dokumentation von Prosper Lissagaray Auskunft im letzten von 35 Kapiteln seines Buches „Geschichte der Kommune von 1871“. Die Sieger richteten 26 Kriegsgerichte ein. 13.700 Urteile wurden gefällt, viele Todesstrafen und die meisten lebenslänglich. 70.000 Frauen, Kinder und Greise wurden ohne Gericht aus Frankreich verjagt.
Lissagaray schreibt: „Glücklich noch, wer zur Deportation verurteilt war! Er durfte doch zum letzten Mal eine befreundete Hand drücken, eine Träne fließen sehen, einen Abschiedsgruß empfangen. Aber der Galeerensträfling der Kommune bekam nichts zu sehen als gemeine Verbrecher. Auf einen Pfiff hin hatte er sich zu entkleiden, man untersuchte ihn, dann warf man ihm die Kleidung für die Überfahrt hin, und ohne noch einmal den Kopf zu wenden, musste er das schwimmende Zuchthaus besteigen.
Am 1. Juli 1875 hatte Neu-Kaledonien 3609 Deportierte aufgenommen. Nichts war zur Aufnahme der Deportierten hergerichtet; die ersten Ankömmlinge irrten in den Wäldern umher. Die übergroße Mehrzahl der Deportierten, ohne jede Hilfe, war barhäuptig und barfüßig Regen und Sonne ausgesetzt. Es gab weder Tabak noch Seife, oder Branntwein, um das salzige Wasser genießbar zu machen. Die Deportierten ließen sich durch diesen Anfang nicht erschrecken. Fleißig, gewandt, mit der vielseitigen Geschicklichkeit des Pariser Arbeiters, waren sie in der Lage, die ersten Schwierigkeiten zu überwinden.
Sie errichteten auf der 'Fichteninsel' ein Spital, eine Wasserleitung, Verwaltungsmagazine und legten eine große Landstraße an. Mit einfachem Handwerkszeug bauten sie auf dem kärglichen Boden Gemüse an, andere fabrizierten Möbel. Die Antwort der französischen Regierung kannte nur eine gnadenlose Rache: Sie raubten ihnen sogar das Recht auf Arbeit und unterwarfen sie einem Diktat erniedrigender Zwangsarbeit: 'Die Versailler wollen mehr als den Körper, sie wollen auch die rebellische Seele treffen, sie in eine Atmosphäre von Gestank und Laster stoßen, um sie zu zerbrechen. Die Sträflinge der Kommune, den Verbrechern gleichgestellt, zu derselben Arbeit gezwungen, demselben Regiment von Stock und Peitsche unterworfen, werden von dem ganz besonderen Hass der gemeinen Verbrecher belauert, die die schlimmsten Elemente gegen sie aufhetzen.'
Trotz so vieler Bemühungen, sie zu erniedrigen, haben die Deportierten ihre Ehre nicht verloren. Im Gegenteil, sie geben ein Beispiel. Obwohl die Kriegsgerichte den verurteilten Kommunarden schlechte Elemente beigegeben haben, sind gemeine Verbrechen sehr selten. Die Berührung mit den politischen Sträflingen, mit der Elite der Arbeiter, hat sogar in vielen, die eine trübe Vergangenheit haben, das Gewissen wieder geweckt."
Lissagaray betreibt keine blinde Heldenverehrung, er schreibt: „Selbstverständlich haben die Emigranten von 1871 wie alle anderen ihre Spaltungen und Zerwürfnisse, aber alle Zwistigkeiten schweigen angesichts der roten Fahne, die den Sarg eines toten Genossen schmückt."
Er stützt sich auf aus dem Lager geschmuggelte Briefe: „An einem Morgen des Jahres 1873 sahen die Gerichte und Priester auf den gewundenen Pfad, der zum Friedhof führt, einen Blumenbekränzten Sarg, von Verurteilten getragen; ihm folgten 800 Freunde in tiefem Schweigen. 'Der Sarg', so berichtete einer von ihnen, 'wird in die Grube gesenkt, ein Freund spricht einige Abschiedsworte, jeder wirft seine kleine rote Blume auf den Toten, man ruft: 'Es lebe die Republik! Es lebe die Kommune!' Und damit ist alles gesagt.'"
Lissagaray beschließt seine Dokumentation, die von Marx sehr gelobt wurde, mit der weltgeschichtlichen Würdigung der Pariser Kommune: „Sie hat den Arbeitern das Bewusstsein ihrer Kraft gegeben und zwischen ihnen und der mordenden Bourgeoisie eine klare Trennungslinie gezogen. ... Das war die Bedeutung des 18. März, das sein Ergebnis. Darum war diese Bewegung eine Revolution; denn sie schied das Wasser von der Erde. Darum denkt die Bourgeoisie nur mit Schrecken an sie. Darum sind die Arbeiter der ganzen Welt den Kämpfern von Paris zu Dank verpflichtet.“