Corona-Pandemie

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Fehlender Impfstoff trifft auf Virus-Mutanten

In der von der EU und der deutschen Bundesregierung versprochenen zügigen Impfkampagne knirscht es gewaltig. Hauptproblem ist zu wenig Impfstoff, um der dritten Welle Paroli zu bieten.

Von dr
Fehlender Impfstoff trifft auf Virus-Mutanten

Impfstoffzoff in EU

Von 450 Millionen EU-Bürgern sind bisher erst 62 Millionen einmal gegen Corona geimpft worden (13,8 Prozent) und 18,2 Millionen zweimal (4%), während Israel, Großbritannien und USA die Impfungen massiv beschleunigen. Das verschärft auch den Konkurrenzkampf zwischen den imperialistischen und den kleineren EU-Ländern. Auf dem Videogipfel der Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder stritten diese über die interne Verteilung der Impfstoffe. Der Kompromiss, sechs kleinere Länder über einen „Korrekturmechanismus“ besser zu beliefern, wurde mangels Impfdosen verschoben. AstraZeneca lieferte bisher lediglich 30 Mio statt anvisierter 120 Mio Impfdosen im ersten Quartal; im zweiten Quartal sind 70 Mio bestätigt statt 180 Mio! Die angepeilte Gesamtlieferung von 360 Mio Dosen in die EU ist damit schon wieder hinfällig und verschärft das Impfchaos.

 

Im imperialistischen Konkurrenzkampf hatten die USA, Großbritannien und Israel mit Impfstoffproduzenten extrem hohe Preise oder Verträge zur bevorzugten Lieferung vereinbart, während die EU im Vertrag „beste Bemühungen“ mit AstraZeneca vereinbarte. Über Exportkontrollen will jetzt die EU stärkere Kontrolle über die in den EU-Werken von AstraZeneca produzierten Impfdosen ausüben, was die Widersprüche zwischen dem imperialistische EU-Block und Großbritannien verschärft oder trotz gegenteiliger Beteuerung auf Kosten ärmerer Länder geht. Statt chauvinistischen Gezänk muss die Impfstoffproduktion durch Verpflichtung aller Pharmahersteller und Chemiekonzerne zur Herstellung von ausreichenden Impfstoffmengen auf deren Kosten drastisch hochgefahren werden, wie es die MLPD fordert. Impfstoffe aus Russland und China müssen zügig zugelassen werden.

Impftempo im Hintertreffen im Kampf gegen neue Varianten

Seit Jahresbeginn hat sich die britische Variante B.1.1.7 des Virus in Europa ausgebreitet und ist in wenigen Wochen zur dominierenden Form geworden, in Deutschland macht sie bereits 72 Prozent der Infektionen aus. Drei aktuelle Studien aus Großbritannien bestätigen, dass diese nicht nur ansteckender als bisherige Varianten ist, sondern auch tödlicher. Das Risiko, innerhalb von 28 Tagen nach Infektion zu sterben, ist – je nach Studie – um 58 bis 67 Prozent erhöht. Der Virologe Alexander Kekulé kritisiert die Bundesregierung, dass sie „den Varianten regelrecht die Tore geöffnet“ hat durch „Öffnung der Schulen ohne vernünftige Alternativ-Konzepte“. Die Zahl der Corona-Infektionen stieg mit der Variante auch bei den unter 15-Jährigen rasant an und die Sieben-Tage-Inzidenzrate verdoppelte sich pro 100.000 Einwohner bei ihnen. Alle Impfstoffhersteller müssen verpflichtet werden, die Impfstoffe für Kinder zügig klinisch auf Verträglichkeit und Wirksamkeit prüfen.

Variante B.1.17 torpediert Herdenimmunität

Die neuen Virusvarianten können die Hoffnung auf baldige Herdenimmunität (Schutz vor Ansteckung und Ausbreitung) zunichte machen. In einer Berechnung verschiedener Infektionsdynamiken, selbst bei einer Impfung von 85 Prozent der Bevölkerung, rechnen britische Wissenschaftler noch mit über 20.000 Toten in Großbritannien. Das Tempo der Impfung wird somit zum Kipppunkt, wieviele Menschen noch erkranken oder sterben trotz Impfung einer hohen Zahl an Menschen. Hoffnung macht, dass die Impfung mit den bisherigen Impfstoffen trotz Varianten schützend wirkt. Zwar ist die Wirkung der von den B-Zellen des Immunsystems produzierten Antikörper weniger effizient in der Neutralisation der Varianten, aber die Aktivität der T-Helfer-Zellen ist bisher robust. Sie können daher sehr gut Freßzellen und Keim-tötende Zellen aktivieren. Bei schneller Impfung einer sehr großen Bevölkerungszahl besteht damit eine Chance, auch gegen die Varianten einen Schutz für die meisten Menschen zu generieren.

Ein Landkreis nahm die Nachverfolgung selbst in die Hand

Der Landkreis Greiz in Thüringen machte eine Ausnahme von den Regeln des Robert-Koch-Instituts (RKI) und untersuchte auch alle Kontaktpersonen ersten Grades einer infizierten Person, die keine Symptome hatten. Von 935 Kontaktpersonen, inklusive Kinder, waren 306 positiv, allein 151 waren jünger als 18 Jahre. Dies bestätigt die Notwendigkeit regelmäßiger Tests und die Nachverfolgung in Schulen, Kitas und Fabriken. Statt freiwilliger Selbstverpflichtung und „freundlicher Aufforderung“ durch die Kanzlerin, müssen Industrie- und Handelsbetriebe über die Arbeitsschutzverordnung verpflichtet werden, regelmäßig zu testen; Infizierte müssen sofort den Arbeitsplatz räumen. Tests müssen massenhaft, kostenlos und unbürokratisch überall zur Verfügung stehen.